Fokussieren - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Fokussieren - Scharfstellen
Das Scharfstellen kann speziell bei schwachen diffusen Objekten zur Herausforderung geraten. Für Anfänger und Laien, die man zum Blick durchs Fernrohr einlädt, ist oft schon das Fokussieren hellerer Fixsterne oder Planeten ein Problem.

Fokussieren ist nötig, weil die Temperatur, die Lage des Teleskops oder der Beobachter wechseln. Auch beim Wechsel der Vergrößerung wird zumeist Nachfokussieren nötig. Selbst zwei Betrachter mit selbem Dioptrienwert können nachts infolge der Nachtmyopie unterschiedliche Fokussierungen am Teleskop benötigen.
Man braucht Strategien um scharf zu sehen

Die Luftunruhe erschwert das korrekte Fokussieren. Sie lässt das anvisierte Objekt ein wenig im Bildfeld tanzen. Es "explodiert" in unberechenbaren Abständen sogar ein bisschen. Details verschmieren und werden unsichtbar. Speziell bei der Feineinstellung heißt es, auf Momente möglichst ruhiger Luft zu warten.

Hellere punktförmige Objekte (Sterne):
Man stellt sie scharf, in dem man sie möglichst klein und hell erscheinen lässt (wie auf dem folgenden Foto links). Außerhalb des Fokus werden sie zunehmend scheibenförmig (rechts).
Sehr lichtschwache Sterne:
Ist der Stern so lichtschwach, dass man ihn schwer oder nur mit indirektem Sehen erspäht, fokussiert man zuerst besser an einem anderen, helleren Stern in der Nähe.

Diffuse flächige Objekte (Himmelsnebel):
Auch hier stellt man zuerst besser an einem helleren Stern in der Nähe scharf.

Planeten:
Bei Planeten (unten: Saturn im kleinen Fernrohr) stellt man das Planetenscheibchen im ersten Fokussierschritt möglichst klein. Im zweiten Schritt versucht man dann aber, erste Details zu erkennen. Im dritten Fokussierschritt ist man bemüht, möglichst winzige Details zu erspähen - solche, die bloß bei korrekter Fokussierung auftauchen und bei nicht korrekter wieder unsichtbar werden.
Mondoberfläche:
Da stellt man zunächst auf auf größere Formationen scharf. Danach wählt man kleine Features als Indikator: z.B. fast punktförmig anmutende Sekundärkrater. Man sucht Details, die bei korrektem Fokus sichtbar, bei nicht korrektem aber wieder unsichtbar werden.
Scharfstellen lässt sich motorisieren

Teleskope besitzen unterschiedliche Fokussiereinheiten. In fast allen Fällen werden sie ohne Fokussiermotor ausgeliefert. Man muss also die Finger zum Scharfstellen benutzen und an Knöpfen drehen.

Leider versetzt man das Teleskop dabei unwillkürlich in Schwingung. Das angepeilte Objekt wackelt daher im Bildfeld, speziell natürlich bei hohen Vergrößerungen. Das erschwert das korrekte Fokussieren.

Elektrische Fokussiermotoren lassen sich nachträglich an etlichen Teleskopen anbringen. Diese werden von Handboxen gesteuert, die an die Kabelfernsteuerung alter Diaprojektoren erinnern: Der Fokusmotor läuft auf Knopfdruck vor oder zurück, und das oft mit wählbarer Geschwindigkeit.

So wird das Scharfstellen ohne manuelle Erschütterung möglich. Allerdings kann ein etwaiges Getriebespiel für Unsicherheiten sorgen.

Zum Einsatz kommen simple Gleichstrommotoren und Schrittmotoren. Beim Gleichstrommotor wird die Spannung einfach umgepolt, wenn es in die Gegenrichtung gehen soll.

Ein gerade als ideal empfundener Fokuspunkt lässt sich nicht automatisch wieder herstellen, sobald man den Motor versuchsweise neuerlich in Betrieb gesetzt hat. Anders ist das beim Schrittmotor, der, sofern nicht überlastet, in eine frühere Position zurück kehren kann.
JMI-Handbox für einen einfachen Gleichstrom-Fokussiermotor. Im Gehäuse befindet sich eine 9V Blockbatterie
Elektrischer Meade Microfokusser für SC-Teleskope. Der Strahlengang geht direkt hindurch.

