Beobachtung - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Sternbedeckungen durch den Mond
Sternbedeckungen für Ihren Wohnort können Sie mit Occult berechnen. Termine (in MEZ) für Ihre nächstgelegene Landeshauptstadt listet der Astronomische Almanach für Österreich auf: Download-Link über die Seite des Österreichischen Astronomischen Vereins.
Bei zunehmender Mondphase bedeckt der Mond gelegentlich Sterne mit seinem dunklen Rand und gibt sie am hellen wieder frei. Nach Vollmond, also bei abnehmender Mondphase, ist es genau umgekehrt.
Kopernikus' Premiere
Nur sehr selten erwischt es allerdings einen Stern, der hell genug ist, um das Schauspiel auch mit freiem Auge mitzuverfolgen.
Gedenktafel für Kopernikus an der Universität Bologna - fotografiert 1981
Ein 24jähriger Student aus Thorn hatte solches Glück am Abend des 9. März 1497 in Bologna. Der freiäugig sichtbare, helle Aldebaran verschwand hinter dem Mond.
Diese Bedeckung ging als erste bekannte Himmelsbeobachtung des Nikolaus Kopernikus in die Geschichte ein!

Will man Kopernikus' Beobachtung mit einem PC-Programm nachvollziehen (wie in der Grafik links), muss dieses übrigens die Eigenbewegung des Aldebaran berücksichtigen. Sonst zieht der Mond am Stern vorbei.
An einer Sternbedeckung sind immer drei Akteure beteiligt. Stern, Mond und Beobachter. Der exakte Zeitpunkt, Termin genannt, hängt daher ab von der
  • Sternposition und stellaren Eigenbewegung an der scheinbaren Himmelskugel
  • Mondposition auf der Mondbahn, Form des Mondkörpers und Mondrandprofil
  • Position des Beobachters (Länge, Breite, Höhe) und Form des Erdkörpers

Sind die Charakteristika von zwei Akteuren genügend genau bekannt, lassen sich aus den beobachteten Terminen die Eigenschaften des dritten berechnen.
Eine bestimmte Sternbeckung ist nur von einem Teil der Welt aus sichtbar. Die exakte Uhrzeit hängt vom Standort des Beobachters ab. Grafik erstellt mit Occult


Historisch dienten Sternbedeckungen daher abwechselnd z.B. der Verbesserung der Mondbahn und der Erkundung seines Oberflächenprofils, der Verbesserung von Sternkatalogen und - natürlich - der Positionsbestimmung an Land bzw. auf hoher See.

In meiner Jugend besaßen Sternbedeckungen generell noch großen wissenschaftlichen Wert. Mittlerweile ist deren Bedeutung, von Spezialfällen abgesehen, deutlich gesunken - speziell der Raumfahrt wegen.

Astrometriesatelliten wie Hipparcos oder Gaia haben Sternpositionen mit unübertrefflicher Exaktheit ermittelt, Scharen von Mondsonden erkundeten die Gestalt des Erdbegleiters.
Navigationssatelliten aus den USA, Europa, China und Russland erlauben jedem Smartphone-Besitzer ganz bequem die Bestimmung seines aktuellen Standorts.

Und zwar auf wenige Meter genau.

Links: Moon Map von Occult
Jetzt sind Sie dran!
Wenn Sie sich für diese kleinen, aber häufigen astronomischen Verfinsterungen interessieren, wandeln Sie also auf Kopernikus' Spuren.

Allerdings brauchen Sie praktisch immer ein Teleskop. Je größer seine Öffnung, desto mehr Sterne zeigt es - und umso mehr Sternbedeckungen können Sie damit im Jahreslauf mitverfolgen.

Etwas vereinfacht gesagt gilt: Bei zunehmendem Mond verschwinden Sterne am dunklen Mondrand und tauchen am hellen Rand wieder auf. Bei abnehmendem Mond ist es umgekehrt.  
Der dunkle Mondrand schiebt sich bei zunehmendem Mond langsam aber unerbittlich an den Stern heran.

