Saturns Ringsystem
Saturn zeigt deutlich weniger Details als Jupiter oder Mars. Sein Ring stattet ihn jedoch mit majestätischem Glanz aus. Dessen Anblick ist keineswegs so statisch, wie es zunächst vielleicht den Anschein hat. Denn erstens zerfällt das Ringsystem in drei teleskopisch sichtbare Ringe. Und zweitens verändert sich unsere Perspektive von Jahr zu Jahr.
Galilei und der Saturn
Galilei erschienen die Planeten erstmals nicht als Lichtpunkte, sondern als kleine Kugeln - vollkommen rund und "wie mit dem Zirkel gezogen". Doch der Anblick des Saturn, des damals fernsten bekannten Planeten, verwirrte ihn. Im Teleskop schienen zwei kleinere, kugelige Gestalten die Planetenkugel an beiden Seiten zu berühren. Es war Galileo, als müsste sich der "Alte" auf zwei Diener stützen. Was Galilei nicht wusste: Diese beiden "Bediensteten" waren nichts anderes die hell anmutenden, seitlichen Teile eines Saturnrings.
Etwa so sah Galilei den Saturn - ein irritierender Anblick.
Zu seiner Überraschung verschwanden die beiden Begleiter im Frühjahr 1612. Über den Grund dieses merkwürdigen Phänomens wollte sich Galilei nicht recht äußern, aus Angst, eine etwaige Interpretation später wieder zurücknehmen zu müssen.
Heute wissen wir: Damals blickte Galilei ausgerechnet auf die feine Kante des äußerst schmalen Gebildes - weshalb es praktisch unsichtbar wurde.
Christiaan Huygens entlarvte es 1656 als frei schwebenden Ring. Links eine Zeichnung aus seinem Buch Systema Saturnium.
Giovanni Cassini machte in diesem Ring 1675 eine dunkle Lücke aus - die Cassinische Teilung. Cassini war es übrigens auch, der erstmals ein Wolkenband auf dem winzigen Saturnscheibchen erspähte.
Was sehen wir hier?
Die Ringe bestehen aus unzähligen winzigen Teilchen, und diese sind wiederum fast zur Gänze aus Wassereis geformt. In Summe umfassen sie nicht einmal die halbe Masse des Saturnmondes Mimas. Womöglich kam einst ein anderer, kleiner Saturnmond dem Planeten zu nahe und wurde von den Gezeitenkräften auseinander gerissen.
Das könnte vor etwa 400 Mio. Jahren geschehen sein - denn eine Studie vom Mai 2023 weist Saturns Ringen eben dieses jugendliche Alter zu. Saturn selbst entstand vor gut 4,5 Milliarden Jahren! Weil die Partikel langsam in dessen Atmosphäre stürzen, könnten die Ringe schon in 100 Mio. Jahren wieder verschwunden sein. Wir haben demnach Glück, den Planeten mit solch prächtigem Schmuck erleben zu dürfen.
Der Heiligenschein-Effekt
Wenige Tage um den Oppositionstermin am 8. September 2024 gewinnen die Saturnringe deutlich an Helligkeit. Hintergrund ist der sogenannte Oppositions-Effekt, auch Heiligenschein-Effekt, Seeliger-Effekt oder "Opposition Surge" genannt.
Denn mit der Sonne genau in unserem Rücken tritt bei den Ringteilchen die effiziente Rückwärtsstreuung ein. Außerdem fallen die Schatten der Ringteilchen aus unserer Perspektive dann genau hinter die Teilchen selbst - die Schatten, die sonst die Gesamthelligkeit dämpfen, verschwinden somit.
Das steigert die Helligkeit der Ringe und damit auch die Gesamthelligkeit des Planeten. Vielleicht gelingt es Ihnen, diesen zusätzlichen Glanz rund um den Oppositionstermin mit freiem Auge zu erkennen.
Die Saturnringe A, B und C selbst beobachten
Die Erde steht zur Zeit noch knapp nördlich der Ringebene; wir blicken derzeit also auf die Nordseite des schmalen Ringgebildes. Es zerfällt zunächst in den breiten, hellen B-Ring und den außen anschließenden, schmächtigeren und etwas weniger glänzenden A-Ring.
Zwischen A- und B-Ring liegt die an Materie arme und daher dunkle Cassini-Teilung: Sie fällt am ehesten an den sogenannten Ansen auf, den beiden äußeren Ringenden.
Eine Aufnahme aus einem früheren Jahr:
Hier deutlich zu erkennen ist die Cassini-Teilung zwischen dem helleren B- und dem außen anschließenden A-Ring.
