Der Weihnachtstermin
Laut dem Evangelisten Lukas lagerten bei Marias Niederkunft „Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde“.
Der Engel des Herren trat zu ihnen und sagte: „Fürchtet euch nicht, denn ... heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“ (Lukas 2,8)
Links: Der Evangelist Lukas in der gleichnamigen Kirche auf Euböa
Nun ist es im Dezember oder Jänner in Palästina zu kalt, um sich Hirten auf freiem Felde vorzustellen. Das Vieh ist dann im Stall. Der heute gebräuchliche 25. Dezember passt als Geburtstermin Jesu also nicht wirklich gut.
Das Neue Testament gibt keinen klaren Hinweis auf diesen Termin.Clemens von Alexandria nannte im 3. Jh. noch einen Tag zwischen Ostern und Pfingsten, also ein Datum, das zumeist in den Mai fällt.Rechts: Anbetungsszene in einer Kirche auf Rhodos, Griechenland
Warum wird die Geburt Jesu heute dennoch am 25. Dezember gefeiert?
Seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. war der Mithraskult im ganzen Römischen Reich verbreitet. Im Zentrum dieses Mysterienkults stand die Gestalt des Mithras, der für seine Anhänger als mythologische Personifizierung der Sonne galt.Besonders beliebt war der Kult bei den römischen Legionären. Verehrung fand Mithras auch bei manchem Kaiser. Soldatenkaiser Aurelian amtierte von 270 bis 275 n. Chr.. Er wollte die Einheit im Reich fördern und forcierte deshalb diesen Sonnenkult.
Aurelian sah sich natürlich als oberster Repräsentant des Sonnengottes auf Erden. Er verfügte, dessen Geburtstag am 25. Dezember feiern zu lassen – und zwar im ganzen Imperium.
Auch in Lentia verehrte man Mithras. Das Foto links wurde 2009 im Linzer Genesis-Museum geschossen
Vermutlich setzte der Kaiser dabei auf den vermeintlichen Termin der Wintersonnenwende. Wir erleben diese heute meist am 21. Dezember, und laut der Software Guide trat sie auch 274 n. Chr. am 21. ein.Allerdings war der exakte Termin für die Römer nicht ganz einfach zu bestimmen. Vielleicht irrten sich die kaiserlichen Berater, vielleicht erwies sich Aurelian diesbezüglich als beratungsresistent.
Wie auch immer: Der 25. Dezember lag jedenfalls noch in unmittelbarer Nähe zur winterlichen Sonnenwende, ab der die Tage wieder länger wurden und somit das Licht gewissermaßen über die Dunkelheit zu triumphieren begann – ein passender Jubeltag für eine Sonnengottheit!
Im 4. Jh. legte man dann auch das christliche Weihnachtsfest auf den 25. Dezember, also auf den Geburtstag des Sonnengottes.Das Christentum entwickelte nämlich früh die Fähigkeit, Kulte, die es nicht bekämpfen konnte, für sich zu nutzen – sowohl was deren Ort, als auch deren Zeitpunkt anging. So wurden an zahlreichen heidnischen Kultplätzen, auf denen sich die Menschen sowieso einfanden, Kapellen und Kirchen errichtet.Und weil am 25. Dezember so viele Menschen die Geburt ihres Sonnengottes feierten, setzten Christen auch die Geburt Jesu auf dieses Datum. Damit wurde das Fest des einige Zeit lang konkurrierenden Mithras-Kults gleichsam „aufgesogen“, ja sogar instrumentalisiert.
Sonnenuntergang hinter der Kirche am Wiener Leopoldsberg
Mit dem Termin des Weihnachtsfests verbunden sind unter anderem der vorangehende Heilige Abend am 24.12. sowie das Fest der Erscheinung des Herrn am 6.1.: Wir kennen dieses Datum besser unter dem Namen Dreikönigstag. An diesem Tag sollen die Weisen aus dem Morgenland vor Jesu Krippe gestanden haben (siehe auch: Der Weihnachtsstern).Was wäre geschehen, wenn Aurelian den Sonnengott nicht nahe der Wintersonnenwende, sondern zur Tag-und-Nachtgleiche im Frühling hätte feiern lassen? Vermutlich öffneten wir die Türchen des Adventkalenders dann im März.Alle Angaben ohne Gewähr