Polarlicht: Magnetometer - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
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Das Magnetometer

Die zuvor beschriebenen Aktivitäten auf der Sonne bewirken mit einiger Verzögerung Schwankungen des Erdmagnetfelds. Diese korrelieren mit dem Auftreten bzw. der Intensität der Aurora-Erscheinungen, und sind daher von besonderem Interesse. Daraus ermittelt man letztlich den K- bzw. den Kp-Index.

Den meisten Nordlichtfreunden genügt es, diesen wesentlich praktischeren, aktuellen K-Index zu kennen (hier geht es zurück zur diesbezüglichen Seite).

Wer sich dennoch mit den zugrunde liegenden Magnetometer-Messungen befassen will, findet im Folgenden einige Hinweise.
Professionelle Magnetometer-Messungen

Das erste Magnetometer stellte Carl Friedrich Gauss 1833 vor. Er setzte auf Stabmagneten. Heute stehen häufig Hall-Sensoren (Halbleiter) und die Fluxgate-Sensoren im Einsatz, die vor allem aus zwei gegensinnigen Spulen bestehen. Um sie von störenden Einflüssen und Temperaturschwankungen abzuschotten, werden solche Sensoren im Erdboden versenkt. Kabel übertragen die Signale ins Labor, wo die Auswerte-Elektronik untergebracht ist.

Oft verwendet man gleich drei Sensoren, um die drei räumlichen Komponenten der magnetischen Flussdichten in Nano-Tesla (nT) zu ermitteln. Bx ist die Komponente in Nord-Süd-Richtung, By jene in Ost-Westrichtung. Die vertikale Komponente heißt Bz.

Schwankungen des Erdmagnetfelds werden heute vielerorts erfasst, meist von geophysikalischen Observatorien bzw. Forschungsinstituten. Manche stellen ihre Messungen live online, so dass man das Eintreten eines Magnetsturms via Web mitverfolgen kann.


  • Daten und Grafiken für 150 Stationen in aller Welt findet man bei Intermagnet (Station und Zeitintervall sind auswählbar)


Wie man erkennt, sind die resultierenden Grafiken nicht völlig ident, sondern auch von der Lage (magnetischen Breite) einer Messstelle abhängig. Stationen in und nahe der Arktis bzw. der Antarktis reagieren stärker als die in gemäßigten Breiten.
Amateurmessungen mit elektronischen Magnetometern
Bestimmte Magnetfeld-Messsensoren, die Fluxgate Magnetometer, geben dank der eingebauten Elektronik eine Spannung mit einer Frequenz von beispielsweise 100 kHz aus. Burkhard Kainka erklärt die Funktionsweise in seinem Elektronik-Labor. Hier finden Sie z.B. Sensoren der slowenischen Firma FG Sensors.

Die ausgegebene Frequenz schwankt, wenn sich das Magnetfeld verändert - und genau das geschieht während eines Polarlichts. Stuart Green beschreibt ein solches Selbstbauprojekt.
Die Frequenz des von einem Fluxgate Sensor gewonnenen Signals läge im Ultraschallbereich. Um es hörbar zu machen, muss man deshalb zunächst ein zweites Signal beimischen. Dessen Frequenz wird so gewählt, dass die Differenz der beiden Signale im Hörschallbereich landet.

Ein Lautsprecher strahlt das verstärkte Differenzsignal schließlich ab.

Eine solche Sonifikation registriert selbst geringfügige Schwankungen des Erdmagnetfelds.
Und das eben in Form von Tonhöhenschwankungen. Green verwendet für den beschriebenen Mischvorgang einen teureren Fledermausdetektor, der ja auch Ultraschallsignale in Hörschall verwandelt (obiges Foto zeigt die Platine eines einfacheren Bausatzes von Franzis).

Kai-Marius Pedersen filmte den Tanz der Aurora nahe dem norwegischen Tromsö im Zeitraffer und vertonte dieses Video mit der bearbeiteten Magnetfeld-Sonifikation Greens. Sehen und hören Sie das eindrucksvolle Ergebnis auf Youtube!
Das semiprofessionelle Netzwerk SAM (Simple Aurora Monitor) verbindet privat betriebene, standardisierte elektronische Magnetometer, die ihre Daten per Web zum SAM-Server hochladen. Dazu gibt es Bausätze und ausführliche Anleitungen.

Allerdings braucht man zum Mitmachen Haus und Garten: Denn die empfindlichen Fluxgate-Sensoren sind auch hier im Erdreich einzugraben: Das Blumenkisterl am Balkon reicht dafür leider nicht aus.