Der jetzt nur noch schwer zu erkennende C-Ring hebt sich bloß bei ruhiger Luft von der Saturnkugel ab - als schmale, etwas dunklere Struktur zwischen Ring und Planet. Das gilt aber nur bis Mitte Spetember 2024! Danach wird der C-Ring von dem nach Norden wandernden Ringschatten überdeckt!
Anblick zum Oppositionstermin am 8. September 2024. Alle Grafiken erstellt mit Guide 9.0
Der Schatten der Planetenkugel auf dem Ring
Der Schatten der Planetenkugel findet sich vor der Opposition auf dem oberen, westlichen Ringabschnitt. Bildlich gesprochen, steht die Sonne hinter unserer linken Schulter. Schaltet man die Fernrohrnachführung ab, läuft der westliche Teil voran und verlässt das Gesichtsfeld des Okulars als erstes.
In den Tagen um den Oppositionstermin herum kommt der Schatten der Planetenkugel hinter eben dieser zu liegen - und wird somit unsichtbar. Die Sonne steht nun quasi über bzw. hinter unserem Kopf.
Nach der Opposition taucht der Schatten der Planetenkugel auf dem oberen, östlichen Ringabschnitt auf. Bildlich gesprochen, steht die Sonne nun hinter unserer rechten Schulter. Schaltet man die Fernrohrnachführung ab, läuft der östliche Teil dem westlichen hinterher und verlässt das Gesichtsfeld des Okulars als letztes.
Anblick ein Monat vor der Opposition: Der Ringschatten liegt noch südlich des Rings, der Schatten des Planeten westlich der Kugel.
Anblick ein Monat nach der Opposition: Der Ringschatten liegt jetzt nördlich des Rings, der Schatten des Planeten östlich der Kugel.
Der Schatten des Rings auf der Planetenkugel
Die beiden Grafiken oben illustrieren noch einen weiteren interessanten Vorgang. Heuer werden wir nämlich Zeugen eines besonderen Ereignisses: Der Schatten des Rings auf der Planetenkugel wechselt von der südlichen Seite auf die nördliche. Er marschiert also von unterhalb nach oberhalb des Rings.
Vor dem Oppositionstermin liegt er südlich, nach dem Oppositionstermin nördlich. Um den Oppositionstermin selbst fällt der Ringschatten exakt hinter den hellen Ring und ist für uns daher unsichtbar.
Abschied vom Norden
Noch blicken wir auf die Nordseite des Rings - und das vielleicht zum letzten Mal in unserem Leben. Mitte März 2025 würden wir theoretisch auf die Ringkante schauen, was die Ringe im Teleskop verschwinden ließe: Leider steht Saturn da unbeobachtbar am Taghimmel.
Bei der Saturnopposition im September 2025 fällt unser Blick bereits auf die Südseite des Ringsystems. Der Anblick des Rings ähnelt dann dem von 2024 - nur dass Saturn gleichsam "auf dem Kopf" zu stehen scheint. So bleibt das dann - mit von Jahr zu Jahr wachsender, später wieder sinkender Ringöffnung. Die Nordseite taucht erst Erde 2038 wieder auf.
Beobachtungsaufgaben
- Glänzt Saturn zur Opposition heller als 1 Woche davor bzw. danach?
- Machen Sie die Cassini-Teilung aus?
- Gelingt das nur an den Seiten oder auch in anderen Ringabschnitten?
- Sehen Sie die unterschiedlichen Helligkeiten des A- und des B-Rings?
- Ist Cassinis Vergleich mit "mattem" und "poliertem Silber" angebracht?
- Bemerken Sie den innersten, matten C-Ring vor der Opposition?
- Erkennen Sie die Wanderschaft des Planetenschattens auf dem Ring?
- Erkennen Sie die Wanderschaft des Ringschattens auf der Planetenkugel?
- Gibt es Farbunterschiede zwischen Saturnkugel und Saturnringen?
Fototipps gefällig?
Saturns Ring lässt sich mit Teleskop und CCD-Kamera festhalten, wie die Fotos auf diesen Seiten zeigen.
Mit einer DSLR im Brennpunkt des Teleskops geht das auch, aber wesentlich schlechter. Ein geglücktes DSLR-Einzelfoto des Saturn ähnelt aber jenem Anblick, den man visuell - also mit dem Auge am Okular - am selben Teleskop in den raren Momenten besten Seeings genießen würde. Das folgende Foto vom Herbst 2023 belegt dies.
Literatur für Planetenbeobachter
Planeten beobachten
Von Günther D. Roth. Ein etwas älteres, aber äußerst vorzügliches Werk für alle, die Planeten im Teleskop studieren möchten! Gebraucht kaufen und Versandkosten beachten.
Sonne, Mond, Planeten beobachten und fotografieren
Ein Buch zum oben genannten Themenkreis, das sich u.a. auch der digitalen Fotografie widmet.
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