Reflexionsnebel - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Emissionsnebel, Reflexionsnebel, Dunkelnebel und Offene Sternhaufen treten zeitweilig gemeinsam in ein- und derselben Himmelsregion auf. Das ist kein Zufall, denn alle vier haben mit dem Geburtsvorgang von Sternen zu tun.
Die Reflexionsnebel - Staub im All

Wir haben auf der Seite über die Emissionsnebel ausführlicher erzählt, wie Sterne geboren werden: In Molekülwolken und in Gruppen. Hat die jugendliche Sternenbande alles verbliebene Gas verblasen, bleiben nur noch mikroskopisch kleine Staubpartikel zurück, bestehend z.B. aus Kohlenstoff oder Silizium.

Diese streuen das Sternenlicht naher Sterne. Ihrer Winzigkeit wegen bevorzugen sie dabei die kurzwellige Strahlung. Deshalb muten diese Nebel auf Fotos bläulich an. In unserer Erdatmosphäre sorgen Moleküle für einen vergleichbaren Effekt, Himmelsblau genannt. Tatsächlich spricht man in jenen Fällen, bei denen die Teilchen klein sind in Relation zur Wellenlänge, von Rayleigh-Streuung. Der Effekt wurde nach dem englischen Physiker John William Strutt, 3. Baron Rayleigh, getauft.

Größere Aerosole wie Wassertröpfchen streuen hingegen farbneutral - deshalb ist der bedeckte Himmel nicht blau sondern öde grau.
Unser Auge ist des Nachts nur wenig farbtüchtig. Es zeigt uns die subtile bläuliche Tönung der Reflexionsnebel nicht. Wir machen, falls überhaupt, nur ein äußerst mattes Grau im Teleskop aus.

Astronomen sprechen von Reflexionsnebeln, doch diese Bezeichnung ist unglücklich: Streungsnebel wäre korrekter, denn die winzigen Staubteilchen sind keine spiegelnden, sondern lichtstreuende Objekte.
Foto links: Unter dem Kerngebiet des M42 finden wir den Stern Iota Orionis. In diesem Bereich wird offensichtlich mehr Licht gestreut als emittiert.
Die Kategorie der Reflexionsnebel umfasst über tausend Objekte. Die allermeisten sind äußerst lichtschwach. Selbst unter wirklich dunklem Himmel lassen sich nur wenige davon im Amateurgerät blicken. Die berühmtesten Vertreten finden sich am Winterhimmel.

Als hellster Reflexionsnebel gilt der wohlbekannte M78 im Orion. Er wurde bereits 1780 von Pierre Méchain entdeckt. Für mich als Wiener ist selbst dieses "Paradeobjekt" schon eine überaus harte Nuss. Visuell habe ich hier keine Chance. Falls mir ein Foto gelingt, scheint der Nebel darauf aus zwei Kernen zu bestehen.

Fern der Stadt ist das Sternbild Orion das Eldorado für entsprechend gut ausgestattete Reflexionsnebeljäger. Dort finden sich z.B. der relativ helle NGC 1788, der NGC 2023 und der NGC 2024.

Ebenfalls mit einem Offenen Sternhaufen im Orion verwoben ist der NGC 1977. Vor allem der leicht bläulich strahlende Stern 42 Orionis sorgt für das gestreute Nebellicht. Der Gestalt wegen spricht man hier mitunter vom Runnig Man Nebula. Abschnitte dieses Nebel werden als NGC 1973 und NGC 1975 gelistet. Dieses Gebilde gehört ebenfalls zu jener ausgedehnten Molekülwolke, die sich über weite Regionen des Sternbilds Orion erstreckt.

Weitere sehr lichtschwache Reflexionsnebel im Orion sind der NGC 2071, der NGC 1788 und der wie ein ferner Komet anmutende NGC 2163.

Der NGC 1999 steht südlich des berühmten Orionnebels beim variablen Stern V380 Orionis: Ein hinein reichendes, offenbar materiearmes Gebiet schenkt ihm eine besondere Gestalt und den Spitznamen "Schlüssellochnebel". Er wurde 1785 von Wilhelm Herschel entdeckt.
Der Reflexionsnebel NGC 1977 im Orion
Auch die Plejaden (M45) scheinen fern der Stadt im Teleskop noch Spuren von Staub zu zeigen. Dieser fällt an ehesten beim Stern Merope (NGC 1435, Merope-Nebel genannt) und beim Stern Maia (NGC 1432) auf.

Auf den Merope-Nebel stieß der deutsche Astronom Wilhelm Tempel im Jahr 1845. Ihm reichte damals noch ein Vierzöller. Für Ronald Stoyan zeigt ein Fünfzöller den Nebel als "Hauch um und südlich von Merope deutlich und hell". Stoyan empfiehlt in seinem Deep Sky Reiseführer, zum Vergleich den praktisch nebellosen Plejadenstern Pleione anzupeilen. Zeigt das Teleskop auch dort einen Nebel, gehen die stolzen Sichtungen wohl bloß aufs Konto einer beschlagenen Optik.

