Vorgeschichte der Kleinplanetenentdeckung - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Vorgeschichte der Kleinplaneten-Entdeckung
Kopernikus Denkmal in Warschau
Der erste, der einen neuen Planeten entdeckte, war Nikolaus Kopernikus.

Für ihn war die Erde nicht mehr das absolut unbewegte Zentrum des Kosmos - sondern vielmehr ein Wandelstern. Gemeinsam mit Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn zog sie um die Sonne.
Petreius' Druckerei befand sich
im Fachwerkhaus rechts
Das Hauptwerk des im polnischen Frombork wirkenden Domherren Kopernikus ging 1543 in Nürnberg bei Petreius in Druck: Das Haus existiert noch heute.

Kopernikus' Werk geriet zur Herausforderung für die Philosophie der damaligen Zeit (Artikel).
Einer der wenigen frühen Anhänger des kopernikanischen Weltbilds war der Nolaner Giordano Bruno (Artikel). Zu seinen Lebzeiten kannte man, Erde inklusive, nur sechs Planeten. Das Sonnensystem endete mit Saturn. Doch für Bruno existierten noch weitere Welten - sowohl jenseits der Saturnbahn als auch innerhalb des Merkurorbits; und überall dazwischen.

Diese wären, so spekulierte er um 1584, nur ihrer geringen Größe, ihrer größeren Entfernung oder ihrer sinngemäß geringeren Reflexionskraft wegen für uns nicht sichtbar.

Besser hätte man die viel später aufgefundenen Kleinplaneten gar nicht charakterisieren können! Aufgrund seines dem Christentum zuwiderlaufenden Gottesverständnisses machte ihm die römische Inquisition den Prozess.
Keplerdenkmal in Graz
Auch Johannes Kepler, geboren in Weil der Stadt nahe Stuttgart, hing schon in frühen Jahren dem kopernikanischen Weltbild an (Artikel).

Da er, der überzeugte Protestant, die Calvinisten nicht verurteilen wollte, entsandte ihn die Universität Tübigen als Mathematiklehrer nach Graz.

Während er dort mit bescheidenem Erfolg an der Stiftsschule unterrichtete, dachte Kepler über den Aufbau des Planetensystems nach.
Die Stiftsschule lag im Paradeis
Zwei Fragen beschäftigten Kepler in Grazer Tagen besonders:

Warum hatte Gott ausgerechnet sechs Planeten um die Sonne gesetzt?
Warum ließ er die Planeten ausgerechnet in derart unterschiedlich weiten Bahnkreisen um die Sonne herum ziehen?

Steckte dahinter eine Regel, eine göttliche Botschaft?

Kepler fiel die weite Lücke auf, die zwischen Mars und Jupiter klaffte. Zeitweise war es ihm, als müsse man dort einen weiteren Planeten einsetzen.
Kepler-Büste im Grazer Stadtpark
Der Schwabe versuchte in Graz vergeblich, eine mathematische Funktion zur Erklärung der unterschiedlichen Bahnradien zu finden. Er zeichnete, ebenso erfolglos, geometrische Figuren dazwischen ein.

Schließlich suchte er die Lösung in der dritten Dimension und verwandelte die planetaren Kreise in Kugelsphären.

Tatsächlich gelang es ihm nun, die fünf platonischen Körper zwischen die sechs Kugelsphären einzupassen.
Keplers "Weltgeheimnis"
Das ganze Konstrukt wirkte perfekt. Da es nur fünf solcher Körper gab, hätte man keinen Planeten weglassen und keinen hinzufügen dürfen.

Kepler war sich sicher, den göttlichen Bauplan durchschaut zu haben.

Die Frage nach einem weiteren Planeten zwischen Mars und Jupiter stellte sich somit nicht mehr.
Später, in Prag, setzte Kepler die sechs bekannten Planeten auf Ellipsenbahnen (heute erstes Keplersches Gesetz genannt). Sein zweites Planetengesetz beschrieb die unterschiedliche Geschwindigkeit einer jeden Welt in Abhängigkeit zu ihrer aktuellen Sonnendistanz.

In Linz legte er 1618 mit seinem dritten Gesetz dann eine mathematische Regel vor, mit der man aus der Umlaufszeit eines Himmelskörpers seinen mittleren Sonnenabstand berechnen konnte.
Galileis Statue in Florenz
1609 hatte Galileo Galilei sein Fernrohr erstmals zum Himmel gerichtet. Allerdings war dessen Gesichtsfeld ungemein klein.

