Konjunktionen - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Konjunktionen (hier geht es gleich zur aktuellen Vorschau)
Es gibt in der Astronomie verschiedene Definitionen für den Begriff Konjunktion (lat.; Verbindung), je nach verwendetem Koordinatensystem.

Ich wähle hier eine praktische Variante - und bezeichne einfach das scheinbare Treffen von einem oder mehreren Himmelslichtern so.

Zu den Beteiligten an einer Konjunktion zählen vor allem der Mond, die hellen Planeten, Kleinplaneten, auffällig strahlende Sterne oder prominente Sternhaufen.
2023: Venus, Jupiter, Mond samt Erdschein
Solche Ereignisse sind hübsch anzusehen. Zumeist braucht man dazu kein Teleskop, weil die betreffenden Gestirne einander nicht nahe genug kommen, um ins enge Bildfeld dieses Instruments zu passen. In etlichen Fällen passen sie aber ins großzügigere Gesichtsfeld eines Fernglases.

Für Himmelsfotografen sind Konjunktionen ebenfalls ein Leckerbissen. Oft sind die beteiligten Gestirne hell genug, um während der Belichtung auf eine Nachführung verzichten zu können:
Mond, Mars, Venus 2015
Dann genügen Kamera, Stativ und ein Normalobjektiv bzw. ein leichtes Tele. Wer zusätzlich noch einen Fernauslöser, eine Lesehilfe und eine Bahtinov-Maske zum Scharfstellen einsteckt, tut sich leichter. Gelegentlich ereignen sich Konjunktionen am Dämmerungshimmel, was zusätzlich Farbe in Bild bringt. Siehe: Fotografie ohne Teleskop in meinen Fototipps.
2008: Mond und Venus, knapp vor der Bedeckung des Planeten
Eine folgenreiche Konjunktion

Himmlische Begegnungen sorgten in der Geschichte gelegentlich für großes Aufsehen - vor allem, weil man ihnen eine astrologische, also sterndeuterische Bedeutung zuschrieb. Es gibt aber auch eine Konjunktion, die bedeutenden Einfluss auf die Astronomiegeschichte nehmen sollte.

Am 26. August 1563 (damals galt noch der Julianische Kalender) begegneten der helle Jupiter und der etwas schwächere Saturn einander. In der zweiten Nachthälfte bildeten sie ein enges Lichterpaar im Sternbild Krebs, mit einem gegenseitigen Abstand von bloß 7 Bogenminuten.

Der jugendliche Tycho Brahe war einer der Beobachter. Der Däne bemerkte: Der Termin dieses Treffens wurde nur schlecht vorhergesagt. Berechnungen, die auf Ptolemäus fußten, irrten deutlich. Jene, die nach der neuen, höchst umstrittenen Idee des Kopernikus kalkuliert wurden, waren ebenfalls ungenau.
Tychos Konjunktion am 26.8.1563:
Oben eng Jupiter und Saturn, links unten die Venus
Tycho fasste den Entschluss, den Lauf der Wandelsterne selbst zu erforschen. Er lotete den Sternenhimmel in Folge mit einem einfachen hölzernen Winkelmessgerät aus.

Später gründete er eine riesige Sternwarte auf der Insel Hven, die er zu einem führenden Zentrum der astronomischen Forschung ausbaute. Niemand ermittelte die Örter der Sterne und Planeten so genau wie er.

Sowohl mit Ptolemäus als auch mit Kopernikus hadernd, entwickelte Brahe sein eigenes Weltbild.

Von Ptolemäus übernahm er die bewegungslose Erde im Zentrum von allem. Auch die Sonne ließ er weiterhin um die Erde jagen.
Die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn umrundeten bei Brahe die Sonne, ähnlich wie bei Kopernikus. Doch diese Sonne zog weiterhin tagtäglich um unsere Welt herum - nun eben mit dem ganzen planetaren Tross im Schlepptau.

