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Farben von Deep Sky Objekten - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

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Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Die Farben der Deep Sky Objekte
Deep Sky Objekte sind in der Regel zu lichtschwach, um visuellen Beobachtern Farbwahrnehmungen zu gestatten. Meist sehen wir nur Schattierungen von Grau. Es gibt aber Ausnahmen.


Deep Sky Objekte mit Emissionslinien-Spektrum

Wird dünn verteiltes Gas im All zum Leuchten gebracht, sendet es normalerweise nur Licht ganz bestimmter Wellenlängen aus. Hier ist die Situation völlig anders als bei den weiter unten angeführten Objekten mit kontinuierlichem Spektrum.

Wasserstoff (chemisches Zeichen: H) ist das häufigste Element im All. Er bildet auch das einfachste Atom, bestehend aus einem einzigen Proton und einem einzigen Elektron. Das Elektron kann verschiedene Energieniveaus einnehmen.

Junge, heiße Sterne senden energiereiches UV-Licht aus. Dieses kann das Elektron im Wasserstoffatom anregen, um z.B. vom zweittiefsten Energieniveau in ein höheres zu "springen". Dabei wird Licht einer bestimmten Wellenlänge absorbiert ("verschluckt"). Man spricht danach von angeregtem Wasserstoff.
Ausgedehnte Emissionsnebel leuchten vor allem im Licht der H-Alpha-Linie
Fällt das Elektron zurück aufs zweite Energieniveau, sendet es Licht der sogenannten Balmer-Serie aus. Die exakte Wellenlänge hängt davon ab, aus welchem Energieniveau es eintrifft:

  • vom 3. Energieniveau ins 2.: Wellenlänge 656 nm (H-Alpha, rot)
  • vom 4. Energieniveau ins 2.: Wellenlänge 486 nm (H-Beta, blaugrün)
  • vom 5. Energieniveau ins 2.: Wellenlänge 434 nm (H-Gamma, indigo)
  • vom 6. Energieniveau ins 2.: Wellenlänge 410 nm (H-Delta, violett)
  • vom 7. Energieniveau ins 2.: Wellenlänge 397 nm (H-Epsilon, violett)

Für Deep Sky Beobachter relevant sind eigentlich nur um die beiden hellsten Emissionen: H-Alpha und H-Beta.  
Sauerstoff (O): Das elektrisch neutrale Sauerstoffatom (OI) besitzt 8 Elektronen. Intensiver UV-Strahlung ausgesetzt, verliert es zwei Elektronen aus der äußeren Schale - es wird doppelt ionisiert und heißt nun OIII.

Die frei gewordenen Elektronen werden von anderen, bereits ionisierten Sauerstoffatomen eingefangen. Bei dieser Rekombination entsteht ebenfalls Licht unterschiedlicher Wellenlängen: Im sichtbaren Bereich liegen sie eng beisammen, bei 496 und 501 nm. Wir werden sie nicht voneinander trennen.
Supernova-Überrest im Schwan, hier festgehalten im Licht von OIII und H-Beta
Schwefel (S): Dem neutralen Schwefel (SI) geht im heftigen UV-Licht ebenfalls ein Elektron verloren. Einfach ionisiert, lautet sein Kürzel dann SII. Bei der Rekombination des freien Elektrons mit einem andern bereits ionisierten Schwefelatom wird abermals Licht in zwei extrem eng benachbarten Spektrallinien emittiert: 672 und 673 nm.

Somit haben wir sechs wichtige Emissionslinien, von denen aber jeweils zwei eng benachbart sind. Vereinfachend können wir also von vier Spektralbereichen sprechen:

  • H-Alpha (rot)
  • OIII (grün)
  • H-Beta (blaugrün)
  • SII (rot)

Obige Reihenfolge spiegelt die fallende Helligkeit in ausgedehnten Emissionsnebeln wider: Dort wird Wasserstoff vom UV-Licht angeregt, Sauerstoff und Schwefel werden sogar ionisiert.
Durch ein Spektralgitter fotografiert, bildet sich der Orionnebel (ganz rechts) mehrfach ab - je nach Emission etwas weiter links
Bei Planetarischen Nebeln ist es ähnlich, wenngleich die rote H-Alpha-Linie dort weniger prominent auftritt. Oft schimmern diese Objekte grünlich, wegen der OIII-Emission.
Im Spektrum des NGC 6572 domoniert der doppelt ionisierte Sauerstoff (OIII)
Es gibt aber auch bläuliche Exemplare: Dort führt die H-Beta-Emission Regie.
Der NGC 6905 leuchtet bläulich - und zwar wegen der starken H-Beta-Emisssion
Supernova-Überreste (SNRs) sind ebenfalls gasförmig. Dort gesellen sich noch Emissionslinien anderer Elemente hinzu - wie etwa jene von Helium, Eisen oder Nickel.
Der Veil-Nebel im Schwan, ein SNR - hier im Licht von H-Alpha, OIII und H-Beta
Ausgedehnte Emissionsnebel muten visuellen Beobachtern nur schemenhaft grau an. Lediglich beim außergewöhnlich hellen Orionnebel (M42) berichten Besitzer großer Amateurteleskope mitunter von zarten Grüntönen. Von der roten H-Alpha-Emission oder gar vom tiefroten SII-Licht merken sie nichts. Ihren Augen mangelt es nachts im Roten an Empfindlichkeit.

