Michstraße - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Galilei und die Milchstraße
Fern der Stadt genügt das freie Auge, um dem Verlauf der Milchstraße zu folgen. In der griechischen Mythologie war sie am Sternenhimmel verspritzte, göttliche Milch der Zeus-Gattin Hera. Nach dem altgriechischen Wort "gala" (Milch) tauften Astronomen die Milchstraße "Galaxis" - und andere Milchstraßen später "Galaxien".
Die Milchstraße zieht derzeit hoch über unsere Köpfe hinweg, von Horizont zu Horizont.
Demokrit glaubte, dass die Milchstraße in Wahrheit aus Sternen bestünde. Diese Anschauung teilten später auch einige islamische Astronomen, wie der Perser al-Biruni. Galilei spielte in seinem Sternenboten auf "den Streit, der die Philosophen seit so vielen Jahrhunderten gequält hat", an.

Auf welches ihrer Gebiete er 1609 auch immer sein Teleskop richtete: Es bot "sich dem Auge unverzüglich eine gewaltige Menge von Sternen dar". Einige muteten groß (also hell) und auffallend an, während, wie der Italiener notierte, "die Vielzahl der kleinen ganz und gar unerforschlich" war.

So kam Galilei zum Schluss: "Die Galaxis ist nämlich nichts anderes als eine Ansammlung zahlloser, haufenförmig angeordneter Sterne". Wir können Galileis Anblick unschwer nachvollziehen, wenn wir das Fernglas oder ein Fernrohr auf die Milchstraße richten.
Vor allem jetzt im Sommer!


Pfeil und Adler zählen zu den 48 klassischen Sternbildern, die bereits in der Antike bekannt waren und von den Griechen mit eigenen Mythen verwoben wurden. So erinnert der Adler unter anderem an das Lieblingstier des Göttervaters Zeus.

Unterhalb findet man das Sternbild Schild mit der sternenreichen Schildwolke.


Das Sternbild "Schild"

Dieses deutlich jüngere Sternbild ist eng mit der Wiener Geschichte verwoben. Im Juli 1683 lagerten türkische Truppen das zweite Mal vor der strategisch wichtigen Stadt. Den 16.000 hier Eingeschlossenen standen 200.000 Angreifer gegenüber.

Der Wiener Lepoldsberg wurde früher -wie heute noch sein Nachbar - "Kahlenberg" genannt


Nach zwei Monaten Belagerung waren Nahrungsmittel und Schwarzpulver in Wien bereits knapp. Minen hatten Breschen in die Mauer gesprengt.
Schließlich eilten 80.000 polnische, ukrainische, österreichische und deutsche Soldaten zu Hilfe - unter der Führung von Polens König Jan III. Sobieski.

Am 12. September 1683 entschied die Schlacht am Kahlenberg (links die dortige Gedanktafel) über Wiens Schicksal.
Polnische Reiter spielten die Schlüsselrolle. Der Danziger Astronom Johannes Hevelius setzte darauf hin zwischen die alten griechischen Konstellationen Adler, Schlange und Schütze das Bild "Schild des Sobieski". Es wurde später entpolitisiert und mutierte zum schlichten Sternbild "Schild".

Jan Heweliusz, latinisiert "Hevelius", entstammte einer Danziger Brauerfamilie


Im von Hevelius geprägten Sternbild Schild schimmert die Milchstraße besonders kräftig: Viele Sternchen zeigen sich im Gesichtsfeld des Fernglases.
Prominent ist der offene Sternhaufen M11 (Foto oben), auch "Wildentenhaufen" genannt. In über 6.000 Lichtjahren Abstand zu uns versammeln sich hier an die 3.000 Sterne. Sie entstanden vor etwa 300 Mio. Jahren in der selben Molekülwolke. M11 ist fern der Stadt schon im Fernglas ein lohnendes Beobachtungsobjekt. Die V-förmige Anordnung der hellsten Sterne erinnerte einen frühen Betrachter an den Flug von Wildenten - daher der Name "Wild Duck Cluster".

