Mars
Der Mars kommt in der Mythologie nicht immer gut weg. Das dürfte vor allem an seinem auffallend rötlichen Farbton liegen, der die Menschen einst an Feuer und Blut denken ließ. Seine besondere Bewegung am Himmel erinnerte außerdem an Katastrophen, die rasch daher kamen - und dann lange anhielten: zum Beispiel Kriege, Dürren oder Seuchen.
In Mesopotamien nannte man das Gestirn Nergal. Dieser Gott stand für die Unterwelt, Brände, Krankheiten oder Kämpfe.
In Griechenland führte der Wandelstern den Namen Ares: Dieser Gott symbolisierte den männermordenden, ungestümen Krieg. Er stand im Gegensatz zur Weisheitsgöttin Athene, die man mit der Strategie und der Taktitk in Verbindung brachte.
Im römischen Imperium erfuhr der Kriegsgott Mars hingegen ganz besondere Verehrung. Die martialisch agierenden Römer huldigten ihm am Marsfeld. Sie tauften außerdem den März, den ursprünglich ersten Monat im Jahreslauf, und den Dienstag (italiensich: martedi) nach ihm.
Auch später schmückten Herrscher ihre Monumentalbauten gern mit Statuen und Büsten des Kriegsgotts Mars, um ihre miltärische Potenz zu betonen.
Übrigens: Der englische Wochentag Tuesday (norwegisch: tirsdag) ist nach dem Gott Tyr benannt, zuständig für Kampf und Sieg - also gewissermaßen der nordischen Entsprechung des römischen Kriegsgotts Mars.
Unser Dienstag leitet sich vom Namen der nordischen Volks- und Gerichtsversammlung Thing ab, die wiederum unter dem Schutz des Gottes Tyr stand. Von diesem Ding stammt auch unsere Bezeichnung dingfest machen (also eigentlich: jemanden der Gerichtsversammlung zuführen).
Kepler und Galilei
Noch bevor das Fernrohr erfunden war, widmete sich Johannes Kepler dem Mars. Der Däne Tycho Brahe hatte ihn beschworen, gerade diesen Planeten als Prüfstein für die wahre Kosmologie zu wählen. Brahe wollte damit sein eigenes Modell beweisen. Doch Kepler hatte andere Pläne: Mars sollte dem Kopernikanismus zum Siegeszug verhelfen!
Die berechnete Bahn dieses Planeten wich besonders stark von seinem
sichtbaren Lauf am Himmel ab. Selbst nach Kopernikus. Das liegt, wie wir heute
wissen, am stark elliptischen Charakter des Orbits. Von Merkur abgesehen, weicht
keine Planetenbahn so sehr von der idealen Kreisform ab.
Tatsächlich erkannte Kepler 1606 am Beispiel des Mars, dass Planeten eben
nicht auf Kreisen, sondern auf Ellipsen um die Sonne ziehen. Diese Erkenntnis
wurde später als das erste keplersche Gesetz berühmt.
Die Verbindungslinie Mars-Sonne überstrich dabei, trotz variierender
Sonnendistanz, in gleichen Zeiträumen gleiche Flächen: Dies gilt heute als das
zweite keplersche Gesetz.
Kepler veröffentlichte beide Entdeckungen 1609 in seinem Buch Astronomia Nova. Darin verglich er seine Arbeit mit einem mühevollen Feldzug gegen den antiken Kriegsgott Mars, den er dem Kaiser nun endlich als hochedlen Gefangenen präsentieren könne.
Galilei richtete sein Teleskop natürlich auch auf Mars. Doch mit seinem nur
schwach vergrößernden Teleskop konnte er auf dem kleinen Scheibchen keine
Details erkennen.
Italienische Jesuiten sahen später mit besseren Teleskopen diffuse Flecken. Giovanni Cassini und Christiaan Huygens nutzten die matten Schattierungen, um die Taglänge auf Mars zu bestimmen. Cassini kam 1665 in Bologna auf 24 Stunden und 40 Minuten; der tatsächliche Wert ist nur 3 Minuten kürzer.
1672 sah man in Paris ein weißes Gebilde im tiefsten Süden des Planeten - die Südpolkappe. Später sollte Cassinis Neffe Giacomo Maraldi auch die nördliche Polkappe studieren.
Mars selbst beobachten - mit freiem Auge
Der Mars ist erst im November und Dezember 2024 wieder gut zu beobachten. Seine nächste Opposition folgt am 16. Jänner 2025. Sie wäre günstig, weil Mars sehr hoch am Himmel steht - und ist doch ungünstig, ob der abermals sehr großen Marsdistanz von 96 Mio. km.
Mars rittert dann mit -1,4 mag im Glanz mit dem Planeten Jupiter (weit rechts von ihm im Stier), erreicht dessen Helligkeit aber nicht. Wie bei Planeten üblich, funkeln die beiden Wandelsterne nicht. Von ihnen erreicht uns, salopp gesagt, kein Lichtfaden - sondern ein ganzes Lichtbündel. Das übersteht atmosphärische Turbulenzen, sonst Auslöser der Szintillation, wesentlich besser.