Unterm Strich nimmt man auch im Teleskop bloß die Emissionen H-Beta und OIII im Blaugrünen bzw. Grünen wahr, also Licht im Bereich von 486 bis 501 nm. Dieser Schein reicht bei den Emissionsnebeln nicht, um Farbeindrücke zuzulassen.
Der Orionnebel (M42) porträtiert in OIII und H-Beta
Anders ist das bei den Planetarischen Nebeln: Dank ihrer fast sternähnlich kleinen Dimension erzielen diese Objekte eine vergleichsweise hohe Flächenhelligkeit. Etliche fallen im Teleskop durch ihren grünen oder blaugrünen Teint auf. Auch hier sind die OIII- bzw. die H-Beta-Emissionen federführend.
Der Saturnnebel (NGC 7009) im Sternbild Wassermann
Filter helfen bei Emissionslinienspektren

Der Himmelshintergrund ist oft aufgehellt, von künstlicher Lichtverdreckung oder vom Mondlicht. Nebel ertrinken leicht darin. Um den Kontrast zu erhöhen, wählen visuelle Fernrohrbetrachter gern Filter. Die sollen bloß den genannten Bereich von 486 bis 501 nm zum Auge vorlassen, alle anderen Wellenlängen aber blockieren. Der Hintergrund wird solcherart eingedunkelt. Beliebt dafür sind UHC-Filter (Ultra High Contrast) bzw. Light Pollution Filter.

Himmelsfotografen haben mehr Glück: Die Sensoren spezieller Astrokameras und astromodifizierter DSLRs sind, anders als das Auge, selbst im Rot noch sehr empfindlich. Sie nehmen auch die prominente H-Alpha-Emission und eventuell auch die schwächere SII-Emission wahr. Unterm Strich steht somit wesentlich mehr Licht zur Verfügung. Außerdem addieren sich die Lichteindrücke während der oft minutenlangen Belichtungszeit - ein ungemeiner Vorzug gegenüber dem menschlichen Auge.
Um das Kunstlicht und etwaigen Mondschein wegzusperren, setzen auch Himmelsfotografen Filter ein: Moderne UHC-Filter dunkeln alles ab - außer das Licht der vier hellen, oben genannten Emissionen im Blaugrünen, Grünen, Roten und Tiefroten. CLS-Filter leisten ähnliches, agieren aber etwas toleranter gegenüber weiteren Wellenlängen.

Spezielle Interferenzfilter besitzen Bandbreiten von z.B. nur 6 nm: Die lassen sogar nur einzelne Emissionen zum Sensor vor - entweder H-Alpha, OIII, H-Beta oder SII. Solche Bandfilter setzt man gern mit den besonders empfindlichen monochromatischen Astrokameras ein: Aus drei solcher schwarz-weiß-Aufnahmen bastelt man später Farbfotos.
Deep Sky Objekte mit kontinuierlichem Spektrum

Sterne besitzen ein kontinuierliches Spektrum, senden also Licht aller Wellenlängen gleichzeitig aus. Lesen Sie hier näheres zu den Sternfarben.

Bei Offenen Sternhaufen sammelt ein Teleskop großer Öffnung genug Licht, um uns wenigstens die helleren Sterne in Pastellfarben zu zeigen. Vor allem rötliche Riesensterne fallen hier mit leicht gelb- oder orangefarbiger Tönung auf. Einschlägige Fotografien zeigen auch heiße, bläuliche Sterne.
Der Offene Sternhaufen M35 in den Zwillingen
Bei den dicht gedrängten Kugelhaufen am Rande unserer Galaxis gelingt die Auflösung in Einzelsterne nur teilweise. Diese helleren Sterne mögen dann, speziell auf Fotografien, ebenfalls unterschiedliche Kolorierungen zeigen.
Der Kugelhaufen M2 im Sternbild Wassermann
Reflexionsnebel streuen das weiße Licht eingebetteter Sterne. Wird Licht an sehr kleinen Teilchen gestreut, ist blaue Strahlung bevorzugt. Auf Fotografien sind solche Nebel deshalb leicht bläulich. Visuell werden wir schon froh sein, ein ganz mattes Grau zu erspähen.
Der NGC 1977 im Orion
Galaxien bestehen aus Milliarden Einzelsternen. Mit dem Auge am Teleskop machen wir nur deren gemeinsamen, der Distanz wegen schwachen und somit grauen Schimmer aus. Hochauflösende Aufnahmen können bei näheren Galaxien aber dort existierende, rötliche Emissionsnebeln zeigen; ebenso leicht bläuliche Sternentstehungsgebiete und gelbliche Regionen voll mit alten Sternen.

Dunkelnebel zeigen sich als unbeleuchtete, sternarme "Löcher" im Band der Milchstraße bzw. als scharfe Kanten bzw. Einbuchtungen in Gasnebeln. Visuell sind diese Scherenschnitte schlicht schwarz. Auf langbelichteten Aufnahmen erkennt man mitunter bräunlich-rote Töne.


Filter helfen bei Kontinuumspektren wenig

Wegen des kontinuierlichen Spektrums unterscheidet sich das Licht der hier genannten Himmelsobjekte kaum vom Mondlicht oder dem Widerschein künstlicher Lichtquellen.

Um den Himmelshintergrund abzudunkeln, wählen visuelle Beobachter bei Offenen Sternhaufen oder Kugelhaufen gern höhere Vergrößerung. Fotografen tun es ihnen mit längeren Brennweiten gleich. Bei nichtstellaren, flächigen Objekten wie Reflexionsnebeln oder den Galaxien versagt dieser Trick jedoch.

Auch Filter helfen da wenig. Die Gläser wissen nicht, ob Photonen gleicher Wellenlänge aus den Weiten des Alls oder von hirnlos angebrachten Beleuchtungskörpern herrühren.

Man kann bloß versuchen, ganz besonders ekelhaftes Kunstlicht - wie das Orangegelb der Natriumlampen von Stadtautobahnen - wegzufiltern. Allerdings sperrt man so auch das Orangegelb aus dem Licht von Deep Sky Objekten aus.
Alle Angaben ohne Gewähr
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