Sirius - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Sirius - der hellste Fixstern
Knallen zu Silvester die Sektkorken, steht Sirius im Osten Österreichs genau im Süden. Er ist der hellste Fixstern, wird zur Jahreswende 2024/25 allerdings von den Wandelsternen (Planeten) Jupiter und Mars an Glanz übertroffen. Für Bewohner nördlicher Breiten ist das der nächste Fixstern, den man mit freiem Auge sehen kann: Es gibt ein paar nähere Zwergsterne, doch für sie alle braucht man optische Instrumente.
Prominentes Gestirn

Im dritten Jahrtausend v. Chr. fiel das alljährliche erste Sichtbarwerden des Sirius in der Morgendämmerung mit der Nilflut zusammen. Sie war lebensnotwendig für Ägypten. Daher beobachteten und verehrten die dortigen Priesterastronomen diesen Stern ganz besonders.

Die Griechen zeichneten das Sternbild Großer Hund um ihn herum. Sie machten Sirius ursächlich für die Sommerhitze verantwortlich. Ebenso die Römer, die dem Stern rotfellige Hunde opferten.

Unser Begriff „Hundstagegeht darauf zurück. Man bezeichnet damit die heißesten Tage des Sommers, meist zwischen 23. Juli und 23. August gelegen.
Ein Nachbar im All

Im 17. Jahrhundert hielten Astronomen die Fixsterne bereits für Sonnen ähnlich der unseren. Einer der aller ersten war Giordano Bruno (Artikel) gewesen: Er hatte diesen Sachverhalt bereits um 1585 erkannt, und zwar aus rein philosophischen Erwägungen. Für Bruno besaßen die Sterne aber höchst unterschiedliche Leuchtkräfte. Aus ihrer scheinbaren Helligkeit am irdischen Himmel konnte man daher nicht auf deren Distanzen schließen.

Spätere Astronomen verwarfen diesen klugen Gedanken - wohl auch aus praktischen Gründen. Wie sie unterstellten, wären alle Sterne in Wahrheit gleich leuchtkräftig wie unser Tagesgestirn. Damit wären ihre ungleichen Helligkeiten am Himmel ausschließlich die Folge unterschiedlicher Distanzen gewesen. Sirius, der hellste Fixstern, stünde der Erde somit am allernächsten.
Doch wie weit war er nun entfernt? Christian Huygens, James Gregory und Isaac Newton verglichen die scheinbare Helligkeit des Sirius mit jener der Sonne. Das Unterfangen war denkbar schwierig: Man setzte auf den Glanz der Venus als Brücke.

Die ganze Geschichte führte zu höchst widersprüchlichen Ergebnissen. Gregory setzte 1668 den Sirius in 83.000-fache Sonnendistanz. Huygens kam 1698 auf die 28.000-fache Entfernung. Isaac Newton fand einen millionenfachen Sonnenabstand. Er kam der wahren Größenordnung (eine halbe Mio. Sonnenabstände) noch am nächsten.

Alle anderen Sterne, so dachte man, wären entsprechend ihrer geringeren Helligkeit am Himmel entsprechend weiter von uns entfernt. Manche errechneten deren vermeintlichen Distanzen in "Siriusweiten".

Die ganze Sache stellte sich später als Trugschluss heraus. Sterne besitzen tatsächlich höchst unterschiedliche Leuchtkraft. So strahlt der Sirius deutlich mehr Licht in den Raum als unsere Sonne. Wie man endlich heraus fand, trennen uns 8,6 Lichtjahre von dieser Welt.


Warum ist Sirius der hellste Fixstern?

Am irdischen Himmel strahlt Sirius mit -1,5 mag. Seinetwegen muss man die klassischen Größenklassen bei Fixsternen also ins Negative hin erweitern. Für den Ehrentitel "Hellster Fixstern" zeichnen unterm Strich Leuchtkraft und Nähe des Sirius verantwortlich.
Die höhere Leuchtkraft verdankt Sirius seiner im Vergleich zur Sonne gut doppelt so großen Masse. Weil diese heftiger aufs Sternzentrum drückt, schnellt die Temperatur im inneren Fusionsreaktor höher. An seiner Oberfläche ist Sirius daher 9.600 Grad C heiß (Sonne 5.500 C). Er ist zwei Spektralklassen höher anzusiedeln: Sirius gehört zur Klasse A, unsere Sonne zur Klasse G.