Es war, als blickte man durch ein Schlüsselloch, das sich in einem halben Meter Abstand befand.
So wär's fein gewesen: Doch Neptun lag außerhalb des engen Gesichtsfelds
Als er einmal damit den Jupiter und dessen Monde anvisierte, fiel ihm in der Nähe ein weiteres Lichtpünktchen auf.

Doch weil er es aufgrund des kleinen Gesichtsfelds isoliert betrachten musste, entging ihm dessen langsame Bewegung.

So schrammte Galilei an der Entdeckung eines neuen Planeten, später Neptun genannt, vorbei (Artikel).
Damit hielt man weiterhin bei den sechs bekannten Planeten des Kopernikus. 1781 suchte der aus Hannover stammende, nach England ausgewanderte Musiker Wilhelm Herschel den Himmel nach Doppelsternen ab. Dabei stieß er auf einen grünlichen Lichtpunkt, der sich langsam zwischen den Fixsternen weiter bewegte.
Uranus im Teleskop
Herschel hatte einen siebenten Planeten entdeckt! Das machte ihn berühmt. Der Musiker wurde zum englischen Hofastronomen ernannt.

Auf Vorschlag Johann Bodes taufte man Herschels neuen Planeten Uranus.
Uranus verdoppelte den Radius des Sonnensystems. Es reichte jetzt nicht nur 9,6 sondern 19,2 Erdbahnradien ins All hinaus.


Eine seltsam stimmige Beziehung

1772 hatte der schon genannte Astronom Johann Bode eine sechs Jahre alte Fußnote in einem Buch des Wittenberger Professors Johann Titius ausgegraben. Dieser hatte eine verblüffend einfache mathematische Reihe gefunden, mit der sich die Sonnenabstände der Planeten recht genau und sogar im Kopf berechnen ließen. Sie wurde als "Titius-Bode-Reihe" bekannt.

Titus begann mit den Zahlen 0 und 3 und verdoppelte die 3 anschließend immer wieder. Außerdem addierte er stets noch die Zahl 4 hinzu und dividierte das Ergebnis durch 10.

So kam er auf folgende Summen: 0,4 - 0,7 - 1,0 - 1,6 - 2,8 - 5,2 - 10,0 - und in Fortführung auf 19,6. Diese Zahlen entsprachen tatsächlich recht gut den mittleren Sonnenabständen der Planeten, ausgedrückt in Erdbahnradien!
Planet     Titius  real   Anmerkung
Merkur     0,4     0,39
Venus      0,7     0,72
Erde       1,0     1,0
Mars       1,6     1,52
???        2,8     ???    unbesetzt
Jupiter    5,2     5,20
Saturn    10,0     9,54
Uranus    19,6    19,19   zunächst unentdeckt
Mit Herschels Entdeckung erfuhr die seltsame Reihe eine weitere Bestätigung, denn der Uranus kreiste in recht genau der kalkulierten Distanz. Die Reihe mutete vielen Astronomen nun nicht mehr an, wie eine bloße mathematische Spielerei.

Allerdings: Nach der Titius-Bode-Reihe sollte noch ein Planet bei 2,8 Erdbahnradien existieren, also zwischen Mars und Jupiter. Doch da sah man keinen.
Die himmlische Polizei

Der in Budapest geborene österreichisch-deutsche Astronom Franz Xaver von Zach kannte den Uranus-Entdecker Wilhelm Herschel persönlich. 1798 organisierte Zach in Gotha den wohl ersten astronomischen Kongress der Geschichte.

Im selben Jahr begann er, eine astronomische Monatszeitschrift herauszugeben, die Monatliche Correspondenz.

Außerdem scharte er im September 1800 eine Gruppe von Himmelsbeobachtern um sich. Unter dem Namen Himmlische Polizey (Artikel im Internetarchiv, USA) wollten der Gastgeber Johann Schröter, dessen Gehilfe Karl Ludwig Harding, Baron Zach sowie der Amateurastronom Heinrich Olbers die Tierkreissternbilder absuchen. Ihr Ziel war es, den mutmaßlich fehlenden Planeten bei 2,8 AE aufzustöbern.

Allzu groß und hell konnte er nicht sein, denn sonst wäre er den Astronomen längst ins Netz gegangen.

Also mussten erst genaue Himmelskarten angefertigt werden, die auch schwache Sterne zeigten. Ein neuer Planet würde sich dann durch seine gemächliche Bewegung zwischen diesen Fixsternen verraten.

Astronomen in England, Dänemark, Schweden, Russland, Italien, Frankreich, Polen und Österreich wurden brieflich zur Mitarbeit eingeladen. Eines dieser Schreiben machte sich auf den Weg nach Palermo ...

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