Das bei SC-Teleskopen oft unangenehme Spiegelshifting während des Scharfstellens (siehe weiter unten im Text) entfällt damit
JMI-Motor zum Anflanschen an den seitlich versetzten Fokussierknopf passender SC-Teleskope. Weil er die Position des Hauptspiegels verändert, ist Spiegelshifting damit unvermeidlich
Die Bahtinov-Maske bietet ihre Hilfe an

Leichter geht das Scharfstellen oft mithilfe einer Bahtinov-Maske.  Vor das Teleskop oder das Kameraobjektiv gesetzt, nutzt man hier das in  der Teleskoptechnik sonst eher lästige Phänomen der Lichtbeugung.
Die Beugung an den Maskenschlitzen zerlegt den Stern gleichsam. Das Foto unten zeigt, was dabei mit dem Orion-Stern Rigel passiert.
Der mittlere Strahl wandert beim Fokussieren zum oberen oder zum unteren.
Steht er genau in der Mitte zwischen beiden (wie im Bild oben), ist ordentlich scharf gestellt. Nun nimmt man die Maske wieder ab. Der Fachhandel bietet sie für verschiedene Teleskopdurchmesser an.

Allerdings funktioniert der Trick nur bei punktförmigen Objekten. Bei Planeten liefert die Maske eventuell einen Anhaltspunkt, beim Mond versagt sie völlig. Die Objekte müssen außerdem recht hell sein, weil die Maske Licht kostet.

Beim Fotografieren belichtet man einfach länger und tastet sich über das Studium der Aufnahmen an die korrekte Stellung des Fokussierers heran. Ist der mittlere Strahl zu weit unten, muss ich z.B. auf meiner Fernsteuereinheit den linken Knopf drücken. Ist er zu weit oben, bringt ihn die rechte Drucktaste runter.
Mirror-Shifting - nervig, während man scharf stellt

Bei etlichen Schmidt-Cassegrain-Teleskopen (SCs) wird original mit der Verschiebung des Hauptspiegels fokussiert. Das erlaubt zusätzlich die Beobachtung näherer Objekte und freut Vogelfreunde. Außerdem gerät der Back-Focus größer. Weil die entsprechende, zum Fokussieren nötige Gewindestange seitlich am Spiegel ansetzt, kommt es zu einer geringfügigen Verkippung.

Das anvisierte Himmelsobjekt wandert deshalb während des Scharfstellens im Bildfeld herum. Dieser unerwünschte Effekt wird Mirror-Shifting genannt und erschwert das exakte Fokussieren. Eine am Okularauszug angebrachte Fokussiereinheit (wie der oben gezeigte Microfocusser) umschifft das Shifting hingegen.


Mirror-Flop - nervig, sobald man neues anpeilt

Trotzdem wirkt noch die Schwerkraft auf den solcherart bewegbaren Hauptspiegel von SCs ein. Seine exakte Lage ändert sich plötzlich, wird das Instrument auf ein neues Ziel ausgerichtet.

Bei azimutaler Aufstellung weist immer dieselbe Seite des Tubus nach unten. Hier kommt es zum sogenannten Mirror-Flop, falls man ein Ziel in einer anderen Himmelshöhe anvisiert. Oft ist es besser, zunächst auf ein helles Objekt in gleicher Himmelshöhe scharf zu stellen und dann waagrecht aufs eigentliche Ziel hinüber zu schwenken.

Bei parallaktischer Aufstellung versagt diese Strategie. Hier liegen die Dinge deutlich komplizierter. Nur beim Blick nach Süden ist der Bauch des Tubus dem Erdboden am nächsten. Ansonsten ist es einmal die eine, einmal die andere Tubusseite. Zusätzlich zur Höhe des Himmelsobjekts wäre nun also auch sein Azimut zu berücksichtigen. Der Mirror-Flop wird da praktisch unvorhersehbar.    

Abhilfe sollte jedoch eine Spiegelklemmung schaffen. Nach erfolgtem Scharfstellen wird die Klemme festgezogen, der Spiegel somit seiner Bewegungsfreiheit beraubt. Einige (teurere) SCs besitzen dieses Feature. Für bestimmte Teleskope der Marke Celestron bietet die Firma Baader den nachträglichen Einbau an.
Und wie ist das beim Fernglas?

Ferngläsern besitzen oft einen Mitteltrieb, der gleichzeitig für beide Okulare gilt. Man fokussiert damit zunächst fürs (zumeist) linke Auge. Danach dreht man am (zumeist) rechten Okular und stellt fürs rechte Auge scharf. Damit ist ein sogenannter "Dioptrienausgleich" definiert. Beim Neufokussieren sollte dann ein Drehen am Mitteltrieb reichen - so wenigstens die Theorie.
Ein älteres russisches Fernglas 8x30 mit Mitteltrieb
Andere Ferngläser setzen auf die Einzelokular-Einstellung. Hier dreht man am linken und am rechten Okular extra; die Reihenfolge ist egal. Etwaiges Neufokussieren ist stets an beiden Okularen vorzunehmen.


Alle Angaben ohne Gewähr und ohne Haftung

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