Emissionsnebel - Gaslichter des Universums
Emissionsnebel, Reflexionsnebel, Dunkelnebel und Offene Sternhaufen treten zeitweilig gemeinsam in ein- und derselben Himmelsregion auf. Das ist kein Zufall, denn alle vier haben mit dem Geburtsvorgang von Sternen zu tun.
Die kosmischen Kreißsäle
Bei niedrigen Temperaturen vereinen sich Atome zu Molekülen. In den Spiralarmen unserer Milchstraße treiben tausende Molekülwolken, jede hunderte Lichtjahre weit. Sie sind vor allem aus molekularem Wasserstoff geformt, weshalb Astronomen von HII-Regionen sprechen. Sauerstoff oder Schwefel kommen ebenfalls vor. Aber auch Staub aus Roten Riesensternen und von Supernova-Explosionen ist eingestreut.
Antoine Laurent de Lavoisier schenkte dem Wasserstoff seinen Namen. Hier ein Blick in sein nachempfundenes Labor bei einer Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien (2010)
Die Materiekörner sind winzig wie Rauch- oder Rußteilchen. Auf ihren kalten Oberflächen kondensieren Kohlenmonoxid oder Methan - Gas wird zu Eis, komplexere Moleküle entstehen. Diese Wolken sind anfangs stockdunkel. Ihr feiner Staub täuscht dem Betrachter sternarme Regionen vor. Er macht sich bestenfalls als dunkle Shilouette vor hellerem Hintergrund bemerkbar: Astronomen sprechen dann von einem Dunkelnebel.
Die Temperatur in diesen Molekülwolken liegt 10 bis 50 Grad C über dem absoluten Nullpunkt. Weil sie langsam ums Zentrum der Milchstraße kreisen, drehen sich die Wolken auch um sich selbst. Die eigene Masse will sie zur Kontraktion zwingen - doch Fliehkraft, Turbulenzen und magnetische Felder stemmen sich dagegen. Außerdem würde sich verdichtetes Gas aufheizen (man kann das mit einer Fahrradpumpe überprüfen) und so letztlich wieder nach außen drängen.
Es bedarf also eines äußeren Anstoßes, um die Kontraktion auszulösen. Diesen Anstoß mag z.B. eine nicht allzu nahe, aber auch nicht allzu weit entfernte Supernova-Explosion bilden: Oder der Zusammenstoß mit einer anderen Molekülwolke. Beides mag zu lokalen Verdichtungen führen.
M16, der Adlernebel
Dann zerfällt die Molekülwolke in Filamente, Fragmente und letztendlich in eher rundliche Klumpen, den Globulen: Erst diese Globulen brechen schlussendlich in sich zusammen. Sie messen jeweils wenige Lichtjahre und umfassen jeweils einige bis mehrere Dutzend Sonnenmassen.
Beim weiteren Zusammensturz stoßen Gas- und Staubteilchen aneinander und erwärmen sich.
Radioteleskope fangen diese Wärmestrahlung im Submillimeterbereich auf. Im sichtbaren Bereich sind die Globulen hingegen so dunkel wie Tintenkleckse.
Im Zentrum einer Globule formt sich eine zunehmend dichter werdende, schrumpfende und somit noch rascher rotierende Gaskugel: Ein Protostern. Erst wenn die Dichte in deren Zentrum hoch genug ist, fusioniert dort Wasserstoff in Helium. A star is born! Eine einzelne Molekülwolke gebiert in rascher Folge Sterne zu Hauf. Ihre Sonnen werden also nicht etwa einzeln, sondern gleich in Scharen geboren - wir erblicken nun einen Offenen Sternhaufen. Wir sagen "Offen", weil wir zwischen den Sternschwestern hindurch schauen können.
Wasserstoff, Sauerstoff und etwas Schwefel
Vor allem die massenreichen Sterne in einem solchen, jungen Haufen erhitzen das übrige, eiskalte Gas der verbliebenen Molekülwolke mit ihrer UV-Strahlung.
Der durch die Strahlung doppelt ionisierte Sauerstoff (O III) gibt nun grünes Licht mit Wellenlängen von 493,1 nm und 495,9 nm, speziell aber mit 500,7 nm ab. Der von der Strahlung angeregte Wasserstoff leuchtet vor allem bei 486 nm (H-Beta-Linie, grünblau) und bei 656 nm (H-Alpha-Linie, rot) ab.
Es gibt noch eine weitere, schwächere Wasserstoff-Emissionen im sichtbaren Bereich bei 434 nm (H-Gamma, blau). Fotografisch interessant ist außerdem die Emission des einfach ionisierten Schwefels bei 672 nm (S II, rot).
