Sternbedeckungen
und Galileis vermeintliche Mondatmosphäre
Sternbedeckungen für Ihren Wohnort können Sie mit Occult berechnen. Termine für Ihre nächstgelegene Landeshauptstadt listet der Astronomische Almanach für Österreich auf: Download-Link über die Seite des Österreichischen Astronomischen Vereins.
Schiebt sich der Mond vor einen Stern,
wird dessen Licht aus- und später wieder angeknipst. Verschwinden und
Wiederauftauchen geschehen schlagartig. Das Sternenlicht wird knapp über
der Mondoberfläche weder gerötet noch geschwächt.
Dies
ist ein klarer beobachtungstechnischer Beleg für das Fehlen einer
nennenswerten Mondatmosphäre. Galileo Galilei räumte deren Existenz noch
ein. Zum einen schien ihm der Mond mit seinen Bergen und Tälern
erdähnlich zu sein - das legte wohl auch das Vorhandensein einer Art
"Lufthülle" nahe.

Außerdem rätselte Galilei, warum der Mondrand fast "vollkommen rund, wie mit dem Zirkel gezogen und nicht von Erhebungen und Vertiefungen zernagt" sei, wenn das lunare Antlitz an der Licht-Schatten-Grenze doch so enorme Unebenheiten suggerierte (wie im Bild links).
Der Forscher hatte deshalb auch einen "höckerigen und ausgebuchteten Umriss" erwartet, "wie ein Rad mit Zähnen".
Wie der Italiener mutmaßte, würde der Sehstrahl beim Blick zum Mondrand einen tangentialen, langen Weg durch die lunare Atmosphäre zurücklegen. Von der Sonne beleuchtet, sollte diese aufstrahlen und den Mond so "als eine größere Kugel erscheinen" lassen bzw. "unseren Blick so begrenzen, dass er den eigentlichen Mondkörper nicht erreicht".
Das aber würde den Fernrohrblick trüben und das vermeintlich raue Mondrandprofil scheinbar glätten. Wie uns die Sternbedeckung verrät, irrte der Italiener. Der Mond ist luftlos.

Vor hellem Hintergrund würden die Unregelmäßigkeiten des Mondrandprofils sofort auffallen: Hier auf diesem Foto schiebt sich der Mond gerade vor die Sonne.
1610 schlug Galilei aber noch eine Alternativerklärung vor, die ohne "Hülle aus Stoff" auskam. Demnach würden sich beim Blick zum Mondrand die Profile der "in immer neuen Reihen angeordneten Erhebungen" gegenseitig verdecken.
Dieser rein perspektivische Effekt gaukle uns dann einen glatten Rand vor - so als würde man gleich große Zahnräder aufeinander stapeln und diese ein wenig gegeneinander verdrehen. Diese Überlegung ist richtig. Vor allem aber hatte Galilei das Relief der Mondoberfläche gehörig überschätzt.
Beobachtungsaufgabe
Mustern Sie den Mondrand doch einmal aufmerksam mit einem modernen Teleskop - erkennen Sie an seinem Rand Abweichungen von der idealen Kreisform ?
Ein Stern wird am Mondrand ausgeknipst
Bei zunehmender Mondphase bedeckt der Mond gelegentlich Sterne mit seinem dunklen Rand und gibt sie am hellen wieder frei. Nach Vollmond, also bei abnehmender Mondphase, ist es genau umgekehrt. Nur sehr selten erwischt es allerdings einen Stern, der hell genug ist, um das Schauspiel auch mit freiem Auge mitzuverfolgen.
Kopernikus hatte solches Glück 1497 in Bologna, als der Aldebaran hinter dem Mond verschwand. Es ist dies seine erste überlieferte Himmelsbeobachtung überhaupt.
Wenn Sie sich also für diese kleinen, aber häufigen astronomischen Verfinsterungen interessieren, brauchen Sie ein kleines Teleskop. Je größer seine Öffnung, desto mehr Sternbedeckungen können Sie damit im Jahreslauf mitverfolgen.

