Gesichtsfeld - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Das Gesichtsfeld
Strecken Sie den Arm voll durch und schauen Sie auf den Fingernagel Ihres kleinen Fingers. Das Gesichtsfeld Ihres Teleskops ist sehr wahrscheinlich kleiner. Daher tun sich Anfänger oft schwer, das Gerät auf den gewünschten Stern auszurichten.

In der Astronomie versteht man unter dem Gesichtsfeld jenes Feld, das man gleichzeitig im Fernrohr überblicken kann.
Galileis Teleskope besaßen ein extrem winzigeres Gesichtsfeld. Es war, als würde man durch ein Schlüsselloch blicken - aber durch eines, das gut einen halben Meter vom Beobachter entfernt war. Ansonsten hätte er wahrscheinlich den Neptun entdeckt.

Tatsächlich konnten etliche noble Herren, die Galilei zum Blick durch sein Teleskop einlud, seine Beschreibungen nicht nachvollziehen. Heutige Teleskope bieten ein wesentlich bequemeres Beobachten.

Beim Vergleich des im Fernrohr Gesehenen mit Himmelskarten ist es hilfreich, das Gesichtsfeld der verwendeten Kombination aus Teleskop und Okular zu kennen.


Kleiner als der Mond
Der Durchmesser des Gesichtsfelds hängt vom jeweiligen Okular ab. Man drückt diesen zumeist in Grad (°) und mitunter in Bogenminuten (') aus. Er lässt sich berechnen oder selbst am Himmel ermitteln.

Füllt der Vollmond das Gesichtsfeld im Fernrohrokular gerade aus, besitzt dieses Feld einen Durchmesser von etwa 0,5 Grad.

Bei höheren Vergrößerungen haben wir es mit noch kleineren Gesichtsfeldern zu tun.
Winkelmessung mit der Stoppuhr

Der Sternenhimmel dreht sich in 24 Stunden (genauer: 23 Stunden 56 Minuten und 4 Sekunden) einmal um den Betrachter herum.
Ein Stern oder Planet am Himmelsäquator (Deklination ~ 0°) durchquert ein Bildfeld von 1 Grad (das sind 60 Bogenminuten) somit in knapp 4 Zeitminuten.

Stoppen wir, wie lange ein Stern braucht, um bei abgeschalteter Nachführung quer durchs Bildfeld zu ziehen, können wir die Größe des Bildfelds leicht ermitteln.
Wir können diese Messung mit all unseren Okularen und sogar mit dem Sucherfernrohr wiederholen. Dabei werden sich recht unterschiedliche Bildfelddurchmesser ergeben.


Mit der äquatorialen Montierung

Wir suchen uns einen Stern oder Planeten, der weit vom Polarstern absteht und eher in der Nähe des Himmelsäquators liegt. Am Deklinationskreis können wir seine Deklination ablesen.

Wir bringen den Stern mit dem zu vermessenden Okular genau in die Bildfeldmitte. Dann schalten wir die Nachführung ab und schauen, in welche Richtung er läuft.
Nun drehen wir feinfühlig an der Rektaszensionsachse (oder machen dies mit einem Tastenbefehl), um den Stern in der gegenteiligen Richtung aus dem Gesichtsfeld zu drängen.

Die Deklinationsachse rühren wir nicht mehr an.
Jetzt warten wir, bis der Stern von selbst wieder am Bildfeldrand auftaucht. Wir stoppen die Durchgangszeit in Sekunden, bis er am anderen Bildfeldrand wieder verschwindet. Dabei sollte er natürlich wieder durch die Mitte des Bildfelds laufen. Danach lesen wir am Teilkreis noch die Deklination ab.


Mit der altazimutalen Montierung

Wir richten das Teleskop möglichst genau Richtung Süden aus und visieren einen Stern in etwa halber Himmelshöhe an (idealerweise 42 Grad Höhe in Wien: Sterne besitzen dort eine Deklination nahe 0 Grad).

Wir bringen den Stern mit dem zu vermessenden Okular genau in die Bildfeldmitte. Dann schalten wir die Nachführung ab und schauen, in welche Richtung er läuft.
Nun drehen wir feinfühlig an der horizontalen Azimutachse (oder machen das mit einem Tastenbefehl), um den Stern in der gegenteiligen Richtung aus dem Gesichtsfeld zu drängen.

Die Höhenachse rühren wir nicht mehr an.
Jetzt warten wir, bis der Stern von selbst wieder am Bildfeldrand auftaucht. Wir stoppen die Zeit, bis er am anderen Bildfeldrand wieder verschwindet. Dabei sollte er natürlich wieder durch die Mitte des Bildfelds laufen.


Zum Schluss ein Schuss Mathematik

Zunächst die vereinfachte Variante für Sterne nahe am Himmelsäquator, zuerst in Grad, dann in Bogenminuten:

Gesichtsfeld °  ~  Durchgangszeit (s)  /  240
Gesichtsfeld '   ~  Durchgangszeit (s)  /  4


Nun die genauere Berechnung für Sterne mit bekannter Deklination, in Grad und in Bogenminuten:

Gesichtsfeld ° = Durchgangszeit (s) * cos (Deklination °)  /  239
Gesichtsfeld ' =  Durchgangszeit (s) * cos (Deklination °)  / 3,98
Falls Sie gerade keinen Taschenrechner mit COS-Taste bei der Hand haben, hier eine kurze Tabelle.
Ein allfälliges Minuszeichen vor dem Deklinationswert dürfen wir ignorieren.

Dekl.     Cosinus
0       1,00
10      0,98
20      0,94
25      0,91
30      0,87
35      0,82
40      0,77
45      0,71
     
Sterne mit höherer Deklination sollten wir nicht verwenden, sonst dauert die Messung zu lange. Wer's nicht glaubt, kann es ja einmal mit dem Polarstern versuchen ...


Alle Angaben ohne Gewähr
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