Mondlibration - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Die Mondlibration sorgt für Abwechslung
Der Mond wendet uns stets die selbe Seite zu. Seine Libration - auch an dieser Entdeckung hatte Galilei Anteil - verändert unseren Blick aufs Mondgesicht aber ein wenig.

In Summe ist es, als wolle Frau Luna ein klein wenig bejahend nicken oder den Kopf verneinend schütteln. Salopp gesagt, sehen wir manchmal ihr Kinn, dann ihre Stirn besser; manchmal eher ihr rechtes Ohr, dann wieder ihr linkes.
Von der Terrasse seiner Villa in Florenz aus bemerkte Galilei die Mondlibration
Beide Bewegungen finden gleichzeitig, aber mit unterschiedlichen Perioden statt.

Die maximale Libration in Länge schwankt zwischen fast - 8 und + 8 Grad, die in Breite zwischen knapp - 7 und knapp +7 Grad. Um diese Höchstwerte neigt sich ein Punkt auf der selenografischen Mondmitte (Länge = 0° / Breite = 0°) nach rechts, links, oben oder unten.

Dieser selenografische Nullpunkt liegt im Sinus Medii (Bucht der Mitte) zwischen den Kratern Oppolzer (benannt nach dem österreichischen Astronomen Theodor von Oppolzer) und Bruce (nach der US-Förderin der Astronomie Catherine W. Bruce).

Bei passenden Librationswerten blicken wir z.B. ganz exakt von oben auf die Krater Rhaeticus (ohne den Vorarlberger Joachim Rheaticus hätte Kopernikus mit dem Druck seines Hauptwerks zu lange gezögert) oder Triesnecker (Franz de Paula Triesnecker war ein österreichischer Astronom des 18. Jh.). Ähnliches gilt für die Krater Herschel, Flammarion, Schröter, Chladni, Hipparchus oder Pickering.

Die Libration beeinflusst v.a. aber auch die Sichtbarkeit der lunaren Randgebiete.
Das randnahme Mare Crisium
Ist die Libration in Länge positiv, rückt z.B. das Mare Crisium im astronomischen Westen der Mondscheibe etwas mehr vom sichtbaren Rand weg. Dann sieht man dieses Mondmeer unter einem günstigeren, weil nicht ganz so flachem Winkel.

Ist die Libration in Breite positiv, sehen wir den lunaren Nordpol besser. Ist sie negativ, wird hingegen der Südpol bevorzugt.
Ganz randnahe Gebiete tauchen zeitweise auf, zeitweise verschwinden sie. Mit der Libration unterliegt auch das für uns sichtbare Randprofil des Mondes einem periodischen Wechsel.

Dank der Libration überblicken wir nach und nach mehr als die exakte Hälfte der Mondoberfläche. Es sind 59%. Denn:

  • Bei hoher positiver Libration in Breite blicken wir hinter den normalen Nordrand
  • Bei hoher negativer Libration in Breite blicken wir hinter den normalen Südrand
  • Bei hoher positiver Libration in Länge blicken wir hinter den astronom. Westrand
  • Bei hoher negativer Libration in Länge blicken wir hinter den astronom. Ostrand
Beim freiäugigen Blick zum im Süden stehenden Mond sehen wir den Nordrand oben, den astronomischen Westrand rechts.


Grafik links: Die astronomischen Richtungen. Hier gelten übrigens gerade folgende Librationswerte:
Breite +6,6°/ Länge -2,2°
Südblick in ein Entwicklungsgebiet

Astronautiker interessieren sich speziell für das Südpolgebiet des Mondes: Wegen des streifend einfallenden Lichts gibt es dort Kraterböden, in die kein Sonnenstrahl vordringt. Hier könnten künftige Mondfahrern Wassereis gewinnen.

Am Rand dieser Krater erheben sich einige Berggipfel, die ständig von der Sonne getroffen werden. Diese wären vorzügliche Standorte für lunare PV-Anlagen. Mit deren Strom ließen sich aus dem Mondwasser per Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen - und damit auch Raketentreibstoff.

Um dieses lunare Entwicklungsgebiet von der Erde aus betrachten zu können, sollte die Libration in Breite möglichst große Minuswerte zeigen, z.B. - 6°.
Wie kommt man zu den Librationswerten?
Librationswerte für einen bestimmten Termin liefern z.B.:


Bei WinJUPOS wählen Sie die Menüs: Himmelskörper: Mond. Werkzeuge: Ephemeridenrechnung. Graphik (ZM = Libration in Länge, ZBr = Libration in Breite)

Termine von Librations-Extremwerten listet der Virtual Moon Atlas auf.
Starten Sie dazu das Unterprogramm Calclun.

Da perspektivische Effekte ins Spiel kommen, sollte man bei Librationsberechnungen seine ungefähren Koordinaten eingeben.
Beobachtungsaufgaben
  • Mustern Sie randnahe Krater bei Librations-Extremwerten in Länge und Breite
  • Schauen Sie sich das lunare Südpolgebiet bei hohen negativen Breitenwerten an



Alle Angaben ohne Gewähr
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