Leuchtende Nachtwolken - Zustandekommen - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
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NLC - Zustandekommen: Kälte, Methan, Meteorstaub

NLCs bestehen aus Eispartikeln, die sich ob der dann extrem niedrigen Temperaturen sommers in der eher polnahen Mesosphäre bilden. Das Wasser stammt von Methan, als Kondensationskerne dienen winzige Partikel Meteorstaubs.

Da man NLCs offenbar nicht vor 1885 wahrnahm, wird eine vom Menschen gemachte Komponente vermutet: Die nachtleuchtenden Wolken wären somit vor allem eine Folge wirtschaftlicher Prozesse - und vielleicht sogar ein Menetekel.


Eiseskälte

Es wirkt paradox: In den Monaten Juni und Juli herrschen in der Mesosphäre nördlicher Breiten nicht die wärmsten, sondern die kältesten Bedingungen. Denn die Erwärmung der wetterbestimmenden Troposphäre wirkt sich in der Mesosphäre nachweislich umgekehrt aus, führt zu einer noch stärkeren Abkühlung. Dort wird die gefangene Energie in den Weltraum abgestrahlt.

Die Mesosphäre reicht von etwa 50 bis 85 km Höhe. An ihrem Plafond, der Mesopause, ist die Luft zehntausendmal dünner als am Boden. Nirgendwo auf Erden herrscht brutalere Kälte. In der Mesosphäre über der Arktis fällt das Thermometer sommers z.B. auf minus 143 Grad Celsius. Im Winter ist es 60 Grad wärmer.

Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid und Methan heizen unsere Etage des Atmosphärengebäudes auf.
Die dadurch verursachte Erderwärmung führt zu zusätzlicher Eiseskälte in der Mesosphäre.


Eindrucksvolle NLCs
waren von Wien aus am 5.7.2020 zu sehen.

Methan

Wasserdampf tut sich schwer, aus unserer Troposphäre in die Mesosphäre aufzusteigen. Er bildet sich dort droben aber letztlich auch aus Methan, das vom UV-Licht der Sonne getroffen wird. Trotzdem bleibt es hundert Mio. mal trockener als in der Sahara.

In dieser Höhe spielt Methan sogar den hauptsächlichsten Wasserlieferanten. Zwei von drei Methanmolekülen entstehen durch menschliche Aktivitäten. Alle drei Jahre nimmt der Methangehalt der Atmosphäre außerdem um ein weiteres Prozent zu.

Allein 2023 wurden rund 340 Mio. Tonnen Methan freigesetzt. Der größte Emittent ist die Agrarwirtschaft, dicht gefolgt vom Energiesektor. Aber auch Mülldeponien tragen zum Methanausstoß bei.

Rechnungen zufolge ist Methan für ein ganzes Drittel des globalen Temperaturanstiegs verantwortlich. Es ist ein wesentlich stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid, allerdings kurzlebiger. Vor allem im Energiesektor wäre ein Teil der Methanemissionen durchaus vermeidbar, stellte die Internationale Energie Agentur im März 2024 fest.

Hier ein Report der ESA vom September 2024 zum Methanausstoß, der trotz aller Beteuerungen in den letzten fünf Jahren dramatisch zugenommen hat. Das liegt auch an der Massentierhaltung - ein im Schnitzelland Österreich denkbar unbequemes Thema.

Je mehr Methan am Boden freigesetzt wird, desto weniger "trocken" gerät die Mesosphäre. 2010 traten NLCs etwa doppelt so häufig auf wie noch drei Jahrzehnte davor. Sie wurden außerdem immer heller.
Ein Fünftel der gesamten Methanfreisetzung auf Erden geht auf die Rinderhaltung zurück
Weitere Wasserlieferanten

Wie die Geschichte zeigt, können auch Vulkane Wasserdampf in die Mesosphäre einbringen. Immerhin erfolgten die ersten bekannten NLC-Sichtungen nach dem Ausbruch des indonesischen Krakatau.

Weitere Lieferanten sind Raketen: Schon nach Starts des US-Space-Shuttles nahm die NLC-Aktivität zu, weil die drei Flüssigkeitstriebwerke der Raumfähre Wasserdampf in großen Höhen freisetzten. Wind trieb ihn in die NLC-Zone.

Mittlerweile sind es vor allem die Starts der kommerziellen US-Firma SpaceX, die für den stärksten Wasserdampf-Ausstoß in der Raumfahrt sorgen. Immerhin gilt das Unternehmen von Elon Musk heute als Marktführer bei Raketenstarts.

2024 sollte alle zwei oder drei Tage ein neuer Start von SpaceX erfolgen. Die meisten Launches dienen dem Aufbau eines globalen Satellitennetzwerks für den Internetzugang mit allein etwa 40.000 Satelliten. Prognosen zufolge, könnte die Kommerzialisierung der Raumfahrt in den nächsten Jahren hunderttausende Objekte im erdnahmen Weltraum hinterlassen.

Die Auswirkungen einer derartig inflationären Nutzung sind umstritten. Zur Umweltbelastung beim Start kommt eine erhebliche Sichtbeeinträchtigung für astronomische Forschungseinrichtungen durch den Betrieb solcher Satellitenkonstellationen. Da letztlich all diese künstlichen Satelliten in der irdischen Lufthülle verglühen, wird auch der enorme Aluminiumeintrag in die Stratosphäre problematisiert.
Der letzte Start der Columbia im Jänner 2003: Beim Wiedereintritt verunglückte die Raumfähre - Foto: NASA
Meteorstaub

Pro Tag dürften bis zu 5.000 Tonnen Meteorstaub aus dem All in die Erdatmosphäre eindringen.

Das Gros dieser Teilchen ist viel zu klein, um beim Eintritt in die Lufthülle sichtbare Leuchterscheinungen - Meteore - zu produzieren. Stattdessen schweben diese dann ohne zu verglühen darin, auch in der Mesosphäre.

Der Meteorstaub bildet jene Kondensationskerne, an denen der Wasserdampf zu Eispartikeln gefriert. Offenbar kann auch Vulkanstaub zeitweise diese Rolle übernehmen.

Der aus dem Weltall stammende Kondensationskern macht letztlich aber nur 3 Prozent der Materie eines jeden fertigen NLC-Wolkenpartikelchens aus. Ein solches Eisteilchen ist tausendmal kleiner als der Querschnitt eines zumeist 0,05 bis 0,08 mm durchmessenden Menschenhaares.

NLCs-Eisteilchen messen 20 bis 70 Nanometer und bleiben somit 10 bis 100 mal winziger als jene der Cirrus-Wolken. Gewinnt das Partikel nämlich an Gewicht, sinkt es ab und verdampft in den tieferen, schon etwas wärmeren Mesosphäreschichten.

Deshalb ist die betreffende Schicht innerhalb der Mesosphäre überaus schmal. Sie liegt vor allem 83 bis 84 km über Grund.

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