Der Schwerpunkt von Sirius' Strahlung rückt im Vergleich zu unserer Sonne mehr ins Bläuliche. Sein Schein mutet uns daher nicht neutral weiß an. Sirius zeigt ein "kaltes" Weiß, also eine Tönung mit einem winzigen Schuss pastellhaftem Blau. Sirius besitzt außerdem den 1,7 fachen Durchmesser der Sonne. Hitze und Durchmesser zusammen erklären, warum er 25 mal mehr Licht ins All strahlt als unser Tagesgestirn.

Allerdings gehen dermaßen heiße Sterne auch verschwenderischer mit ihrem Wasserstoffvorrat um. Astronomen weisen dem Sirius ein entsprechend geringeres Alter zu. Er soll 19 mal jünger sein als unsere Sonne und erst seit 240 Mio. Jahren existieren. In dieser Zeit dürfte er das Milchstraßenzentrum bloß ein einziges Mal komplett umrundet haben.
Farbeindrücke

Dieses "kalte Weiß" zeigt sich, wenn wir Sirius im Fernglas oder Teleskop anvisieren. Bei flächigen Objekten tut sich unser Auge bei Farbwahrnehmungen leichter: Daher stellen wir das optische Gerät ein wenig unscharf, verwandeln den Sirius in ein Scheibchen.
Auch das Funkeln der Sterne, verursacht durch Turbulenzen der irdischen Luft, fällt uns beim Sirius leichter auf als bei schwächeren Sternen. Im Fernrohr scheint es kaum eine Farbe zu geben, in die er sich nicht zumindest einen Augenblick lang hüllt.

Farbe und Helligkeit fluktuieren dabei chaotisch um ihren Mittelwert.  
In alten Berichten erhielt Sirius oft das Attribut "Rot". Astrophysikalisch kann sich seine Farbe nicht geändert haben.

Vielmehr beobachtete man Sirius im Altertum vor allem beim Sichtbarwerden in der Morgendämmerung, wenn er noch tief über dem Osthorizont stand.

Dort verfärbte ihn die Extinktion der irdischen Lichthülle ähnlich wie den Mond bei seinem Aufgang.
Ein Fixstern in Bewegung

Es ist ein wenig wie im Straßenverkehr. Die Bewegung naher Fahrzeuge sticht uns rascher ins Auge als jene von weit entfernten. Im Kreisverkehr rund ums Milchstraßenzentrum ist das ähnlich. Die schnelle Eigenbewegung eines Sterns relativ zu den anderen gilt Astronomen daher als Indiz für eine besondere Erdnähe.
Sternbewegungen im Großen Hund über 10.000 Jahre in die Zukunft (Guide 9.1)
Die unterschiedlich rasche Bewegung der Sterne verzerrt die altvertrauten Sternbilder - darunter auch den Großen Hund - im Lauf der Zeit und löst diese irgendwann völlig auf. Fixsterne sind also bloß im Vergleich zu Wandelsternen "fix" an der scheinbaren Himmelskugel montiert.

In Wirklichkeit unterliegen auch sie einer, wenngleich äußerst gemächlichen, Wanderschaft: Der stellaren Eigenbewegung.

Diese Eigenbewegung der vorgeblichen „Fixsterne“ fiel erstmals dem englischen Astronomen Edmond Halley auf. 1717 verglich er den antiken Sternkatalog von Ptolemäus mit dem des Tycho Brahe aus dem 16. Jahrhundert.
Vier Sterne (Aldebaran, Sirius, Beteigeuze und Arcturus) hätten ihre Position am Sternenzelt verschoben, schloss Halley; Sirius sogar um einen ganzen Vollmonddurchmesser.



