Sternhaufen - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Galilei und die Sternhaufen
Fernrohre sind wie Trichter - sie sammeln mehr Licht ein als das freie Auge. Die menschliche Pupille misst, an die Dunkelheit angepasst, etwa 6 mm. Der genaue Wert ist altersabhängig.

Ein Fernglas mit der Aufschrift "8x30" vergrößert achtfach und besitzt eine Öffnung von 30 mm. Sein Durchmesser ist also 5 mal so weit wie jener der Pupille. Und weil die Lichtsammelleistung bei punktförmigen Objekten mit der Fläche des Objektivs wächst, trichert schon dieses kleine Gerät 25 (also 5 x 5) mal mehr Photonen ein als das unbewaffnete Auge.

Ein Linsenteleskop von 60 mm Öffnung bringt den 100fachen, ein Spiegelteleskop von 200 cm den 1000fachen Lichtgewinn! Entsprechend steigt die Zahl der sichtbaren Sternchen. Das kommt der Beobachtung von sogenannten Offenen Sternhaufen sehr zu gute. Galileo Galilei war der erste, der davon berichtete.
Galilei und die Plejaden
In der Antike erblickte man das Siebengestirn im Sternbild Stier meist als dicht gedrängte Ansammlung von einem halben Dutzend Sternchen. Das enge Grüppchen galt in vielen Kulturen als wichtiges Kalendergestirn.

Galilei stellte seine ersten Himmelsbeobachtungen an Padua (Artikel) an. Die lichtsammelnde Leistung seines Teleskop machte Sterne erkennbar, die unter der Sichtbarkeitsgrenze des freien Auges lagen. Deshalb sah Galilei die Plejaden anders, als je ein Mensch zuvor. Er sprach in seinem rasch publizierten Büchlein "Sternenbote" von einer Sterngruppe, die "in sehr engen Grenzen am Himmel eingeschlossen" sei.
"In ihrer Nähe sind mehr als vierzig weitere, unsichtbare gelegen", wobei  sich keiner mehr als einen Vollmonddurchmesser von den vertrauten sechs hellsten  entferne.

36 davon habe er in eine kleine Karte eingezeichnet, schrieb Galilei  1610.
Galilei und die Krippe
Schon in der Antike war man über kleine Nebelflecken am Sternenhimmel gestoßen, die den alten Astronomen diffus und sternlos erschienen waren. Galilei sah darin mit seinem Teleskop jedoch "Haufen kleiner, außerordentlich dicht gedrängter Sterne." Nur weil jeder einzelne von ihnen zu klein oder zu weit entfernt wäre, entzögen sie sich alle dem Auge.
Erst die Vermischung ihrer gemeinsamen Strahlen ließe jenen Glanz entstehen, den man als Nebel, als scheinbar "dichteren Teil des Himmels" interpretierte.

Einer dieser Nebel, so fuhr Galilei im Sternenboten fort, sei die sogenannte Krippe im Sternbild Krebs.
Dieser Nebel wäre sogar "eine Ansammlung von mehr als vierzig Sternchen". Auch hier trug Galilei 36 Sterne in sein Beobachtungsbuch ein.  

Es gab also ganz offensichtlich viel mehr Sterne, als die Beobachter seit der Antike gemeint hatten.

Deren laut Galilei geradezu unerforschlich große Zahl erinnerte so manchen Leser wohl an die Spekulationen des verbrannten "Ketzers" Giordano Bruno (Artikel): Dieser Philosoph hatte sein unendliches Universum gleich mit einer unendlichen Anzahl ferner Sonnen versehen.
Was sind Offene Sternhaufen?
Heute wissen wir: Diese Sterne solcher Offenen Haufen stehen nicht zufällig so nahe beieinander. Sie wurden vielmehr, Schwestern gleich, in der selben kosmischen Molekülwolke geboren.

Neben rein perspektivischen Effekten - je weiter weg ein Sternhaufen ist, desto gedrängter muss er uns anmuten - macht sich auch das Alter des Haufens im Erscheinungsbild bemerkbar. In sehr jungen Haufen drängen sich Sterne besonders dicht zusammen. Dann jedoch werden sie "flügge". Der Haufen verliert in Folge an Kompaktheit und löst sich schließlich auf.

Generell sind jene Offenen Sternhaufen, die wir am Himmel erblicken, vergleichsweise junge Objekte. Unsere Sonne ist fast immer älter.
Weitere Beispiele am Winterhimmel
Der Winterhimmel hat noch mehrere prächtige Haufen zu bieten, sofern sie ein Fernglas oder ein Teleskop mit möglichst schwacher Vergrößerung an die richtige Himmelsstelle richten.

Im Sternbild Fuhrmann prangen M 36, M 37 und M 38; der M 37 ist am hübschesten.
In den Zwillingen schimmert der M 35 (Foto oben), im Krebs außerdem  der ungewöhnlich alte Haufen M 67.

Im Einhorn können Sie  den M 50 aufsuchen. Nicht hoch über unseren Horizont klettern M 46 und M 47 im  Achterdeck (Puppis). Noch niedriger steht allerdings M 41 im Großen Hund.
 
Beobachtungsaufgaben
  • Erkennen Sie die Plejaden mit freiem Auge?
  • Wie viele Plejadensternchen machen Sie freiäugig aus?
  • Wie viele Plejadensterne zeigt das Fernglas?
  • Erspähen Sie den Nebelfleck der Krippe fern der Stadt mit freiem Auge?
  • Wie viele Krippensternchen tauchen im Fernglas aus?
  • Machen Sie noch weitere Offene Sternhaufen aus?
  • Wie verändert der Standort (Stadt / Land) deren Anblick?
Literatur für Sternhaufen-Beobachter
Amateurastronomen fassen Offene Sternhaufen, Kugelsternhaufen, Gas- und Staubnebel sowie Galaxien gern unter dem Begriff Deep-Sky-Objekte zusammen.

Sterne beobachten in der Stadt
Klaus M.  Schittenhelm stellt Touren am Himmel zusammen, die für die Balkonsternwarte  taugen; darunter befinden sich auch die aller hellsten Deep Sky Objekte.  Schwächere sind von der Stadt aus nicht mehr zu sehen.  

Deep Sky Reiseführer
Ronald  Stoyans Werk gilt geradezu als Standardliteratur zur Beobachtung von Sternhaufen, Gasnebeln oder Galaxien. Für die meisten der vielen hier beschriebenen Objekte braucht man einen Beobachtungsplatz fern der Stadt.
Folgenreiche Erkenntnisse
Mein Buch Helden des Himmels geht sehr ausführlich auf die philosophischen und religiösen Implikationen der Galileischen Beobachtungen ein.

Ich lege es Ihnen ganz besonders ans Herz.
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