Für sein tychonisches Weltsystem fehlte Brahe allerdings der mathematische Unterbau. Deshalb stellte er den Schwaben Johannes Kepler an. Der wiederum nutzte die braheschen Marsbeobachtungen später, um nicht das tychonische, sondern die kopernikanische Kosmologie zu belegen und entscheidend zu verbessern - indem er die kopernikanischen Kreisbahnen mit Ellipsen ersetze.
Verschiedene Akteure

Je rascher ein Wandelgestirn durch die Fixsternkulisse zieht, desto häufiger trifft es andere. Der Mond ist am flinkesten, schafft den Weg durch den Tierkreis in knapp vier Wochen. Weil die Mondbahn zur Ekliptik um etwa fünf Grad geneigt ist, passiert er die hellen Sterne sowie auffällige Sternhaufen wie die Plejaden oder die Hyaden einmal in geringerem, dann in weiterem Winkelabstand.

Meist versuchen die Planeten, dem Mond ein wenig "davon zu laufen". In gut einem Monat überholt er sie dennoch.
Venus, Mars und der junge Mond samt hellem Erdschein (20.2.2015)
Der Mond strahlt wesentlich kräftiger als alle Sterne und Planeten zusammen. Er stiehlt seinen jeweiligen Rendezvouspartnern und -partnerinnen gewissermaßen die Show. Anders ist dies, wenn er bloß als zarte Mondsichel in Erscheinung tritt. Dann würzen Erdschein und das dunkle Blau der letzten Abend- bzw. ersten Morgendämmerung die Szenerie zusätzlich.

Manch enge Begegnung entgeht uns, da sie am Taghimmel stattfindet. Ähnliches gilt für den sonnennahen, flinken Merkur, der sich nur zeitweise - und bei uns bestenfalls in der hellen Dämmerung - zeigt: Auch seine Besuche bei anderen Planeten oder prominenten Sternen gehen zumeist im Himmelsblau unter.
2000: Venus nahe der Plejaden
Die Stelldicheins der gleißenden Venus mit dem Mond, mit ihren Planetenkollegen, auffälligen Sternen oder den genannten Sternhaufen ereignen sich hingegen oft in der frühen Morgen- oder späten Abenddämmerung:

Dann präsentiert sich der Dämmerungshimmel oft im dunkelsten Blau.

Am wirklich dunklen Nachthimmel können gegenseitige Konjunktionen der äußeren Planeten Mars, Jupiter und Saturn stattfinden. Allerdings sind deren Bahnen unterschiedlich stark zur Ekliptik geneigt.
Deshalb halten auch sie bei solchen Rendezvous' einen gewissen Respektabstand zueinander ein. Extrem enge Begegnungen oder gar Bedeckungen sind äußerst selten. So verschmolzen Mars und Jupiter am Abend des 12. September 1170 scheinbar miteinander, weil der Mars tatsächlich vor dem Jupiter vorbei zog. Der englische Mönch Gervasius von Canterbury hielt den Anblick fest.
Treffen von Mond, Mars, Jupiter und Venus, 1991
Amateurastronomen freuen sich besonders über die seltenen Fälle, bei denen zwei Planeten gleichzeitig im Fernglas oder im noch deutlich kleineren Bildfeld eines Teleskops zu sehen sind.

Gelegentlich gesellt sich ein weiteres Gestirn hinzu: Dann bilden drei Objekte ein auffälliges Lichterdreieick am Himmel.

Im Juli 1991 fanden sich mit Venus, Jupiter, Mars und Mond sogar vier zusammen.
Besonders hübsch sind Konjunktionen, in denen der noch ganz junge oder der schon ganz alte Mond die Hauptrolle spielt. Wir sehen ihn dann als zu- bzw. abnehmende, sehr schlanke Sichel - gemeinsam mit dem Erdschein. Auch in dieser sehr frühen oder sehr späten Phase mag der Mond gegebenenfalls hellen Planeten (vor allem Venus, Jupiter oder Mars) begegnen.

Der Mond mit Erdschein passiert die Plejaden (11.4.2024)
Alljährlich im März und April schiebt sich die zarte Mondsichel abends mit Sicherheit zwei oder dreimal am Sternhaufen der Plejaden vorbei. Im Juni und Juli geschieht das ebenso gewiss am Morgenhimmel.