Links: Claudius Ptolemäus hinterlies um 150 n. Chr. einen epochalen Sternkatalog. Hier seine Figur am Schönen Brunnen in Nürnberg
Seither galt Halley als Entdecker der stellaren Eigenbewegung. Allerdings mehrten sich später Zweifel an dieser Ehre: Halley wäre bloß Messfehlern bei Ptolemäus und Brahe aufgesessen, meinte etwa Jacques Cassini 1740, Sohn des großen Astronomen Giovanni Cassini, nach sorgfältigen Studien. Andere Forscher schlossen sich dieser Meinung an und kürten Jacques selbst wegen seiner Messungen am Arcturus zum wahren Entdecker der stellaren Eigenbewegung.

Die Eigenbewegung des Sirius an der scheinbaren Himmelskugel beträgt pro Jahr -0,55 Bogensekunden in Rektaszension (RA) sowie -1,22 Bogensekunden in Deklination (De). Das ergibt einen Vollmonddurchmesser in 13 bis 14 Jahrhunderten.

Theoretisch ist eine derart rasche Bewegung mit astrometrischen Mitteln schon nach wenigen Jahren nachweisbar. Je mehr Zeit zwischen zwei präzisen fotografischen Positionsmessungen verstreicht, umso verlässlicher wird das Ergebnis.

Doch leider erschwert gerade die enorme Helligkeit des Sirius jede Messung. Belichtet man lange genug, um Vergleichssterne auf das auszumessende Foto zu bekommen, wird der Hundsstern hoffnungslos überbelichtet. Er gerät zu einer riesigen Scheibe, deren Mitte sich nur mit Unsicherheiten bestimmen lässt.

Trotzdem gelang es mir offenbar, die Eigenbewegung des Sirius nachzuweisen - mit Aufnahmen im Fokus meines LX90-Teleskops (Brennweite 2.000 mm). Zwischen ihnen verstrichen knapp 7 Jahre.
Sirius-Position 27.3.2017
Meine Messung:  RA: 6h 45m 07,98s    De: -16°43'20,9" (2000)
Guide nennt:    RA: 6h 45m 08.2360s  De: -16 43' 19.088"

Sirius-Position 25.2.2024
Meine Messung:  RA: 6h 45m 07,83s    De: -16°43'28,8" (2000)
Guide nennt:    RA: 6h 45m 07.9777s  De: -16°43'27.671"

Differenzen:    RA: -2,15"    De: -7,9"    in 6,9 Jahren
Per anno also:  RA: -0,3"     De: -1,1"    Betrag: 1,1"
Offiziell:      RA: -0,55"    De: -1,2"    Betrag: 1,3"
Sirius' Glanz versteckt die Nachbarn

Die enorme Lichtfülle hat noch weitere astrometrische Konsequenzen. Professionelle, fotografische Himmelsatlanten zeigen rund um den Sirius herum eine Art "blinden Fleck". Bei geschickter Belichtung hält ein Amateurfoto daher Sterne im Umfeld des Sirius fest, die in den offiziellen Sternkatalogen und -karten schlicht fehlen.

Das belegen die folgenden Illustrationen. Oben sehen Sie mein Foto, unten den entsprechenden Kartenausschnitt, erstellt mit der formidablen Software Guide. Näheres dazu hier.
Ein Zwerg als Begleiter

Friedrich Wilhelm Bessel bemerkte 1844: Sirius zog nicht geradlinig dahin, sondern folgte quasi einer Schlangenlinie. Offenbar wurde sein Lauf rhythmisch von einem unentdeckt gebliebenen Begleiter gestört.

Obwohl man diesen selbst im besten Teleskop nicht sehen konnte, versuchte Bessels deutscher Landsmann Christian Peters 1861 die Daten des Störenfrieds zu errechnen. Demnach sollte der Begleitstern gut sechs Jupitermassen besitzen und seinen Hauptstern alle 50 Jahre einmal umrunden.

1862 erspähte der US-Instrumentenbauer Alvan Graham Clark (Clark & Sons baute auch den Refraktor für die Westkuppel der Wiener Uni-Sternwarte) diesen rätselhaften Störenfried beim Testen einer 47 cm weiten Teleskoplinse: Der neuentdeckte Sirius B erhielt den Spitznamen „Pup“ (engl., Welpe). Sirius ist also ein Doppelstern.

