Deep Sky
Deep Sky Objekte sind - in der Regel lichtschwache - Himmelsobjekte außerhalb unseres Sonnensystems. Der Begriff wurde allerdings nie verbindlich definiert. Er geht letztlich auf das US-Magazin Sky & Telescope zurück, das ihn seit den Vierzigerjahren verwendet.Der sehr verbreitete Deep Sky Reiseführer von Ronald Stoyan reiht jedenfalls auch Doppel- und Mehrfachsterne sowie Veränderliche unter die Deep Sky Objekte.
Nebel ist nicht Nebel
Sinkt eine Wolke zur Erdoberfläche herab, steht man im Nebel. Dann spaziert man eigentlich durch eine Wolke hindurch. Eine hübsche Vorstellung, wie ich finde.Nebel ist diffus. Er zerfällt nicht in klare Strukturen.Objekte am Sternenhimmel, die nebelartig bzw. wie ferne Wölkchen aussehen, werden traditionell als Himmelsnebel oder Nebel (lat. nebula, Mehrzahl nebulae) bezeichnet. Beim Blick durchs Teleskop zerfallen manche in Haufen von Sternen. Bei den Galaxien gelang dies nicht vor 1923. Andere Himmelsnebel bestehen aber tatsächlich nur aus Gas- und Staub - wennschon mit einigen Sternen darin.
Die Landessternwarte Heidelberg im Nebel
Überwiegend geringe Helligkeit
Sowohl beobachtungstechnisch als auch fotografisch ist die Helligkeit bzw. Flächenhelligkeit eines Objekts entscheidend - ganz egal, ob es sich nun um ein DSO oder um ein Mitglied unseres Sonnensystems handelt. Deep Sky Objekte sind in der Regel lichtschwach (was freilich auch für die allermeisten Objekte des Sonnensystems gilt). Ausnahmen sind etwa die Hyaden, die Plejaden oder der Orionnebel.Die überwiegende Zahl der Deep Sky Objekte ist für den visuellen Beobachter am Fernrohr herausfordernd (ähnlich wie auch ein schwacher Komet oder Asteroid in unserem Sonnensystem). Es braucht einen stadtfernen Standort mit dunklem Himmel, indirektes Sehen und ein Teleskop mit möglichst großer Öffnung.Fotografisch ist das kaum anders: Während man einige wenige Objekte schon mit der Kamera am Stativ festhalten kann, braucht es für die allermeisten anderen - neben einem möglichst dunklen Himmel - spezielle Aufnahmegeräte bzw. Verfahren. Dazu zählen Nachführung, große Objektivöffnung, Stacking und Kalibrierungsaufnahmen, eventuell auch Filter. (Ähnliches gilt freilich auch für die meisten Objekte unseres Sonnensystems).
Fläche versus punktförmig
Flächige Objekte mit einem kontinuierlichen Spektrum lassen sich nur schwer aus der städtischen Lichterflut herausarbeiten. Sie unterscheiden kaum vom aufgehellten Himmelshintergrund. Am ehesten hilft ein Standortwechsel; Filter bringen hier relativ wenig.Konzentriert sich die Lichtabgabe flächiger Objekte hingegen auf wenige Spektralbereiche, kann man mit Filtern überflüssige Spekralbereiche zu unterdrücken suchen. So lässt sich der Lichtverdreckung womöglich ein Schnippchen schlagen. Visuell gelingt dies am besten bei den Planetarischen Nebeln (s.u.). Da Filter auch dem Objekt selbst Licht kosten, erfordert ihr Einsatz längere Belichtungszeiten und damit eine sehr genaue Nachführung.Die Wahl hoher Vergrößerungen dunkelt Flächen ein, nicht aber punktförmige Objekte: Daher treten Sterne vor dem Hintergrund hervor. In der Stadt wird man sich, will man Deep Sky Objekte beobachten, auf Offene Sternhaufen und Kugelsternhaufen (s.u.) konzentrieren. Fotografisch erreicht man den gleichen Effekt durch den Einsatz großer Öffnungen und langer Brennweiten (Öffnungszahlen von 8, 10, 16 usw.).
Dauerdämmerung: Der lichtbesudelte Himmel Wiens ertränkt die meisten Deep Sky Objekte
Objektkategorien
Generell ist es wie mit Sternen: Die meisten bevölkern die Milchstraßenebene, doch aus unserer Perspektive erblicken wir viele auch an anderen Stellen des Himmels. Ähnliches gilt für Deep Sky Objekte. Auch da finden wir viele in oder am Rande der Milchstraße; dennoch gibt es genug Ausreißer fern der Milchstraßenebene. Nur bei den Galaxien - sie weilen ja definitiv außerhalb unserer Milchstraße - ist es genau umgekehrt. Sie scheinen die Milchstraße zu meiden: Ihr Licht wird dort von allzu viel Staub geschwächt.Als stadtgebundener Beobachter besitze ich mit manchen Objektkategorien mehr Erfahrung als mit anderen: Wo ich nichts zu sagen weiß, erspare mich mir den Link auf eine ausführlichere Seite.