Wir nützen den hellen, ruhigen Schein, um den Farbton von Mars und Jupiter zu vergleichen. Mars erscheint klar rötlicher. Diese Tönung geht, wie wir heute wissen, auf Eisenoxide im Marsboden zurück. Bei punktförmigen Objekten tun sich unsere Augen mit Farbwahrnehmungen schwerer als bei flächigen. Daher mustern wir beide Planeten am besten mit einem absichtlich unscharf gestellten Fernglas.
Die rötliche Farbe des Mars stammt von Eisenoxiden im Boden - Foto: NASA
Zum Oppositionstermin im Jänner 2025 steht Mars in den Zwillingen. Dabei bildet er praktisch eine Linie mit den Sternen Castor und Pollux - was sich am 12. April 2025 in weiterem Abstand wiederholen wird. Um den 4. Mai zieht er dann ganz knapp nördlich des berühmten Sternhaufens M44 (Krippe) im Sternbild Krebs vorbei.
Wie beim Mars üblich, versucht er vor dem Ende seiner Sichtbarkeitsperiode "wegzulaufen". Wir sehen ihn also noch lange am Abendhimmel. Allerdings mit immer bescheidenerer Helligkeit: Ursache ist der sich vergrößernde Erdabstand, der Mitte Juni schon auf 274 Mio. km angewachsen ist.
Am 17. Juni 2025 passiert Mars den Regulus, den Hauptstern des Löwen. Beide leuchten dann gleich kräftig am Himmel. Bei einem gegenseitigen Abstand von bloß 45 Bogenminuten passen sie auch gleichzeitig ins Gesichtsfeld eines schwach vergrößernden Teleskops. Regulus gehört zur Spektralklasse B und erscheint uns seiner hohen Oberflächentemperatur von gut 12.000° C wegen ein ganz klein wenig bläulich. Umso auffälliger sollte der Farbkontrast zum rötlichen Mars ausfallen!
Mars im Fernrohr
Der Durchmesser des Marsscheibchens wächst zur Oppositionszeit auf knapp 15 Bogensekunden. Um ihn im Teleskop so groß zu sehen, wie wir den Mond mit freiem Auge erblicken, müssen wir deshalb eine Teleskopvergrößerung von 120 x wählen.
Wer ein Fernrohr von mindestens 10 cm Objektivdurchmesser besitzt, wird eine solch hohe Vergrößerung einsetzen können.
Mit kleineren Teleskopen sollte man sich in puncto Vergrößerung eher zurückhalten. Es sei denn, das Seeing ist außergewöhnlich.
Da Mars um etwa 40 Minuten langsamer rotiert als die Erde, bleibt der Anblick mehrere Tage lang ähnlich - wenn man stets zur gleichen Uhrzeit beobachtet. Es dauert dann etwa fünf Wochen, bis man die gesamte Oberfläche geschaut hat.
Bei passender Stellung der Marskugel erkennt man dunkle Schattierungen wie Syrtis Major oder Sinus Meridiani. Ein helles Gebilde im Süden ist Hellas Planitia - das Einschlagbecken könnte man versehentlich für die Südpolkappe halten.
Links der Mars in Aufnahmegröße, rechts in augenfreundlicher Vergrößerung. Die ist auch bei visueller Beobachtung wichtig.
Der fotografische Vergleich bestätigt: Die Beobachtungsbedingungen waren 2018 problematisch. Die Fotos sind im Kontrast erheblich verstärkt - das Auge hatte noch größere Schwierigkeiten, Details zu erkennen.
In der aktuellen Beobachtungssaison blicken wir ein klein wenig besser auf den Nord- als auf den Südpol des Mars. Auf der Nordhalbkugel herrscht ab Mitte November 2024 Frühling.
Der Mars besitzt übrigens auch eine vergleichsweise langweilige Seite, auf der es nur wenige Gebiete mit Kontrast zu sehen gibt. Wir sehen diese dann, wenn Amazonis-Planita (158 Grad westliche Länge) nahe dem Zentrum der uns zugewandten Marshemisphäre steht.
Beobachten wir im Jänner und Februar 2025 grob zur Mitternacht, schauen wir sehr viel interessantere Regionen - wie untenstehende Grafik belegt.
Mars zu Mitternacht des Oppositionstermins
Die Kontraste auf dem Marsscheibchen sind übrigens deutlich schwächer als auf Marsfotos bzw. auf den Kartendarstellungen.
Wichtig ist, nicht gleich den Mut zu verlieren. Unsere Wahrnehmung braucht mehrere Minuten Zeit, um mit den ungewohnten Sehbedingungen zurecht zu kommen. Außerdem sind die Augenblicke ruhiger Luft äußerst rar. Man prägt sich dann möglichst viele Details ein und wartet anschließend geduldig bis zum nächsten günstigen Moment.
