Die gregorianische Kalenderreform
Cäsars Büste in Pisa
Julius Cäsar hatte den römischen Kalender reformiert. Ein einziger Schalttag, eingefügt alle vier Jahre, sollte ihn mit dem Sonnenlauf mittelfristig synchron halten. Der julianische Kalender überdauerte das römische Imperium. Auch die Christen übernahmen ihn.
Mit Cäsars Schaltregel währte das mittlere Kalenderjahr 365,25 Tage. In Wirklichkeit müssten es aber 365,2421905 Tage dauern. Julius Cäsars Jahr war demnach um elf Minuten zu lang. Der kalendarische Frühlingsanfang verschob sich alle 128 Jahre um einen weiteren Tag.
Mit Cäsars Schaltregel währte das mittlere Kalenderjahr 365,25 Tage. In Wirklichkeit müssten es aber 365,2421905 Tage dauern. Julius Cäsars Jahr war demnach um elf Minuten zu lang. Der kalendarische Frühlingsanfang verschob sich alle 128 Jahre um einen weiteren Tag.
Wilhelm v. Hirsau, St. Emmeran, Regensburg
Das fiel im 11. Jh. schon dem Benediktiner Wilhelm von Hirsau auf. Er prüfte den Sonnenstand mit einer schweren, steinernen Messscheibe.
Weil man den Termin des Osterfests an den Frühlingsvollmond band, geriet die Divergenz zwischen Kalender und tatsächlichem Himmelsgeschehen zum Ärgernis. Der englische Franziskaner Roger Bacon beklagte den falschen Ostertermin von 1267.
Wie er dem Papst schrieb, sei es geradezu ein Hohn, Fleisch in der Karwoche zu essen und dafür am Osterwochenende zu fasten.
Jahrhundertelanges Zögern
Mittlerweile lag der julianische Kalender schon eine ganze Woche daneben: 1344 erörterte man die Kalenderfrage im Papstpalast von Avignon, im 15. Jh. war sie Thema bei den Konzilen von Konstanz und Basel.
Links Ptolemäus, rechts Regiomontan
Um sich beraten zu lassen, berief Sixtus IV. den zuvor auch in Wien tätigen Regiomontan (Artikel) nach Rom.
Vielleicht hätte der Astronom helfen können, das leidige Problem zu lösen - doch er starb am Tiber an einer Seuche.
Der Vorsitzende der zuständigen Reformkommission lud 1514 Nikolaus Kopernikus zur Mitarbeit ein. Doch der in Frombork tätige Domherr riet zur Vorsicht: Man kenne die tatsächliche, natürliche Jahreslänge noch immer nicht mit der nötigen Genauigkeit, wandte er ein.
Erst Gregor XIII. handelt
Seine erste überlieferte Himmelsbeobachtung hatte Kopernikus 1497 in Bologna gemacht. Fünf Jahre später wurde Ugo Boncompagni in dieser Stadt geboren, der spätere Papst Gregor XIII.: Zu dessen Lebzeiten war der kalendarische Fehler auf zehn Tage angewachsen.
Fertiggestellt wurde der Petersdom in Rom erst nach der Kalenderreform
Gregor entschloss sich zu einer Kalenderreform. Zunächst strich er 10 Tage, damit der Kalender zum astronomischen Frühlingsbeginn wieder den 21. März anzeigte: Auf Donnerstag, den 4., folgte gleich Freitag, der 15. Oktober 1582. Die Abfolge der Wochentage blieb unberührt.
Auf einer mittleren kalendarischen Jahreslänge von 365,25 Tagen beharrend, wäre der Fehler schließlich wieder aufgetreten. Also korrigierte man auch Cäsars Jahreslänge. Die Länge des Sonnenjahres entnahm man den Alfonsinischen Tafeln aus dem 13. Jahrhundert.
Um eine dazu passende kalendarische Jahreslänge zu erreichen, musste die Zahl der Schalttage etwas reduziert werden: Jede 33. oder 34. Schaltung sollte in Zukunft ausfallen.
Die neue Schaltregel
Der Medizinprofessor Aloisius Lilius hatte in Perugia eine passende Regel dafür vorgeschlagen: Demnach sollten zwar weiterhin alle vier Jahre Schaltungen erfolgen: Sie sollten aber entfallen, falls die Jahreszahl restlos durch 100, nicht aber durch 400 teilbar war.
Also:
- Jahr restlos durch 4 teilbar? Schalttag im Februar!
- Jahr restlos durch 100 teilbar? Kein Schalttag!
- Jahr auch durch 400 restlos teilbar? Doch Schalttag!
In den Jahren 1700, 1800, 1900 und 2100 müsste der Schalttag ausfallen, in den Jahren 1600 und 2000 hingegen eingesetzt werden. Ein solches Kalenderjahr würde im Schnitt 365,2425 Tage dauern und mit der Natur langfristig im Einklang bleiben.Papst Gregors Kalenderreform wurde mit der Bulle Inter gravissimas erlassen. Italien, Portugal, Spanien und Polen übernahmen sie sofort, Frankreich und Luxemburg folgten kurz danach. In Österreich und Deutschland trat der gregorianische Kalender 1583 in Kraft, wenngleich nur in den katholischen Regionen.
Widerstand der Lutheraner
Gregor XIII. spielte eine wichtige Rolle in der Gegenreformation. Die Protestanten wollten seine Machtdemonstration nicht hinnehmen und beharrten auf dem vertrauten julianischen Kalender.Die Existenz von zwei Kalendern gleichzeitig führte allerdings zum Durcheinander. Ein Zeitgenosse des Johannes Kepler sprach von einer "wüsten Zerrüttung und Verwirrung ... in allen Sachen, sonderlich in Jahrmärkten, Messen und anderen Geschäften".So war das protestantische Regensburg beispielsweise eine Art Enklave im katholischen Bayern.
Die Steinere Brücke, Regensburg
Wer über die Steinerne Brücke ritt, verlor oder gewann 10 Tage - je nach Richtung.
Kepler kannte dieses Problem allzu gut; er brachte seine Familie mehrmals in Regensburg unter.
Kaiser Matthias am sog. "Heldenberg", NÖ
Keplers zweiter kaiserlicher Auftraggeber, Matthias, wollte die protestantischen Kurfürsten in der Kalenderfrage umstimmen.
Der Reichstag tagte im Regensburger Rathaus, wo Kepler eine Lanze für die Reform brechen sollte. Obwohl selbst überzeugter Protestant, verfasste er eine Schrift über die Vorteile des gregorianischen Kalenders.
Zu Keplers Leidwesen schob man das strittige Thema auf die sprichwörtliche "lange Bank". Das Reich hatte stets Probleme, die dringlicher schienen.
Keplers Schrift über den neuen Kalender
Erst im Jahr 1700, als der Unterschied zwischen dem Kalender alten und neuen Stils um einen weiteren Tag anzuwachsen drohte, stimmten auch die protestantischen Länder Deutschlands zu. England zögerte bis 1752, die junge Sowjetunion folgte 1918.
Alle Angaben ohne Gewähr