Diese winzigen, flächigen Gaswolken sind abgestoßene Sternhüllen. Im Fernrohr wirken sie ihrer Kleinheit wegen oft überraschend hell. Der meist blaugrünliche, türkise oder grüne Farbton rührt vom Wasserstoff und vom doppelt ionisierten Sauerstoff her (H-Beta, OIII; in geringerem Maße H-Alpha). Spezielle Filter heben daher den Kontrast zum Hintergrund.
NGC 6818 - ein Planetarischer Nebel im Schützen
Die flächigen Nebel bleiben nach bestimmten Supernova-Explosionen zurück. Diese kurzlebigen Gebilde sind eher lichtschwach. Bei manchen SNRs erleichtern Filter die Sichtbarkeit, bei anderen nicht.
M1 - ein Supernovaüberrest im Sternbild Stier
Dies sind flächige, oftt ausgedehnte Gas- und Molekülwolken (v.a. aus Wasserstoff, H), in denen meist gerade Sterne geboren werden. Oft strahlen die vom Sternenlicht angeregten Gasnebel besonders viel Licht in spezifischen Spektralbereichen ab (SII, H-Alpha und H-Beta, OIII): Fotografen mit entsprechenden Filtern holen sie aus dem aufgehellten Himmel heraus.
M8 ist untypisch hell für Emissionsnebel
Hier streut Staub im All das Licht von zumeist jungen, leuchtkräftigen Sternen. Auf Fotos erscheinen diese flächigen Objekte zumeist etwas bläulich, was auf ultrafeine Staubteilchen (Größe ähnlich Rauchpartikeln) hinweist. Ansonsten ist das Lichtspektrum kontinuierlich - wie auch das des Mondes bzw. der städtischen Lichterflut. Filter helfen daher nur bedingt. Für mich als Wiener sind das leider keine Beobachtungsobjekte mehr.
NGC 1977 im Sternbild Orion
Wird kosmischer Staub nicht angestrahlt, bleibt er dunkel und unsichtbar. Er kann sich bestenfalls als schwarze Shilouette vor hellerem Sternenhintergund oder vor einer (von Sternen angeregten) leuchtenden Gaswolke bemerkbar machen. Einen dieser Dunkelnebel zeigt, fern der Großstadt, schon das freie Auge: Es ist der dunkle große Spalt in der Milchstraße (engl.: Great Rift) zwischen Schwan und Adler.
Dunkelwolken in der Milchstraße - Ultraweitwinkelfoto
GalaxienHier haben stadtgebundene Beobachter wie ich längst die berühmte A....karte: Denn das Spektrum der fernen, flächigen Welteninseln ist kontinuierlich. Es unterscheidet sich bloß wenig vom heutigen städtischen Lichtercocktail. Fern der Stadt sind die allernächsten eigenständigen Galaxien hingegen sogar freiäugig zu erblicken, viele mehr tauchen dort v.a. am Frühlingshimmel in Fernglas und im Fernrohr auf.
M66 - eine vergleichsweise helle Galaxie im Sternbild Löwe
Im Zentrum fast jeder Galaxie hockt ein massereiches Schwarzes Loch. Vor allem in jungen Galaxien wird es mit enormen Materiemengen gefüttert. Dann strahlt das Galaxienzentrum quasi stellar, also punktförmig, auf. Sieht man der Distanz wegen praktisch nur diesen Punkt, aber nicht die Galaxie rundum, spricht man von einem Quasar. Leider ist selbst der nächste Quasar 2,4 Milliarden Lichtjahre entfernt und lichtschwach wie ein Stern der 13. Größenklasse.
Der hellste Quasar: 3C273
Hier ballen sich hunderttausende Sterne auf kleinem Raumgebiet zusammen. In der Mitte erscheint ein Kugelhaufen oft wegen unterschiedlicher Sternhelligkeiten gesprenkelt oder marmoriert; am Rande löst man ihn in Einzelsterne auf. Das Spektrum ist kontinuierlich, weshalb Filter wenig bringen. Der punktförmige Charakter der Sterne hilft beim Beobachten hingegen, speziell bei höherer Vergrößerung.
M13, der hellste Kugelsternhaufen am Nordhimmel
Wir sehen hier dutzende oder hunderte Sterne auf engem Raum, die einst in der selben Molekülwolke geboren wurden. Anders als bei Kugelhaufen kann man zwischen den Mitgliedern hindurch schauen. Das Spektrum der Sterne ist jeweils kontinuierlich, ihre Punktförmigkeit erleichtert die Beobachtung in der Stadt wesentlich. Im Winterhalbjahr stehen mehrere Offene Haufen hoch am Himmel.
M38 im Fuhrmann
Kataloge, Kataloge
Himmelsobjekte werden in sogenannten Katalogen zusammen gefasst. Der unter Amateuren berühmteste Katalog für alles "Nebelartige" ist der Messier-Katalog des Franzosen Charles Messier. Er wurde erstmals 1771 publiziert und sollte ursprünglich den Kometenjägern helfen, nicht immer von Deep Sky Objekten genarrt zu werden.Die in diesem frühen Katalog enthaltenen Objekte eignen sich auch für kleine Instrumente. Ihre Bezeichnung beginnt mit dem Buchstaben M. Die Plejaden werden z.B. als M45 gereiht. Für die ausgedehnten Hyaden gibt es keinen Eintrag - hier bestand definitiv keine Verwechslungsgefahr.