1912 bannte Vesto Slipher - er war später wesentlich an der Entdeckung der Rotverschiebung von Galaxien beteiligt - das Spektrum des Merope-Nebels auf Fotoplatte. Es unterschied sich wesentlich von dem der Emissionsnebel, war kontinuierlich wie das der Sterne. Damals wurde klar: Reflexionsnebel senden kein eigenes Licht aus. Ihr matter Schimmer ist bloß gestreutes, also gleichsam "geborgtes" Sternenlicht.

Allerdings dürften die hübschen Plejadennebel nicht ursächlich mit den Plejaden in Zusammenhang stehen. Es scheint, als stünden sie uns näher als die Mitglieder des Sternhaufens.
Die Plejaden im Stier. Beim Stern Merope schimmert der intensivste Nebel
Ebenfalls am Winterhimmel versteckt sich das einzige Einhorn, das wir je zu Gesicht bekommen werden.

Das gleichnamige Sternbild beherbergt ebenfalls mehrere Reflexionsnebel. Einer ist der fächerförmig wirkende NGC 2261. Das 1783 von Wilhelm Herschel entdeckte Objekt streut uns das Licht des Sterns R Monocerotis ins Auge. Dieser scheint in seiner Helligkeit zwischen 10,5 und 12,5 mag zu schwanken, und auch der Nebel selbst verändert seine Helligkeit immer wieder. Weil das Gebilde 1949 von Edwin Hubble mit dem nagelneuen 5 Meter Teleskop auf Mt. Palomar studiert wurde, nennt man es im Englischen auch Hubble's Variable Nebula.

In seinem Artikel "Winter's Best Reflection Nebulae" (Sky & Telescope Feb. 2025, 20ff) weist Brian Ventrudo zusätzlich auf den Nebel van den Bergh 19 (vdB 19) hin, nahe am Kassiopeia-Stern Beta Cas. Im Perseus lenkt Ventrudo den Blick auf die beiden Reflexionsnebel IC 348 und NGC 1333, im Kepheus auf den NGC 7023: Dieser wird seiner Form und Farbe wegen auch Iris-Nebel genannt.
Nicht nur saisonal

Freilich finden sich Reflexionsnebel nicht ausschließlich am Winterhimmel.

Der sogenannte Lagunennebel M8 im Schützen ist, ähnlich wie der Orionnebel M42, primär Emissions- aber teilweise auch Reflexionsnebel: Als Beleg dafür braucht man sich bloß die unterschiedlichen Farben auf Astrofotos anzusehen. Im Zentrum des Geschehens strahlt eine Region besonders hell. Sie wird mitunter auch Stundenglasnebel genannt, und zwar ihrer sanduhrähnlichen Form wegen. Außerdem ist der junge Offene Sternhaufen NGC 6530 im Nebel eingebettet.
Der Lagunennebel im Schützen: Emissions- und Reflexionsnebel zugleich
Ebenfalls im Schützen liegt M20, der dreigeteilt anmutende Trifid-Nebel. Sein nur unter besten Bedingungen gut beobachtbarer Nordteil soll primär Reflexionsnebel sein.
Beobachtungstechnik & Fototipps

Aufgrund ihres äußerst bescheidenen Glanzes erfordern Reflexionsnebeln einen möglichst dunklen Himmelshintergrund. Der Standort entscheidet über ihre Sichtbarkeit. Auch fern der Stadt sind Dunkeladaption und peripheres Sehen für visuelle Fernrohrbeobachter wichtig. Mitunter muss man eingebettete Sterne außerhalb des Bildfelds positionieren, falls diese das Auge zu sehr in Beschlag nehmen.

Oft treten Reflexionsnebel noch gemeinsam mit Emissionsnebeln auf. Doch diese beiden Objektkategorien unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Das Spektrum der Emissionsnebel besteht aus wenigen hellen Linien, das der Reflexionsnebel ist hingegen ein Kontinuum - genauso wie das Sternenlicht, das Mondlicht oder der kombinierte Photonendreck der städtischen Beleuchtung.

Deshalb helfen Filter hier nur sehr eingeschränkt. Eventuell empfehlen sich leichte Light Pollution Filter, die wenigstens das gelbe Licht von Natriumlampen dämpfen. Allerdings stehlen solche Filter auch den anvisierten Reflexionsnebeln etwas von ihrem Licht.

Gleiches gilt für die fotografische Abbildung solcher Himmelsnebel. Man braucht "schnelle" Optiken mit Öffnungszahlen von 5 bis vielleicht 8. Mit langbrennweitigen Teleskopen tut man sich eher schwer. Auch hier mag man es mit leichten Light Pollution Filtern versuchen, die nicht allzu viel Nebellicht kosten. In jedem Fall sind die Verfahren der Deep Sky Fotografie anzuwenden.
Alle Angaben ohne Gewähr
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