Aus Österreich nimmt der Sender Dobl, südwestlich von Graz, am SAM-Netzwerk teil. Seine Sensoren stecken in 1,3 Meter Tiefe. Hier dessen aktuelle Werte.
    Amateurmessungen mit dem Handy

    In modernen Smartphones sind zahlreiche Sensoren verbaut, die sich von Apps auslesen lassen. Damit hat man gewissermaßen ein physikalisches Labor in der Tasche.

    Wer ganz einfach mit physikalischen Phänomenen wie Schall, Licht, Bewegung oder eben Magnetismus experimentieren und deren Stärke veranschaulichen möchte, kann die Aachener App phyphox installieren. Die passende Website gibt es hier.

    Auch die App Physics Toolbox nutzt die Smartphone-Sensoren für physikalische Experimente. Englischsprachige Anleitungen finden sich auf der dazugehörigen Website von Vierasoftware.

    Beide Apps lassen sich über den Google Play Store herunter laden.
      Um Veränderungen des Erdmagnetfelds zu messen, sind Smartphones nur sehr bedingt geeignet. Es mangelt diesen Messgeräten an Reliabilität: Die ausgelesenen Werte schwanken stark.

      Man muss diese Werte über längere Intervalle mitteln, die Experimente ins Freie verlegen, die Temperaturabhängigkeit der Geräte berücksichtigen und am besten die Resultate möglichst vieler Smartphones per Web kombinieren - um das starke Rauschen aus den Daten heraus zu filtern.

      Am ehesten funktioniert diese Form des Privatmagnetometers noch in hohen magnetischen Breiten und bei sehr starken Sonnenstürmen.

      Literatur dazu:

      Amateurmessungen mit optischen Magnetometern

      Heute können wir uns den aktuellen Kp-Index oder professionelle Magnetfeldmessungen leicht im Internet anschauen. Früher war das nicht so. Nordlichtfreunde schätzten die Wahrscheinlichkeit eines solchen Naturschauspiels selbst ein, unter anderem durch eigene Messungen mit einem optischen Magnetometer.

      Der dänische Physiker Hans Christian Örsted beobachtete 1820: Ein stromdurchflossener Draht lenkt die Magnetnadel ab. Als ich in die Schule ging, demonstrierte man dies mit einem frei aufgehängten, waagrechten Stabmagneten. Auch er drehte sich, wenn der Strom eingeschaltet wurde.

      An diesem Stabmagneten war ein kleiner Spiegel montiert, der sich natürlich mitdrehte. Von einem gebündelten Lichtstrahl getroffen, warf dieser Spiegel im großen, verdunkelten Physiksaal einen Lichtpunkt an die Wand. Dort war eine Skala angebracht. Je größer die Stromstärke, desto weiter wanderte der Punkt.
      Fließt kein Strom im Draht, dreht sich der Stabmagnet einfach in die magnetische Nord-Süd-Richtung - wie in obiger Skizze. Doch eine Störung des Erdmagnetfelds bewirkt ebenfalls eine geringfügige Spiegeldrehung und damit ein kleines Wandern des Lichtpunkts an der Wand. Tatsächlich realisierte man Magnetometer einst auch über diesen Spiegeltrick.

      Heute machen das wohl nur noch sehr wenige Amateure: Sie hängen einen spiegelbewährten Stabmagneten an einem Faden in einer zugestoppelten Glasflasche auf. Das abgeschlossene Behältnis schützt vor Luftturbulenzen. Dann richten sie einen Lichtstrahl auf den Spiegel und registrieren allfällige Abweichungen des reflektierten Lichtpunks an der Wand.

      Ein derartiges Eigenbau-Magnetometer beschreibt z.B. Martin Wagner auf seiner Webseite.

      Der dort statt des schwachen, linsengebündelten Lichtstrahls eingesetzte Laser darf natürlich niemals jemandes Auge treffen!

      Wie Wagner 2014 schreibt, könne er mit einer 6 Meter entfernten Wand noch magnetische Änderung von 4 nT messen. Um bei einer aurorabedingten Spiegeldrehung gewarnt zu sein, setzt er außerdem noch lichtempfindliche Bauteile ein. Natürlich führen bewegte Eisenstücke in der Umgebung, stromdurchflossene Kabeln in der Wand und auch mechanische Erschütterungen zu Störungen einer solchen Messanordnung.




      Alle Angaben ohne Gewähr oder Haftung


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