Dieser Sirius B und der altvertraute helle Hundsstern, nun Sirius A genannt, umrunden einander tatsächlich alle 50 Jahre. Doch bei der Masse hatte sich Peters arg vertan: Gebe es eine kosmische Waage, würde Sirius B in Wahrheit gleich viel wiegen wie unsere eigene Sonne. Trotzdem hat er bloß wenige Prozent ihrer Leuchtkraft!

1915 verrieten Sternspektren: Dieser „Welpe“ strahlte zweieinhalbmal heißer als sein Partner Sirius A und müsste schon deshalb mehr Licht ins All strahlen.

Einzige Lösung: Sirius B musste sehr, sehr klein sein. Tatsächlich drängen sich dort etwa 330.000 Erdmassen in einer Kugel von Erdformat zusammen. Das ist nur in einem hochkompakten Objekt enormer Dichte möglich. Die Existenz derartiger Objekte faszinierte die Menschen damals fast so sehr, wie es heute die Schwarzen Löcher tun.

Nach Jahrzehnten des Rätselratens bürgerte sich im 20. Jh. der Titel "Weißer Zwerg" für einen derartigen Himmelskörper ein.

Einst muss der heutige Zwergstern Sirius B sogar viel mehr Masse als Sirius A besessen haben. Doch genau deshalb alterte er rascher. Er blähte sich auf, blies den Großteil seiner Materie in den Raum. Der freigelegte Sternenkern, also der einstige, jetzt inaktive Fusionsreaktor, blieb zurück.

Sirius B ist somit eine Sternleiche - eine unfassbar dicht gepackte Kugel aus Kohlenstoff und Sauerstoff. Sie kühlt langsam, im Laufe von Jahrmilliarden, aus. Unsere Sonne wird das gleiche Schicksal in etwa sechs Milliarden Jahren ereilen.
Mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,5 mag wäre Sirius B leicht im Fernglas zu erspähen. Doch der helle Sirius A überstrahlt ihn. Mit Amateurteleskopen beißt man sich hier meist die Zähne aus.

Um den Zwergstern sichtbar zu machen, muss man möglichst viel Licht von Sirius A loswerden.
Dazu bedient man sich des optischen Phänomens der Beugung, die meist eher stört und als nützt.

Eine quadratischen Maske vor dem Objektiv lenkt etwa Licht des Sirius A seitlich aus. Man dreht sie so, dass Sirius B zwischen den Lichtspitzen zu liegen kommt. Visiert man Sirius während seiner Kulmination an, also bei seinem Höchststand im Süden an, sollte ein Eck der Maske nach unten zeigen.

Die folgende Masken-Aufnahme aus dem Jahr 2022 zeigt Sirius B: Der Winzling klebt oben links direkt am Sirius A.
Ein besseres Foto des Sirius B gelang mit dem Alvan Clark-Refraktor unter der Westkuppel der Uni-Sternwarte in Wien: Dank des ausgezeichneten Objektivs von 30 cm Öffnung brauchten die dort tätigen Amateurastronomen offenbar nicht einmal eine Maske.
Beobachtungsaufgaben

  • Begrüßen Sie das Neue Jahr mit einem Blick zum Sirius!
  • Wie nehmen Sie das Funkeln des Sirius mit freiem Auge und im Fernglas wahr?
  • Gelingen Ihnen Farbwahrnehmungen bei unscharf gestelltem Instrument?
  • Welche Farben tauchen augenblicksweise auf?
  • Welche durchschnittliche Farbe zeigt Sirius?
  • Schaffen Sie es, Sirius B im Fernrohr zu erspähen?


Fotografische Aufgaben

  • Halten Sie das Umfeld des Sirius mit großer Brennweite fest
  • Können Sie die Positionen dieser Sterne astrometrisch vermessen?
  • Finden Sie eine Möglichkeit, die Eigenbewegung des Sirius nachzuweisen?
  • Gelingt es Ihnen, Sirius B zu fotografieren?
Alle Angaben ohne Gewähr





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