Nebel spektrografiert man natürlich nicht spaltlos: Trotzdem zeigt das Spektralfoto, wie sich der M42 in den Hauptemissionswellenlängen abbildet
Relativ rasch bläst die Strahlung der jungen Sterne nun aber sämtliches Gas und sämtlichen Staub in ihrer Umgebung fort. Die meisten Offenen Sternhaufen am Himmel haben sich von ihrem kosmischen Mutterkuchen bereits ganz oder weitgehend befreit. Deshalb zeigt uns das Teleskop nur wenige Emissionsnebel. Himmelsfotografen halten mit speziellen Filtern eine deutlich höhere Anzahl fest.
Prominente Emissionsnebel
M42 und der kleinere M43 bilden den Orionnebel
Unterhalb der drei Gürtelsterne des Orion macht das Fernglas den legendären Orionnebel M42 aus – als recht ausgedehnten Schimmer. Das ist der strahlendste Abschnitt einer gigantischen Molekülwolke, die weite Teile des Sternbilds Orion durchzieht. Durchmesser: 240 Lichtjahre. In M42 leuchten bereits einige tausend Sternenkinder:
Das kleine Teleskop zeigt bläuliche, sehr heiße Sonnen, z.B. das sogenannte Trapez im Orionnebel. Es ist die Strahlung dieses Offenen Sternhaufens, die das Kerngebiet des M42 so auffallend leuchten macht.
Erste Teleskopbeobachtungen reichen bis zum November 1610 zurück. Damals beobachtete Nicolas-Claude Fabri de Peiresc den Nebel. Der Schweizer Johann Baptist Cysat beschrieb ihn 1619, der Italiener Giovanni Hodierna skizzierte ihn 1654.
Zwei weitere prominente Emissionsnebel liegen im Schützen. Sie klettern für Beobachter in Österreich nur mäßig hoch über den Horizont.
Der M8, auch Lagunennebel genannt, ist gut 5.000 Lichtjahre entfernt. Der hellste Teil erinnert an eine Sanduhr und wird gelegentlich auch Stundenglasnebel genannt.
M8, der Lagunennebel
Das Leuchten verdankt M8 dem aus ihm hervor gegangenen Offenen Sternhaufen NGC 6523. Profi-Aufnahmen lassen in dieser Molekülwolke dunkle Globulen erkennen. Mit einer Ost-West-Ausdehnung von 1,5 Grad sprengt M8 das Bildfeld des Teleskops. Entdeckt wurde er vor 1654 durch Giovanni Hodierna.
M20, auch Trifidnebel genannt
Obwohl ähnlich weit entfernt, misst der schwächere Trifidnebel kaum ein halbes Grad. Das Nebelgas wird speziell durch den Stern HD 164492 angeregt. M20 bringt es auf gut 20 Sonnenmassen, weshalb seine Oberfläche extrem heiß ist und viel UV-Licht abstrahlt.
Um den jungen Blauen Riesen schart sich ein Haufen mit gut 3.000 Sternen. Aufgefunden wurde der Nebel 1764 von Charles Messier.
Bewohner südlicherer Gefilde können sich am Eta-Carina Nebel - NGC 3372 - erfreuen. Er liegt im Sternbild Kiel des Schiffs (das ist eine jener drei Konstellationen, die aus dem antiken Sternbild Argo hervorgingen). Mit einem Durchmesser von 2 Grad beheimatet dieser Emissionsnebel mehrere Offene Sternhaufen und weitere interessante Objekte. Dazu gehören Materiewolken, die vom gigantischen Doppelstern Eta Carina ausgestoßen wurden. Als Entdecker des Nebels wird Nicolas-Louis de Lacaille genannt. Er durchmusterte den Südhimmel 1752 am Kap der Guten Hoffnung.
Weitere Beispiele mit fantasievollen Namen
In seinem hervorragenden Deep Sky Reiseführer nennt Ronald Stoyan darüber hinaus die Emissionsnebel NGC 281 (Pac-Man-Nebel) in der Cassiopeia, NGC 1499 (California-Nebel) im Perseus, NGC 2237 bis NGC 2239 (Rosettennebel) im Einhorn, M17 (Omeganebel) im Schützen, NGC 7000 (Nordamerikanebel) im Schwan sowie NGC 2070 (Tarantelnebel) im Sternbild Schwertfisch. Letzterer ist in unseren Breiten nicht sichtbar.
Beobachtungstechnik
Der Orionnebel M42 täuscht uns: Er ist untypisch hell. Um den Kontrast zum Himmelshintergrund zu steigern, ist fast immer ein Beobachtungsort fern der Stadt nötig. Dann wirkt der M42 wesentlich ausgedehnter. Die meisten anderen Emissionsnebel machen sich überhaupt erst vor wirklich dunklem Himmel bemerkbar. Es ist der Standort, der entscheidet. Außerdem empfiehlt sich das periphere Sehen.
