Die Aurora fotografieren (Seite überspringen)
Der dänische Schullehrer Sophus Tromholt ließ sich extra nach Kautokeino versetzen, um Nordlichtstudien zu betreiben. Mit Belichtungszeiten von 4 bis 7 Minuten (!) versuchte er, die Aurora auf die damals noch sehr wenig lichtempfindlichen Fotoplatten zu bannen. 1885 soll ihm das auch gelungen sein, doch eine Kopie dieser Aufnahme existiert nicht mehr.
So kürte die Geschichte schließlich den Deutschen Martin Brendel zum ersten, dem die Fotografie des Polarlichts gelang - am 5. Jänner 1892 in der Bucht des norwegischen Bossekop.(Foto links)
In derselben Bucht belichtete Carl Störmer später nicht weniger als 40.000 Fotoplatten!
In Alta, also ganz in der Nähe, hielt ich 1989 zwei Wochen lang das Schauspiel auf analogen Diafilmen fest. Sie stammten nicht von Kodak, auch wenn das folgende Foto dies suggerieren mag. Leider wurden die meisten Aufnahmen bei der Entwicklung im Speziallabor des japanischen Filmherstellers beschädigt.
Nahe Tromsö schoss ich im Oktober 2024 dann endlich digitale Aufnahmen: Fast immer mit einem Ultraweitwinkelzoom 11-16 mm (2.8) oder einem Fischaugen-Objektiv 8 mm (3.5) und einer Canon EOS 650D (zumeist mit ISO 1600, Belichtungszeit oft 10 s, interne Rauschunterdrückung aktiv).
Die besten dieser gut 2.000 Digitalfotos müssen noch ausgewählt und hier eingearbeitet werden.
Wozu fotografieren?
Unser Auge ist ein fantastisches Instrument, hat aber einen Nachteil: Es kann Lichteindrücke nicht addieren. Schaut man 16 Sekunden lang aufs Polarlicht, wird es nicht heller als bei einem nur 4 Sekunden währenden Blick. Anders bei der Fotografie: Sie trichtert in 16 Sekunden viermal so viel Licht ein wie in 4 Sekunden.Außerdem kann man gar nicht so viele Karotten essen, wie es der Erhöhung des ISO-Werts von 100 auf 800 entspricht. In der Nacht ist uns die Kamera einfach überlegen. Sie macht selbst Himmelslichter sichtbar, die dem Auge völlig entgehen.Unser Auge versucht diesen Makel ein wenig auszugleichen, in dem es nachts den lichtempfindlicheren, aber farbuntüchtigen Stäbchen unserer Netzhaut die Regie überträgt. Deshalb sind die Katzen dann grau. Hingegen stellt die Kamera unsere Umwelt selbst in der Nacht noch vergleichsweise bunt dar.Gerade beim Polarlicht macht das einen kolossalen Unterschied. Die Fotografie zeigt sein Leuchten wesentlich heller und vor allem auch farbiger, als unser Auge dies vermag. Mitunter verrät sich ein schwaches Nordlicht überhaupt erst am Monitor der Kamera!
Alta, Herbst 1989: Meine stolze Beobachtungsstation, errichtet am Rande eines Fußballfelds.
Oben war die motorisierte analoge Kamera samt Zeitschaltuhren für Belichtung und Vorlauf sowie ein Mikrofon-Vorverstärker montiert.
In der Tasche unter dem stabilen Stativ (ich nutze es noch immer) befanden sich ein Cassetten-Recorder für Kompaktkassetten, verwendet als Diktiergerät, ein zweites Objektiv, ein dickes Batteriepaket sowie Wärmepads.
Angesichts von so viel Kabeln und Elektronik hatte ich natürlich auch eine Lötstation im Gepäck. All das war dann, wie der Anhänger verrät, "heavy"
Tipps
Hier nur kurz:
- Die Kamera muss aufs Stativ!
- Notfalls legt man sie rücklings auf den Boden, presst sie aufs Fensterbrett
- Ein Fernauslöser reduziert Erschütterungen
- Die Ausdehnung der Lichter will Weitwinkel- oder Fischaugen-Objektive
- Die Blende ist ganz weit zu öffnen
- Die Scharfstellung erfolgt an fernen, beleuchteten irdischen Objekten
- Die ISO-Werte werden bei 400, 800 oder 1600 liegen
- Die Belichtungszeiten liegen im Bereich mehrerer Sekunden
- Sie werden an die variierende Polarlichthelligkeit angepasst
- Maximale Belichtungszeit: T max (s) = 175 / Brennweite (Faustformel)
- Eine kameraeigene Vignettierungsfunktion kann eingeschaltet werden
- Die interne Rauschreduktionsfunktion der Kamera mag aktiviert werden
- Ansonsten braucht es Kalibrierungsaufnahmen (Darks, Flats, Biases)
- Der Weißabgleich steht auf Auto (bzw. Sonnenlicht - ausprobieren!)
- Mit RAW plus JPG (höchste Qualität) ist man am flexibelsten
- Irdische Landschaften im Vordergrund würzen die Aufnahme
- Ersatzakkus gehören ins Gepäck
- Auf warme, windfeste Kleidung achten!
Alle Angaben ohne Gewähr