Ein anderer offener Sternhaufen im Schild ist M26 (Foto unten). Er steht uns mit 5.000 Lichtjahren Distanz etwas näher und ist mit 85 Mio. Jahren auch deutlich jünger als der M11. Trotzdem wirkt er ärmer.
Anderswo, in den Konstellationen Pfeil und Adler, scheint sich hingegen ein Riss im matten Band aufzutun; hier sinkt die Zahl sichtbarer Lichtpunkte deutlich. Tatsächlich blockiert dort aber nur dunkler Staub den Blick auf das fernere Sterngewimmel.

In meinem Buch Helden des Himmels erfahren sie, wie Wilhelm Herschel die Milchstraße auszuloten suchte; wie sie Harlow Shapley gewaltig aufblähte und als einziges derartiges Gebilde im ganzen Universum betrachtete - und wie Edwin Hubble unsere Galaxis schließlich zu einer in einem ganzen Meer von Galaxien degradierte.
Die Milchstraße selbst beobachten
Wenn Sie die Milchstraße entlang "spaziergehen" möchten, müssen Sie der Großstadt entfliehen - jedes Jahr kommt ein Stück Wegs hinzu. Ursache ist die Lichtverschmutzung, die man wohl besser "Lichtverpestung" oder "Lichtbesudelung" nennen sollte.
Sie entsteht durch künstliches Licht, das - meist problematischer Lampenformen wegen - nicht zu Boden fällt, sondern direkt in den Himmel enteilt. Das ist nicht nur schlecht für die Tierwelt, sondern eine Energieverschwendung ungeahnten Ausmaßes. Es gibt tatsächlich Lampen, die mehr Licht nach oben als nach unten abstrahlen; manche tun dies auch ganz absichtlich.

Die vergeudeten Strahlen werden dann von Schwebeteilchen in der Atmosphäre gestreut und verpassen dem Nachthimmel ein ekeliges Grau. Umfassende Informationen zu diesem Thema bietet das Buch Das Ende der Nacht von DDr. Thomas Posch und anderen Autoren.
In Wien brauchen Sie das Band der Milchstraße nicht mehr zu suchen: Grund ist die grassierende Lichtverschmutzung.
Mittlerweile bekommt ein Drittel der Menschheit die Milchstraße niemals zu Gesicht. Gleiches gilt für 60 Prozent der Europäer. Als Kind sah ich sie sogar im "Zentrum" von Wien-Floridsdorf noch. Heute mache ich am gleichen Standort nur noch eine Handvoll Sterne aus. Entsprechend sinkt auch die Grenzgröße im Teleskop von Jahr zu Jahr.
Obgleich in Wien zwei Volkssternwarten, ein Planetarium und ein Sternengarten subventioniert werden - es fehlen Verordnungen und Gesetze, die Privaten und Wirtschaftstreibenden verbieten, den Himmel sinnlos mit Licht zu besudeln.
Das zeigt: Dieses Umweltproblem wird nicht ernst genommen, obwohl es z.B. auch Auswirkungen auf die Tierwelt hat - etwa auf Singvögel.
Beobachtungsaufgaben
  • Können Sie die Milchstraße mit freiem Auge oder Fernglas ausmachen?
  • Welche Regionen sind am hellsten?
  • Erkennen Sie besondere Sternkonzentrationen im matten Band?
  • Gelingt es Ihnen, die Sternhaufen im Sternbild Schild zu erspähen?
  • Fallen Ihnen besagte Dunkelwolken auf?
Fototipps gefällig?
Unter dunklem Himmel lassen sich die hellsten Milchstraßenpartien bereits mit der DSLR und einem Normal- bis Weitwinkelobjektiv fotografieren.

Will man Himmelsobjekte innerhalb der Milchstraße festhalten, muss man zu den Verfahren der Deep Sky Fotografie greifen. Entweder man fotografiert damit direkt durchs Teleskop, oder man montiert die Kamera samt Teleobjektiv huckepack am Fernrohr und nützt so bloß die Fernrohrnachführung.
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