Das Verschwinden ist dann recht leicht zu beobachten. Auch, weil der unbeleuchtete Mondteil oft im Erdschein schimmert.

Grafiken links und links unten: Guide
Das Wiederauftauchen des Sterns am hellen Mondrand ist schwerer zu erkennen.

Erstens leidet der Anblick unter Überstrahlung, und zweitens muss man sehr genau wissen, wann und wo der Stern auftauchen wird.

Hier hilft die Software Occult weiter.
Stoppen für Fortgeschrittene
Erfahrene Amateure versuchen, die Termine von Sternbedeckungen möglichst genau mit der Stoppuhr festzuhalten. Dabei wird die Genauigkeit von einer Zehntelsekunde angestrebt.

Näheres dazu finden Sie bei der International Occultation Timing Association (IOTA) und in ihrem PDF-Manual (Download).
Man blickt dabei mit dem Auge durchs Teleskop und drückt die Stoppuhr, sobald der Stern verschwindet bzw. wieder auftaucht. Dann macht man gleiches z.B. mit einem akustischen Zeitsignal.
Einst gab es solche Zeitsignale im Telefonnetz. Sie wurden von Sternwarten gespeist, etwa jener in Hamburg oder von der Urania (Foto links) in Wien.

Leider steht die seit 1958 betriebene österreichische Telefonnummer 1505 dafür nicht mehr zur Verfügung.

Zeitsignale hört man aber im Weltempfänger, z.B. auf 5.000 kHz, 10.000 kHz oder 25.000 kHz. Eine Liste mit etlichen solcher Sender und Frequenzen zeigt die Wikipedia.
Die Ausbreitungsbedingungen auf Kurzwelle sind von der Frequenz sowie von der Sonneneinstrahlung abhängig - also von Tageszeit, Jahreszeit und Sonnenaktivität. Ein bestimmter Sender ist daher nicht immer zu empfangen.

Bedauerlicherweise sind die Empfangsbedingungen auf Kurzwelle mittlerweile mies, speziell in Städten. Störstrahler existieren in praktisch jedem Haushalt.

Funkuhren synchronisieren sich zum Glück via Langwelle mit einer Atomuhr. Bei uns "lauschen" sie dazu dem Sender DCF77 (77,5 kHz) im hessischen Mainflingen.
Früher behielt ich den Wechsel der Minutenanzeige einer Funkuhr im Auge, um die Stoppuhr abzugleichen.

Die Sekundenstellen deckte ich ab, um ein Überraschungsmoment einzubauen - denn ein solches gibt es ja auch bei der Sternbedeckung. So mittelte ich wenigstens einen Teil meiner Reaktionszeit weg.
Die persönliche Reaktionszeit ist überhaupt das Hauptproblem bei der visuellen Erfassung. Sie hat jeweils unterschiedliche Dauer, sowohl bei verschiedenen Sternbedeckungen als auch bei der Zeitsynchronisation der Stoppuhr. Daher lässt sie sich nie wirklich vollständig aus dem Ergebnis eliminieren.

Somit bietet die Videotechnik eine objektivere Alternative. Man hält die Bedeckung dazu vorzugsweise mit einer analogen Kamera fest. Für den kleinen Mann gibt es eine digitale Variante, der ich mittlerweile fröne. Denn als Amateurastronom besitzt man eine fernrohrtaugliche Cam oft sowieso. Näheres hier.
Die Vorherberechnung mit Occult erfolgt in UT (Universal Time), die Meldung der beobachteten Termine an die IOTA auch. Es macht daher Sinn, bei dieser Arbeit auch gleich "in UT zu denken". Das vermeidet Fehler.
Es kommt auf den Standpunkt an
Will man die Ergebnisse an die IOTA melden, sollte man seinen Standort mindestens auf die Bogensekunde genau kennen. Diese überstreicht überall auf der Erdoberfläche etwa 31 Meter in Nordsüd-Richtung. In der Ostwest-Richtung reduziert sich das auf 21 Meter (gültig für die geografische Breite Wiens).