In jedem Fall sind Konjunktionen ein Spiel der Perspektive. Sie kommen nur aus Sicht des irdischen Betrachters zustande. Im Raum trennen Millionen bis Milliarden Kilometer die dahinwandelnden Akteure voneinander.
Auswahl der nächsten Konjunktionen
  • 13./14. Juli: Harmonia bei Pluto

Der Kleinplanet Harmonia (9,1 mag) zieht am lichtschwachen Pluto (14,6 mag) vorbei. Harmonia wäre schon im Fernglas sichtbar; doch Pluto lässt sich nur fotografisch einfangen. Dazu muss man die Kamera am Teleskop befestigen und die Verfahren der Deep Sky Fotografie wählen. Die folgende Grafik hält die Situation am 14. Juli um 1 Uhr MESZ fest.

Der graue CCD-Rahmen misst 37 x 25 Bogenminuten, die Richtung zum Zenit ist oben. Mit kürzeren Brennweiten als 2000 mm lässt sich das Duo ein paar Tage länger gemeinsam im Bild festhalten.
  • 17. Juli: Mond bei Antares

Der schon fast volle Mond zieht am Abend des 17. Juli nahe am Antares, dem Hauptstern des Skorpions, vorbei. Der Abstand zwischen den beiden beträgt etwa einen Monddurchmesser.

  • 24. Juli: Mond bei Saturn

Der fast noch volle Mond passiert den Planeten Saturn. Wenn das Duo bei uns gegen 22:30 MESZ aufgeht, ist die geringste Annäherung schon vorüber. Der gegenseitige Abstand beträgt dann noch etwa einen Monddurchmesser und nimmt im Lauf der Nacht auffallend zu.
  • 30. und 31. Juli 2024: Mond, Plejaden, Mars, Aldebaran und Jupiter

Die zweiten Nachthälften bzw. die frühen Morgenstunden der letzten beiden Julitage schenken uns hübsche Himmelsanblicke.

Am 30.7. geht der abnehmende Mond kurz nach Mitternacht auf und weilt dann nahe des berühmten Siebengestirns (Plejaden). Zu Beginn der nautischen Dämmerung gegen 4 Uhr morgens stehen dann die Plejaden, der Mond, der Stier-Hauptstern Aldebaran, der (praktisch gleich helle) Mars und der gleißende Jupiter recht niedrig im Osten - alle innerhalb von nur 15 Grad.
Der Anblick am Morgen das 30. Juli 2024
Am Morgen des 31.7. bietet sich ein ähnliches Bild: Nur der Mond ist noch schlanker geworden und präsentiert sich nun mit einem deutlicheren Erdschein. Außerdem weilt er nun näher beim Jupiter. Jetzt stehen alle genannten Objekte innerhalb von 17 Grad.

Man kann den Anblick freiäugig mit Blick nach Osten genießen. Ein nicht allzu stark vergrößerndes Fernglas mag - je nach Bildfeld -  jeweils zwei oder drei der genannten Objekte gleichzeitig zeigen. Eine DSLR bildet das ganze Quintett an beiden Morgen gemeinsam ab, mit einem 50 mm Normalobjektiv (siehe Fototipps). Genau genommen, fängt es sogar den rechts der Plejaden weilenden Uranus (mit 5,8 mag ein Fernglasobjekt) mit ein.

Der Anblick am Morgen das 31. Juli 2024
  • 14. und 15. August: Mars bei Jupiter

Der Mars zieht eng an Jupiter vorbei. Zu Beginn der astronomischen Dämmerung gegen 3:45 MESZ strahlt das Planetenduo etwa 30 Grad hoch im Osten. Jupiter gleißt mit -2,2 mag. Der Mars ist 16 mal schwächer und leuchtet mit 0,8 mag ähnlich hell wie der Stierstern Aldebaran 8 Grad rechts des Duos.

Die geringste Annäherung stellt sich für uns früh morgens am 15. August ein. Bei einem Abstand von etwa 23 Bogenminuten - das ist deutlich weniger als ein Vollmonddurchmesser - passen Mars, Jupiter und die vier helleren Jupitermonde dann gleichzeitig ins Bildfeld eines schwach vergrößernden Teleskops. Am Morgen davor ist die Distanz nur unwesentlich größer.

Alle Angaben für den Großraum Wien und ohne Gewähr
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