Der dunkle Mondrand schiebt sich langsam aber unerbittlich an den Stern heran.
Das Verschwinden ist recht leicht zu stoppen. Auch, weil der unbeleuchtete Mondteil oft im Erdschein schimmert.
Alle Grafiken: C. Pinter

Das Wiederauftauchen eines Sterns am hellen Mondrand ist nicht so leicht zu stoppen.
Erstens leidet der Anblick unter Überstrahlung, und zweitens muss man sehr genau wissen, wann und wo der Stern auftauchen wird.
Erfahrene Amateure versuchen, die Termine der Sternbedeckungen möglichst genau mit der Stoppuhr festzuhalten. Angestrebt wird dabei eine Genauigkeit von einer Zehntelsekunde! Ein anderes, objektiveres Verfahren ist das Festhalten dieser Ereignisse per Videotechnik. Auch hier legen Amateure interessante Ergebnisse vor.
Doppelsterne hinterm Mond
Was passiert, wenn ein Doppelstern so eng ist, dass ihn das Teleskop gar nicht in zwei Komponenten aufzulösen vermag?
Dann sind Sternbedeckungen besonders spannend!
Man sieht dann nur einen einzigen Lichtpunkt, der - wie bei Sternbedeckungen üblich - eigentlich schlagartig ausgeknipst werden sollte. Weil er in Wahrheit aber aus zwei Sternen besteht, mag sich der rasche Helligkeitsabfall in zwei Stufen einstellen.
Amateurteleskope erzielen außerhalb von Sternbedeckungen realistischerweise Auflösungen um 1 Bogensekunde. Sehr enge Doppelsterne erscheinen daher als einzelner Lichtpunkt. Der Mondrand schiebt sich aber wie ein langsamer Scanner über das Sternpaar. Er legt pro Zehntel Zeitsekunde im Mittel 0,055 Bogensekunden zurück. Damit steigert sich die erzielbare Auflösung des Teleskops kurzzeitig bis ums 18fache!

Links: Einzelsterne verschwinden schlagartig hinterm Mond.

Engste Doppelsterne können sich hingegen durch stufigen Lichtabfall verraten.
Voraussetzung ist, dass die beiden Sternkomponenten möglichst in Ost-West-Richtung ausgerichtet sind, und nicht etwa in Nord-Süd-Richtung. Sonst nämlich würde sie der Mondrand doch wieder gleichzeitig erfassen. Außerdem sollte idealerweise zunächst die hellere, dann die schwächere Komponente hinter dem Mond verschwinden.
Beim Stern 68 Geminorum war dies der Fall: Bei der Sternbedeckung am 7.4.2014 erschien sein Licht etwa eine Drittel Sekunde lang wie gedämpft, bevor es endgültig verschwand. Der Abstand der Komponenten betrug etwa 0,19 Bogensekunden. Außerhalb einer Sternbedeckung hätte man den Doppelsterncharakter selbst mit den besten Amateurgeräten niemals belegen können.
Hübsch ist auch die Bedeckung weiter Doppelsterne, die sich leicht im Teleskop trennen lassen. Hier sehen Sie jene des Doppelsterns Gamma Virginis am 3. Juni 2017, gefilmt durchs Teleskop. Die drei ersten Frames zeigen das Verschwinden der beiden Komponenten am (hier nicht sichtbaren) dunklen Mondrand:

Die drei nächsten Frames halten das Wiederauftauchen der beiden Komponenten des Doppelsterns am hellen Mondrand fest:

Beobachtungsaufgaben
Versuchen Sie, Sternbedeckungen mit möglichst großer Präzision und geringer Reaktionszeit zu stoppen - wie gut gelingt das ? Wie sehr hängt die Genauigkeit von der Helligkeit des Sterns ab? Erfolgt das Verschwinden immer augenblicklich, oder verrät sich gelegentlich ein Doppelstern durch stufenweisen Lichtrückgang?
Literatur und Software für Bedeckungsbeobachter
Der Nachfolger des langjährigen heimischen Himmelskalenders steht auf der Website des Österreichischen Astronomischen Vereins zum Download bereit und beinhaltet viele Sternbedeckungen, berechnet für die Landeshauptstädte.
Eine fast unentbehrliche Freeware, wenn Sie Sternbedeckungen selbst berechnen möchten. Die exakten Termine sind nämlich stark von Ihrem tatsächlichen Beobachtungsort abhängig. Das Programm zeigt auch Doppelsterndaten an!
Folgenreiche Erkenntnisse

Mein Buch Helden des Himmels geht sehr
ausführlich auf die philosophischen und religiösen Implikationen der Arbeiten
Keplers und Galileis ein.
Ich lege es Ihnen ganz besonders ans Herz.
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