Früher entnahm man seinen Standort einer hochauflösenden Karte. Heute leistet die Navigationsapp am Smartphone bessere Dienste. Nur für die vom Gerät leider nicht immer angezeigte Höhe über Normalnull wird man vielleicht noch auf eine Karte zurückgreifen.
Doppel hinterm Mond
Mitunter erwischt es einen teleskopischen Doppelstern. Dann verschwindet zunächst die eine, dann die andere Komponente hinter dem Mondrand. Die beiden Partner tauchen auch wieder gemeinsam auf, getrennt von einem sehr kurzen Zeitintervall.

Doch was passiert, wenn ein Doppelstern so eng ist, dass ihn das Teleskop gar nicht in zwei Komponenten aufzulösen vermag?
Dann sind Sternbedeckungen besonders spannend!

Man sieht dann nur einen einzigen Lichtpunkt, der - wie bei Sternbedeckungen üblich - eigentlich schlagartig ausgeknipst werden sollte. Weil er in Wahrheit aber aus zwei Sternen besteht, mag sich der rasche Helligkeitsabfall in zwei Stufen einstellen.

Amateurteleskope erzielen außerhalb von Sternbedeckungen realistischerweise Auflösungen um 1 Bogensekunde. Sehr enge Doppelsterne erscheinen daher als einzelner Lichtpunkt. Der Mondrand schiebt sich aber wie ein langsamer Scanner über das Sternpaar. Er legt pro Zehntel Zeitsekunde im Mittel 0,055 Bogensekunden zurück. Damit steigert sich die erzielbare Auflösung des Teleskops kurzzeitig bis ums 18fache!
Links: Einzelsterne verschwinden schlagartig hinterm Mond. Grafiken erstellt mit Guide
Oben: Engste Doppelsterne können sich hingegen durch stufigen Lichtabfall verraten


Voraussetzung ist, dass die beiden Sternkomponenten möglichst in Ost-West-Richtung ausgerichtet sind, und nicht etwa in Nord-Süd-Richtung. Sonst nämlich würde sie der Mondrand doch wieder gleichzeitig erfassen. Außerdem  sollte idealerweise zunächst die hellere, dann die schwächere Komponente hinter dem Mond verschwinden.

Beim Stern 68 Geminorum war dies der Fall: Bei der Sternbedeckung am 7.4.2014 erschien sein Licht etwa eine Drittel Sekunde lang wie gedämpft, bevor es endgültig verschwand. Der Abstand der Komponenten betrug etwa 0,19 Bogensekunden. Außerhalb einer Sternbedeckung hätte man den Doppelsterncharakter selbst mit den besten Amateurgeräten niemals belegen können.

Hübsch ist auch die Bedeckung weiter Doppelsterne, die sich leicht im Teleskop trennen lassen. Hier sehen Sie jene des Doppelsterns Gamma Virginis am 3. Juni 2017, gefilmt durchs Teleskop. Zunächst verschwinden die beiden Doppelsternpartner nacheinander am dunklen Mondrand, dann tauchen sie ebenso getrennt am hellen Mondrand wieder auf.
Sie können mein Video bei Vimeo (USA) sehen. Daraus wurden mehrere Frames extrahiert. Die folgenden drei dokumentieren das Verschwinden der beiden Komponenten am (hier nicht sichtbaren) unbeleuchteten Mondrand.
Die nächsten drei extrahierten Frames halten das Wiederauftauchen der beiden Doppelsternkomponenten am hellen Mondrand fest:
Dank der mächtigen Software Occult von David Herald berechnen Sie Sternbedeckungstermine für Ihren Wohnort gleich listenweise. Mithilfe des Programms können Sie die Resultate auch der IOTA melden. Hier ein Auszug aus einer solchen Meldung:
Telescopes:
Aperture   Longitude      Latitude   Alt
#   cm       o  '   "      o  '   "     m
A   20    + 16 23 50.    +48 15 42.   190

