Saturns Wolkenbänder
Seiner langsamen Bewegung wegen wurde Saturn einst mit dem griechischen Gott Kronos - er stand unter anderem für das Alter - verbunden. Der Planet braucht über 29 Jahre, um alle Sternbilder des Tierkreises zu besuchen. Früher erlebten viele Menschen nur einen, wenige vielleicht zwei komplette Umläufe.
Der griechischen Mythologie nach entmannte und stürzte Kronos einst seinen Vater Uranos. Danach befürchtete er, seine Kinder würden das gleiche mit ihm anstellen - weshalb er sie alle zu verschlingen suchte.
Diese Szene ist im Linzer Botanischen Garten, im Salzburger Schlossgarten Mirabell oder im Nürnberger Barockgarten (Foto links) dargestellt.
Nur Kronos' Sproß Zeus überlebte durch eine List. Er erfüllte Kronos' Schicksal und stürzte diesen tatsächlich.
Die ganz leicht gelbliche Tönung des Gestirns ließ die Menschen an Ackerbau und an das vegetarische Goldene Zeitalter denken, das Kronos den Menschen einst beschert haben soll. Alles gedeihte damals wie von selbst. Es herrschten paradiesische Zustände auf Erden.
Die Römer setzten den griechischen Kronos ihrem Saturn gleich, dem Gott der Aussaat. Sie widmeten ihm das ausgelassene, karnevalsähnliche Fest der Saturnalien und den Samstag - woran der englische Begriff Saturday erinnert.
Die Etymologie des deutschen Wochentagsnamens ist komplizierter: Sie fußt auf dem griechischen sambaton, das wiederum auf dem jüdischen Sabbat fußt.
Der Mythos vom Saturn als Ackerbaugott wirkt im Traktornamen Saturno nach. Der italienische Hersteller SAME baute ihn in den Siebzigerjahren
Wie auch bei den anderen Planeten, erkennt das freie Auge beim Saturn kein nennenswertes Funkeln. Er strahlt mit ruhigem, wenngleich nicht allzu prominenten Glanz.
2024 hält sich Saturn im Wassermann auf. Er verweilt dabei in einem Gebiet, das recht arm ist an auffälligen Sternen. Zu Sommerbeginn bleibt er Objekt der zweiten Nachthälfte.
Am 8. September steht er in Opposition und ist somit die ganze Nacht über zu sehen. Dann erreicht seine Helligkeit mit 0,6 mag ihr Maximum. Selbst zur Oppositionszeit hebt sich der Planet nicht besonders hoch über den Horizont - bestensfalls 34 Grad. Die resultierende Luftunruhe erschwert das Erkennen von Details im Teleskop.
Nach dem Oppositionstermin zieht sich Saturn aus der zweiten Nachthälfte zurück. Seine Untergänge verfrühen sich immer mehr. Zu Jahresende 2024 schmückt er den Abendhimmel.
Saturn in der Nacht vom 17. zum 18. Juli 2022
Der Planet am 11.8.2023. Die Ringneigung ist nun flacher.
Die Farbtönung bekomme ich nicht immer korrekt hin, wie man hier unschwer erkennt
Saturn im Fernrohr
Rund um die Opposition misst das Planetenscheibchen 19 Bogenminuten. Um es im Teleskop unter dem gleichen Winkel zu erspähen wie den Mond mit freiem Auge, müsste man Saturn knapp 100-fach vergrößern. Unglücklicherweise vergrößert man dabei auch die erwähnte Luftunruhe mit!
Die Saturnkugel selbst erscheint aus irdischer Perspektive etwa halb so groß wie jene des Jupiter. Das Teleskop würde - bei genauer Betrachtung und hoher Vergrößerung - die starke Abplattung Saturns zeigen. Diese entsteht durch die rasche Rotation des Gasplaneten, der am Äquator immerhin 120 536 km misst. Das ist das 9,4-fache des Erddurchmessers. Allerdings lenkt Saturns Ringsystem das Auge ab und erschwert es, die Abplattung zu erkennen.
Ohne seinen Ringschmuck und seine Monde wäre Saturn ein langweiliger Planet. Hier ist der Anblick seiner Kugel simuliert - mit Guide 9.0. Man erkennt die beiden matten Bänder zu beiden Seiten des Äquators und die ebenfalls etwas dunkleren Polgebiete.
Die rasche Rotation und die Sonnenwärme sind Grund für die Entstehung der Wolkenbänder, die parallel zum Äquator liegen. Die Kontraste sind schwächer als bei Jupiter, weil der fernere Saturn deutlich weniger Wärme empfängt.
Man muss deshalb schon genau schauen, um Saturns Wolkenbänder im Teleskop zu erspähen. Die beiden Polgebiete erscheinen außerdem etwas dunkler als die Äquatorzone.
Aus himmelsmechanischen Gründen blicken wir etwa alle 15 Jahre auf die schmale Kante des Ringsystems. Das erleichtert dann die Beobachtung der Wolkenstrukturen.
Supersturm überfällig?
Saturn ist für Überraschungen gut. So begann sich Ende 2010 ein mächtiger Sturm im Norden des Planeten abzuzeichnen: Zwei helle Wolken zierten damals seine Stirn. Das Foto vom 2. April 2011 hält sie eindeutig fest (damals noch aufgenommen mit einer simplen ToU-Webcam).
