Polarlicht: Persönliches - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
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Persönliche Erlebnisse (Seite überspringen)
1989 war ein gutes Jahr für Polarlichtbeobachter. Die hohe Sonnenaktivität gestattete anderen Zeitgenossen sogar die Beobachtung von Österreich aus.

Ich wollte aber auf Nummer sicher gehen und begab mich gleich ins Reich des Nordlichts.
Ende Oktober flog ich über Kopenhagen und Oslo Richtung Tromsö.

Durch das Bordfenster der DC9 sah ich das Himmelslicht dann erstmals, vor und nach der Zwischenlandung in Bodö.
In Tromsö angelangt, befasste ich mich unter anderem mit dem Polarforscher und Nationalhelden Roald Amundsen.
Schon bald ging es noch weiter hinauf ins stark beleuchtete Alta, auf beinahe 70 Grad nördlicher Breite und an der Küste gelegen. Ein Taxi kutschierte mich vom Flughafen ein paar Kilometer ins Landesinnere. Damals arbeitete ich für die Erwachsenenbildung.
So fand ich dankenswerter Weise die Möglichkeit, gegen Obolus in einer norwegischen Folkehoyskole im Hinterland der Küstenstadt Quartier zu beziehen. Hier gab es Internatsbetrieb.
Die jungen Erwachsenen aus Norwegen, Schweden, Finnland und Deutschland lernten alles, was fürs Überleben in der rauen Natur nötig war - etwa Zeltbau, Kanufahren, Bergklettern, Jagen oder das Steuern von Hundeschlitten. Wir aßen abends gemeinsam.
Doch rasch zog es mich aufs verschneite Fußballfeld hinaus. Hier errichtete ich meine nächtliche Beobachtungsstation mit analogen, motorisierten Kameras, Objektiven verschiedener Brennweiten und selbstgebastelten Zeitschaltuhren.
War alles aufgebaut, freute ich mich, falls mir die Studenten Gesellschaft leisteten oder mir Brote und heißen Kaffee vorbei brachten. Mein erstes Polarlichtfoto schoss ich am 24.10.: 97 Jahre nachdem Martin Brendel dies erstmals in der selben Region gelang.
Natürlich schleppte ich auch einen KW-Empfänger und eine Lötstation nach Norwegen mit. Damals war ich jünger, kräftiger und kälteunempfindlicher. Dank des Golfstroms lagen die Temperaturen in Küsternnähe aber tagsüber ein paar Grad über, nachts ein paar Grad unter Null.
Das Polarlicht selbst begann zumeist gegen 18 Uhr. Da spannte sich schon der erste ruhige Lichtbogen von Horizont zu Horizont. Über den weiteren Ablauf lesen Sie hier.

Die Studenten waren das Schauspiel freilich gewohnt, doch wenn es außergewöhnliche Farbenpracht und Brillanz annahm, staunten auch sie und applaudierten.

In der Hälfte der Nächte blieb der Himmel klar, und dann zeigte sich jedesmal das Polarlicht. Die visuelle Ausbeute des zweiwöchigen Aufenthalts war jedenfalls reich.
Rissen nachts die Wolken nicht auf, folgte ich den leicht vereisten, vollkommen einsamen Straßen.
Tagsüber brachte ich mir selbst das Querfeldein-Wandern bei, mit Karte und Kompass. So gelangte ich zur Alta-Bucht, einem geschichtlich recht prominenten Platz der Polarlichtforschung.
Denn hier war Martin Brendel 1892 die erste Fotografie des Himmelsschauspiels gelungen. Und hier belichtete Carl Störmer Jahre später 40.000 Fotoplatten!
Ich bestaunte die steinzeitlichen Felsritzungen, die den Alltag vor tausenden Jahren festhalten. Im Alta-Museum erfuhr ich Wissenswertes über die Welt der Sami (einst "Lappen"). Ich lernte die Musik der samischen Sängerin Mari Boine Persen und ihre kritischen Texte kennen.
Ich befasste mich mit der norw. Umweltbewegung: Der Protest gegen ein Kraftwerksprojekt weiter oben am Altaelva bildete, vereinfacht gesagt, deren "Geburtsstunde". Der letztlich gescheiterte Widerstand beförderte außerdem das Selbstverständnis der Samen (Stichwort: Sapmi).
Außerdem versuchte ich, ein wenig über die damals schon prekäre Lage der kleinen Fischer zu erfahren, die mit den großen Fangflotten anderer Länder Europas einfach nicht mehr mithalten konnten.
Einmal half ich, Hunde zu überstellen. Das Tempo bestimmte der Vierbeiner, ich rannte hinterher. Ich band mir die Leine um die Hüfte und war froh, dass während des schweißtreibenden Laufs kein Hase über den Weg hoppelte.
Später schrieb ich für die (2023 leider von der Regierung versenkte) Wiener Zeitung mehrere ausführliche Artikel - über Polarlichtmythen, die Geschichte der Polarlichtforschung und über deren aktuellen Stand.

Mein Buch Helden des Himmels erzählt unter anderem auch davon.
In Wien versuchte ich danach immer wieder, einen Blick aufs Nordlicht zu erhaschen. 2003 gelang es mir einmal zu Mitternacht, als sich der Himmel vom West- bis zum Osthorizont rot färbte. Stellenweise sah ich die vertrauten Strahlen und schwach pulsierende Lichtflecken.
Weitere Sichtungen gelangen mir in Österreich nicht. Einmal verpasste ich das Schauspiel, als ich für ein neuseeländisches Magazin bei den Mineralientagen in München recherchierte. Ein andermal schnorchelte ich gerade im Roten Meer. Im November 2023 missinterpretierte ich dann einen Polarlicht-Alarm und wartete zu lange mit dem Beginn der Beobachtung.
Das spornte mich an, mein diesbezügliches Wissen wieder aufzupolieren.

Ich recherchierte, verfasste diese Seiten und absolvierte danach einen online-Kurs samt Prüfung von Aurora Labs mit Sitz im norwegischen Vadsö.


Wie zur Belohnung stellte sich fünf Monate später ein grandioses Polarlicht ein: Mit rötlichen Flecken und wandernden Lichtsäulen, die sogar bis über den Zenit hinaus gen Süden reichten.
Polarlicht am 10.5.2024 im Norden Wiens, mit Blick auf Bisamberg und Stammersdorf
Im Oktober 2024 besuchte ich das Land des Nordlichts dann zum zweiten Mal, bezog nahe der Stadt Tromsö Quartier. Die vielen Erlebnisse und Fotos - allein vom Nordlicht gelangen mir über 2.000 Aufnahmen - hier einzuarbeiten, wird allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
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