Bei seinen Himmelsdurchmusterungen stieß der ehemalige Musiker und nunmalige Hofastronom Wilhelm Herschel auf zahllose weitere Nebel.
Wilhelm Herschel und sein Sohn John trugen tausende Deep Sky Objekte zusammen. Mit Ergänzungen anderer Astronomen wurden in Summe an die 7.800 Funde im 1888 publizierten New General Catalogue zusammengefasst. Solche Objekte beginnen mit dem Kürzel NGC.Dieser Katalog erfuhr Erweiterungen durch die beiden IC-Kataloge. NGC-Objekte eignen sich oft als Ziel für Himmelsfotografen. Andere Kataloge folgten.
Vermeintliche Entwicklungsreihe
Herschel-Porträt in Wilhelm Meyers populärem Werk "Weltgebäude" (1914)
Der österreichische Komponist Joseph Haydn besuchte Wilhelm Herschel in England. Der Blick durchs Teleskop erschütterte den frommen Rohrauer.Nach langem, schweigenden Staunen soll er ein stockendes „so hoch ... so weit“ hervor gebracht haben. Vielleicht war ihm dieses Erlebnis Inspiration zum Oratorium Die Schöpfung. Darin folgte Haydn dem biblischen Schöpfungsbericht.Für seinen ehemaligen Musikerkollegen Herschel war die Schöpfung hingegen kein abgeschlossener Akt: Sein Kosmos befand sich vielmehr in einem stetigen Prozess der Veränderung - einem, der noch nicht abgeschlossen war.
Herschels kosmische Entwicklungsreihe
Herschel versuchte erstmalig, eine Entwicklungsgeschichte der Himmelsnebel zu formulieren.Aus heutiger Sicht ist seine Entwicklungsreihe der Deep Sky Objekte falsch. Zu würdigen bleibt jedoch sein im Grunde richtiger Gedanke, den kosmischen Objekten eine dynamische Geschichte und Zukunft zuzugestehen.
Herschels Zeitgenossen lehnten diese Idee aus religiösen Gründen ab. Für sie war die Welt einst fertig geschöpft worden: Eine "Entwicklung" war nicht vorgesehen.
Literatur
Deep Sky ReiseführerRonald Stoyans Werk gilt geradezu als Standardliteratur zur Beobachtung von Sternhaufen, Gasnebeln oder Galaxien. Für die meisten der vielen hier beschriebenen Objekte braucht man einen Beobachtungsplatz fern der Stadt.Sterne beobachten in der StadtKlaus M. Schittenhelm stellt Touren am Himmel zusammen, die für die Balkonsternwarte taugen; darunter befinden sich auch die aller hellsten Deep Sky Objekte. Schwächere sind von der Stadt aus nicht mehr zu sehen.
In der Stadt fährt man besser mit Automatik
Traditionell hantelt man sich bei der Suche von Deep Sky Objekten von helleren Sternen ausgehend Sternchen für Sternchen Richtung Ziel weiter: Ein Vorgang, den man Starhopping nennt.Weil diese Sternchen der Lichtverdreckung wegen für Stadtbewohner mittlerweile unauffindbar sind, empfehle ich lieber Teleskope mit GoTo-Funktion. Diese fahren die ausgewählten Objekte von selbst an.
GOTO-Teleskope halten auf Wunsch sogar vorerst bei einem nahe gelegenen, helleren Stern an. Das verbessert die Zielgenauigkeit und gibt dem Beobachter Gelegenheit, nochmals Nachzufokussieren.Trotzdem wird man am Ort des gewünschten Deep Sky Objekts oft schier gar nichts mehr erkennen können. Dank GOTO weiß man: An einem missglückten Starhopping kann's nicht gelegen haben.
Also wendet man sich ohne weiteren Zeitverlust dem nächsten Deep Sky Objekt zu.
Suche per Notebook und PC
Desktop-Programme wie Guide (Project Pluto, USA) gestatten es, die Symbole verschiedener Objektkategorien unterschiedlich einzufärben: So erkennt man auf einen Blick, falls sich Objekte der gewünschten Kategorie in einer bestimmten Himmelsgegend zum Beobachten oder Fotografieren anbieten. Außerdem lassen sich Mindesthelligkeiten festlegen.
Guide zeigt hier gerade Offene Sternhaufen im Schild an
Steuert man Kamera und Teleskop mit der Software APT (Astro Photography Tool), braucht man die entsprechende Katalogbezeichnung des Objekts (beginnend meist mit M, NGC oder IC) nur noch aus einer umfangreichen Liste auswählen. Der Objektfilter auf die gewünschte Objektkategorie eingestellt (z.B. Type: Open Cluster).Zwei Klicks, und das Fernrohr richtet sich auf das gewählte Objekt aus.
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