Unser Auge ist nachts im Roten wenig empfindlich. Wir nehmen daher vor allem die Emission des zweifach ionisierten Sauerstoffs (O III) um 501 nm und die des angeregten Wasserstoffs (H-Beta) bei 486 nm wahr. Das rote Licht der H-Alpha-Emission entgeht unserem Auge fast völlig.
Für die farbtüchtigen Zapfen der Netzhaut reicht der Schein in der Regel nicht. Die farbuntüchtigen Stäbchen erfassen ihn zwar, liefern aber bloß Grautöne. Daher erscheinen auch die Emissionsnebel im Fernrohr farblos. Einige Beobachter wollen aber speziell beim vergleichsweise hellen Orionnebel tatsächlich schon ein gespenstisches Grün wahrgenommen haben.
Filter steigern den Kontrast zum Himmelshintergrund, falls sie nur die Nebelemissionen im Grünblauen bzw. Grünen zum Auge vordringen lassen - alle anderen Bereich aber ausschließen. Das leisten Light Pollution Filter. Sie unterdrücken das öde Gelb von Natriumlampen und teils auch den Widerschein der stechenden Quecksilberstrahler.
Das Kerngebiet des M42 mit O III Filter
Kompromisloser verfahren UHC-Filter mit der Lichtverschmutzung. Sie blockieren alles, lassen nur die H-Beta- und O III-Emission (sowie oft H-Alpha) ungedämpft passieren.
Noch "kritischere" Filter trennen zwischen H-Beta und O III, favorisieren entweder 486 nm oder 501 nm.
Das kann mit größeren Teleskopen laut Ronald Stoyan durchaus Sinn machen: Er führt als Beispiel für ein vorwiegend im H-Beta leuchtendes Objekt den California-Nebel (NGC 1499) im Perseus an. Hingegen würde beim Rosettennebel im Einhorn primär O III, der doppelt ionisierte Sauerstoff, strahlen.
Mario Wiegand führt auf www.skytrip.de weitere Objekte für den H-Beta-Filter an: Im Orion z.B. M42 und M43, den Flammennebel (NGC 2024) sowie den Pferdekopfnebel (IC 434); im Schwan nennt er den Nordamerika-Nebel (NGC 7000) und den Kokonnebel (IC 5146).
Fototipps
Mir sind standortbedingt trotz des Einsatzes der üblichen von Deep Sky Verfahren noch nicht viele Fotos von Emissionsnebeln gelungen. Wenn ich am Balkon durchs Teleskop fotografiere, dann mit einer gebrauchten digitalen Spiegelreflexkamera. Sie hält, anders als unser Auge, bei längerer Belichtung auch die H-Alpha-Emission fest.
Der M17 heißt auch Omeganebel
Allerdings sind normale DSLRs hier benachteiligt, und zwar wegen des fix vor dem Sensor verbauten IR-Sperrfilters. Der reduziert nämlich auch die Empfindlichkeit im H-Alpha-Bereich. Bei digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR) lassen Amateurastronomen daher gern diesen Filter entfernen bzw. ersetzen ihn. Der Kamera-Name wird infolge um ein "a" erweitert: Meine Canon EOS 550D geriete so zu einer EOS 550Da.
Ein UHC-Filter von Lumicon (T2-Version)
Um die Lichtverschmutzung zu dämpfen, konzentrieren sich Fotografen gern auf die wesentlichen Emissionen. Alle anderen Wellenlängen werden von schmalbandigen Filter abgeblockt.
Es gibt mehrere Strategien. Manche begnügen sich mit monochromen Bildern, die im H-Alpha- oder im O III-Bereich angefertig wurden.
Oft werden beide Bilder, unterschiedlich eingefärbt, zu einem Falschfarbenbild kombiniert. Noch eindrucksvoller geht das mit drei monochromen Bildern. Ein dreiteiliger Filtersatz lässt einmal die grüne O III-Emission zum Kamerasensor vordringen, dann die rote H-Alpha-Emission und schließlich die SI-Emission.
Würde die virtuelle Einfärbung jetzt mit den "korrekten" Farben erfolgen, erhielte man gleich zwei rote Fotos. Deshalb wird oft die sogenannte Hubble-Palette vorgezogen:
Dabei schenkt der Astro-Fotograf nur dem mit dem tiefroten Schwefel-Filter geschossenen Foto ein mehr oder weniger originales Rot. Das mit dem roten H-Alpha-Filter gewonnene Foto koloriert er grün. Das durchs grüne Sauerstoff-Filter (O III) belichtete Foto färbt er blau ein. Legt man alle drei Fotos - ausgeglichen gewichtet - übereinander, entsteht ein RGB-Bild.
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