Solche Superstürme wurden unter anderem 1876, 1903, 1933, 1960 und 1990 beobachtet. Man beachte das mittlere Intervall, das einem Saturnumlauf um die Sonne (29,4 Jahre) ähnelt. Die Stürme beginnen als weiße, ovale Flecken im nördlichen Äquatorialband - das ist der dunkle Gürtel oberhalb der hellen Äquatorzone.
Sie verbreitern sich bald und spannen sich schließlich wie ein heller Schal um den ganzen Planeten. Solche Erscheinungen treten vor allem (aber nicht nur) während des späten Sommers auf der Nordhalbkugel des Saturn auf. Sie sind somit ein saisonaler Effekt.
Der aktuelle Sommer begann dort im Mai 2017; er wird im Mai 2025 enden (Quelle: The Planetary Society). Folglich wäre ein neuerlicher Supersturm längst überfällig. Wer Saturn regelmäßig beobachtet, könnte dessen Ausbruch live miterleben!
Versuche mit Filtern
Farbfilter kosten dem schwachen Saturn oft zuviel Licht, um sinnvoll eingesetzt zu werden. In leistungsstärkeren Instrumenten hilft aber zuweilen ein Gelb- (z.B. Wratten Nr. 12), Gelbgrün- (z.B. Wratten Nr. 11) oder leichter Blaufilter (z.B. Wratten Nr. 82A). Das vierteilige Meade Filterset 1,25 Zoll (12, 23A, 58, 80) beinhaltet Filter, die man zur Beobachtung von Venus, Mars, Jupiter und Saturn einsetzen kann. Omegon bietet ein sechsteiliges Set an (Wratten Nr. 21, 25, 82, 12, 56, 47).
Auch ein Kontrastfilter mag dienlich bei der Beobachtung sein, speziell wenn man mit Linsenteleskopen arbeitet. Weiteres über den Einsatz von Filtern lesen Sie hier.
IR-empfindliche Kameras halten den Saturn im sichtbaren und im infraroten Licht fest. Blendet man den sichtbaren Bereich des Spektrums mit einem IR-Pass-Filter aus, erscheint der Planet im Vergleich zu seinem Ring bemerkenswert dunkel.
Ursache ist das Methan in seiner Atmosphäre: Es verschluckt das IR-Licht teilweise. Noch dramatischer geriete der Effekt mit einem speziellen Methanbandfilter.
So werden unsere Augen den Saturn nie erblicken: Der Planet fotografiert mit der Asi 662MC und einem Zwo 850 IR-Filter
Echte Farben auf Saturn
Wer ohne Filter beobachtet, mag sich Gedanken über die farblichen Tönungen auf Saturn machen. Das nördliche Äquatorialband wird in größeren Instrumenten mitunter als "bräunlich" beschrieben, das nördliche Polgebiet erscheint hingegen grau. Auch im Vergleich mit den Ringen mag ein farblicher Kontrast auftreten.
"Falsche Farben" - die atmosphärische Dispersion
Aufgrund des in den nächsten Jahren stets niedrigen Stands des Saturn am Himmel treten selbst im besten Teleskop störende Farbsäume auf. Der Grund: Die Atmosphäre bricht blaues Licht etwas stärker als rotes - man spricht von "atmosphärischer Dispersion". Abhilfe mag das Einschalten zweier Prismen in den Strahlengang schaffen, wie sie in einem ADC (Athmospheric Dispersion Corrector) verbaut sind.
Bei der fotografischen Bildbearbeitung kann entsprechende Software (z.B. Registax) die Farbränder zum Teil wieder wegrechnen, wie die Illustration vom 10.6.2016 zeigt.
Beim oberen Foto wurde der Saturn ohne mathematische Dispersionskorrektur geschärft, beim unteren habe ich diese Korrektur vor der Schärfung angewandt.
Beobachtungsaufgaben
- Nehmen Sie Saturns leicht gelbliche Tönung mit freiem Auge wahr?
- Lässt Sie diese an den Mythos vom "Goldenen" Zeitalter denken, mit dem die Griechen und Römer ihren Gott Chronos bzw. Saturn verbanden?
- Bringt ein Fernglas die Farbe besser zur Geltung?
- Erkennen Sie mit freiem Auge einen Helligkeitszuwachs zum Oppositionstermin?
- Sehen Sie Saturns Abplattung im Fernrohr?
- Bemerken Sie Details wie das dunkle nördliche Äquatorialband oder das nördliche Polgebiet?
- Nehmen Sie vielleicht sogar Farbschattierungen auf der Planetenkugel wahr, speziell mit größeren Teleskopen?
Fototipps gefällig?
Details auf Saturn lassen sich mit Teleskop und CCD-Kamera festhalten. Mit einer DSLR geht das wesentlich schlechter.
Literatur für Planetenbeobachter
Planeten beobachten
Von Günther D. Roth. Ein etwas älteres, aber äußerst vorzügliches Werk für alle, die Planeten im Teleskop studieren möchten! Gebraucht kaufen und Versandkosten beachten.
Sonne, Mond, Planeten beobachten und fotografieren
Ein Buch zum oben genannten Themenkreis, das sich u.a. auch der digitalen Fotografie mit Webcams widmet.
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