Wer versucht, das Gesehene in Zeichnungen festzuhalten, schärft dabei seinen Blick.
Zum Oppositionstermin steht die Sonne quasi in unserem Rücken. Weit abseits davon macht sich ein beleuchtungstechnischer Phaseneffekt bemerkbar. Vorher liegt der äußerste westliche (rechte) Rand des Marsscheibchens im Dunkel, nachher der äußerste östliche (linke) Rand.
Versuche mit Filtern
Ohne Filter ist mir der Mars im 8-Zöller zu hell. Ich brauche beim Beobachten zumindest einen neutralen Polfilter (Polfilter gibt es auch paarweise, aber zwei kassieren mir hier zu viel Licht). Am liebsten setze ich den Baader Neodymium Mond- und Skyglowfilter ein; er steigert den Kontrast, ohne die natürliche Farbe des Mars allzu stark zu verändern.
Anders Farbfilter: Ein Orange- (z.B. Wratten Nr. 21) oder Rotfilter (z.B. Nr. 23A) steigern den Kontrast der Oberflächendeteils.
Spezialisten halten außerdem Grünfilter (z.B. Nr. 56) und Blaufilter (z.B. Wratten Nr. 80A oder 38A) bereit, um Nebel bzw. Wolken auf dem Mars aufzuspüren.
Eingefleischte Marsbeobachter erblicken mit Gelbfiltern lokale Staubstürme und mitunter sogar Veränderungen in der Gestalt oder im Kontrast der Hell-Dunkel-Strukturen.
Weiteres zum Einsatz von Filtern lesen Sie hier.
Das vierteilige Meade Filterset 1,25 Zoll (12, 23A, 58, 80A) beinhaltet Filter, die man zur Beobachtung von Venus, Mars, Jupiter und Saturn einsetzen kann. Als Alternative bietet sich ein sechsteiliges Filterset von Omegon an.
Software für Marsbeobachter
Um den aktuellen Marsanblick zu simulieren oder Oberfleckendetails zu identifizieren, bietet sich PC-Software an.
Mein astronomisches Lieblingsprogramm, Guide von Project Pluto (Website und Download), bewährt sich auch hier.
Das feine kostenlose Programm WinJUPOS von Grischa Hahn berechnet unter anderem auch die Ephemeriden und den Anblick des Mars. Unter dem Menüpunkt Programm wählen Sie Himmelskörper und dann Mars aus; unter dem Menüpunkt Werkzeuge dann Ephemeridenberechnung (Website und Download)
Unten sieht man einen Vergleich zwischen meinem Foto und der Software-Darstellung in Guide sowie WinJUPOS. Das Foto entstand bei hoher Luftunruhe.
Hilfreich ist auch der Mars Previewer II (Download-Link). Fährt man hier mit dem Cursor über ein Oberflächen-Feature, wird der Name desselben angezeigt.
Es folgt ein weiterer Vergleich: Mein Foto (rechts) und die Darstellung des Mars in den genannten drei Programmen.
Die US-Zeitschrift Sky & Telescope bietet außerdem den interaktiven Mars Profiler an, der die aktuell sichtbare Marsseite in etwas ungewohnter Projektion darstellt.
Materialproben vom Mars
Aus allernächster Nähe können Sie den Mars im Naturhistorischen Museum in Wien sehen: In den Vitrinen der Meteoritensammlung finden sich nämlich auch Meteorite vom roten Planeten. Dazu zählen die Gruppen der Shergottite, Naklithe und Chassignite - gemeinsam kurz "SNC-Meteorite" genannt.
Fototipps gefällig?
Um Details auf dem winzigen Marsscheibchen im Bild festzuhalten, muss man mit einer CCD-Kamera durch ein möglichst langbrennweitiges Teleskop fotografieren.
Beobachtungsaufgaben
- Können Sie die Färbung des Mars mit freiem Auge erkennen?
- Funkelt er, mit freiem Auge betracht, deutlich weniger als helle Fixsterne?
- Wie würden Sie seine Tönung im Fernglas bzw. im Fernrohr bezeichnen?
- Machen Sie im Teleskop Oberflächenerscheinungen aus?
- Fallen Ihnen dabei neben Dunkelgebieten auch weiße Flecken auf?
- Wie ändert sich der Anblick von Nacht zu Nacht, wie von Woche zu Woche?
- Gelingt es Ihnen, den Anblick zeichnerisch festzuhalten?
Marsmonde
Für die Marsmonde Phobos und Deimos existiert eine Extraseite.
Literatur für Planetenbeobachter
Planeten beobachten
Von Günther D. Roth. Ein etwas älteres, aber äußerst vorzügliches Werk für alle, die Planeten im Teleskop studieren möchten! Gebraucht kaufen und Versandkosten beachten.
Sonne, Mond, Planeten beobachten und fotografieren
Ein neueres Buch zu oben genanntem Themenkreis, das sich u.a. auch der digitalen Fotografie mit Webcams widmet.
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Alle Angaben ohne Gewähr!