ref Tel Observer          Star No.     y  m  d  h  m   s    PhGrMrCeDb   O-C   O-C
001  A  Christian Pinter  X  60709  2025  3  3 18  1 22.78  DD   G 1    -209  1.06  
002  A  Christian Pinter  R    435  2025  3  4 17 29 39.27  DD   G 1 W  -509  1.43  
003  A  Christian Pinter  R    435  2025  3  4 17 29 39.29  DD   G 1 E  -516  1.45  
004  A  Christian Pinter  S  75664  2025  3  4 17 37 27.44  DD   G 1    -349  1.56  
005  A  Christian Pinter  U      0  2025  3  4 18 46 38.78  DD   G 1      +0§  NaN  

006  A  Christian Pinter  S  75682  2025  3  4 18 48 46.06  DD   G 1    -670  1.36  
007  A  Christian Pinter  X  64151  2025  3  4 18 49 39.19  DD   G 1    -614  1.27  
008  A  Christian Pinter  S  75702  2025  3  4 19 53 29.05  DD   G 1    -411  1.23  
009  A  Christian Pinter  S  75706  2025  3  4 19 57  6.78  DD   G 1   -1050  1.97  
010  A  Christian Pinter  S  76369  2025  3  5 18 14 30.99  DD   G 1    -583  1.29  

011  A  Christian Pinter  S  76371  2025  3  5 18 42 37.50  DD   G 1 W   -40  0.65  
012  A  Christian Pinter  S  76371  2025  3  5 18 42 37.53  DD   G 1 E   -39  0.59  
013  A  Christian Pinter  R    756  2025  3  6 19 54 23.95  DD   G 1    -625  1.40  
Der Mond ist nicht genug
Es muss übrigens nicht immer der Mond sein: Auch Kleinplaneten bedecken Sterne - leider zumeist sehr schwache. Daher sind solche Bedeckungen vergleichsweise schwierig zu beobachten.

Sie sind aber wissenschaftlich wertvoll geblieben. Denn daraus lässt sich die Form des betreffenden Kleinplaneten ableiten. Hier finden Sie näheres dazu.
Beobachtungsaufgaben
  • Versuchen Sie, Sternbedeckungen mit möglichst großer Präzision und geringer Reaktionszeit zu stoppen - wie gut gelingt das ?

  • Wie sehr hängt die Genauigkeit von der Helligkeit des Sterns ab?

  • Erfolgt das Verschwinden immer augenblicklich, oder verrät sich gelegentlich ein Doppelstern durch stufenweisen Lichtrückgang?

  • Wie beeinflusst die Helligkeit des Mondrands (Eintauchen am hellen oder dunklen Rand, Wiederauftauchen am hellen oder dunklen Rand) wohl die Qualität der Zeitnehmung?
Literatur und Software für Bedeckungsbeobachter
Der Nachfolger des langjährigen heimischen Himmelskalenders steht auf der Website des Österreichischen Astronomischen Vereins zum Download bereit. Der Almanach beinhaltet viele Sternbedeckungstermine (in MEZ), berechnet für die Landeshauptstädte.

Eine fast unentbehrliche Freeware, wenn Sie Sternbedeckungen selbst berechnen möchten. Die exakten Termine hängen nämlich stark von Ihrem tatsächlichen Beobachtungsort ab. Das Programm nennt diese (in UT) und zeigt auch Doppelsterndaten an!

Ein dicker englischsprachiger Guide der IOTA zum Thema Sternbedeckung durch den Mond bzw. durch Asteroiden als PDF  (Download)



Alle Angaben ohne Gewähr

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