Marsmonde
Kaum ein Amateurastronom hat die beiden kleinen Monde des Planeten Mars je zu Gesicht bekommen - selbst erfahrene Marsbeobachter nicht. Ganz aussichtslos wäre der Versuch sie zu sehen, nicht. Hell genug wären sie gerade noch. Doch der Glanz des Mars vereitelte deren Entdeckung bis ins Jahr 1877.
Vorahnungen: Kepler, Swift, Voltaire
Johannes Kepler hörte 1610 in Prag von den ersten Fernrohrbeobachtungen Galileis. Der Italiener war auf vier Jupitermonde gestoßen - die ersten Trabanten fern der Erde.
Kepler dachte in harmonischen Proportionen: Wenn die Erde einen, der Jupiter aber vier Monde besaß, dann sollte der dazwischen kreisende Mars zwei besitzen - so spekulierte der Schwabe.
1726 veröffentlichte der anglo-irische Schriftsteller Jonathan Swift den satirischen Roman Gullivers Reisen. Er kannte Keplers Ideen. So erzählte Swift nun von den Astronomen der Insel Laputa: Diese hätten mit überlegenen Teleskopen zwei Monde des Mars studiert.
Swift wiederum inspirierte den französischen Philosophen Voltaire: Dieser fantasierte in seiner 1752 erschienenen Erzählung Micromégas nun ebenfalls von zwei Trabanten des Mars.
Asaph Halls Triumpf
Asaph Hall, ein Uhrmachersohn aus Connecticut, arbeitete ab 1862 am Naval-Observatorium in Washington. Dort befand sich bald das mächtigste Linsenteleskop der Welt. Öffnung: 66 cm.
Damals kannte man 18 Planetenmonde bei Erde, Neptun, Jupiter, Uranus und Saturn. Mars besaß scheinar keinen Begleiter - obwohl William Lassell, William Herschel, Heinrich d'Arrest und Johann Heinrich Mädler intensiv danach gesucht hatten.
1867 resümierte Mädler über Mars: "Ihm selbst fehlt ein Mond, oder dieser müsste von einer Kleinheit sein wie kein anderer Weltkörper. Hätte ein Marsmond auch nur 3 Meilen Durchmesser, er könnte uns in günstigen Oppositionen nicht verborgen bleiben". Drei deutsche Meilen entsprachen 22 Kilometern.
Hall ahnte: Falls es einen unentdeckten Marsmond gab, musste dieser auf ganz enger Umlaufbahn kreisen. Von seiner Gattin Angeline ermutigt, richtete er das mächtige Teleskop mit 400-facher Vergrößerung auf den Planeten.
Dessen grellen Glanz musste er "loswerden", um die unmittelbare Marsumgebung nach schwachen Lichtpünktchen absuchen zu können. So rückte er Mars zum Bildfeldrand und stieß ihn dann haarscharf hinaus.
Am 11. August 1877 erspähte er ein Lichtpünktchen knapp beim Planeten. Am 16. sah er es wieder. Und am 17. stieß er, noch knapper bei Mars, auf ein zweites.
Der Engländer Henry Madan schlug passende Namen für Halls Marsmonde vor. Der griechische Kriegsgott Ares war von Phobos - Furcht - und Deimos - Schrecken - begleitet worden. Nach diesem Duo wurden Asaph Halls Funde getauft. Einen ausführlichen Artikel lesen Sie im Internet-Archiv, USA.
Die Charakteristika der beiden Marsmonde
Die wahren Abmessungen der Monde Monde Phobos (NASA-Foto rechts) und Deimos (NASA-Foto rechts unten) zeigten erst Raumsonden.
Mariner 7 und 9, Viking 1 und 2 sowie Phobos 2 porträtierten die unregelmäßig geformten Mini-Welten zwischen 1969 und 1989.
Sie taten dies mit zunehmend besserer Auflösung.
Die Mondoberflächen erwiesen sich dabei als überraschend dunkel und von vielen Einschlagskratern gezeichnet.
Hier die Daten der beiden Marsmonde im Vergleich:
Phobos Deimos
Entdeckung 11.8.1877 17.8.1877
Namensbedeutung Furcht Schrecken
Durchmesser max. 27 km 15 km
Albedo 0,07 0,07
Abstand Zentrum max. 9.500 km 23.467 km
Abstand Oberfläche max. 6.100 km 20.100 km
Helligkeit max. 11,3 mag 12,4 mag
Umlaufszeit 7,7 h 30,3 h
Aufstöbern der Marsmonde durch Amateure
Beide Monde sind klein wie irdische Städte. Bei einer Rückstrahlfähigkeit von 7% ergeben sich bescheidene Maximalhelligkeiten von weniger als 11 bzw. 12 mag. Die würden allerdings für Amateurteleskope reichen.
Leider schießt der Phobos nur 6.100 km über der Marsoberfläche dahin. Deimos hält 20.100 km Abstand zum Marsboden. Erblicken wir das Marsscheibchen z.B. unter einem Winkel von 15", so steht Phobos maximal 13" von dessen Rand ab. Deimos schafft maximal 44". So nahe am Marsscheibchen ist die Überstrahlung enorm. Immerhin gleißt der Mars hunderttausendmal heller als seine Monde.
Asaph Hall schaffte es trotzdem, die Monde zu entdecken. Sternfreunde sind allerdings schlechter ausgestattet als der US-Amerikaner. Am Bildfeldrand ihrer Teleskope fehlt, anders als bei seinem Instrument, wohl die Abbildungsgüte.
Amateure bräuchten mittelgroße Instrumente mit möglichst wenig internen Lichtstreuungen und Reflexionen. Außerdem müssten sie den gleißenden Mars mit einer Art Blende abdecken. Diese sollte rasiermesserscharfe Kanten besitzen und wäre genau in der Brennebene eines kurzbrennweitigen, hoch vergrößernden Okulars zu montieren. Leider erlauben die allerwenigsten Okulare die Montage einer solchen Blende, im Englischen occulting bar genannt.
Deshalb haben nur wenige Sternfreunde Phobos oder Deimos je zu Gesicht bekommen. Ein Versuch schadet freilich nicht.
Fototipps
Hauptprobleme sind auch beim Fotografieren
- der enorme Helligkeitsunterschied zwischen Mars und seinen Monden
- der geringe Abstand der Monde zum Planetenscheibchen
Mars überstrahlt seine Monde daher allzu leicht. Man kann bloß versuchen, einen brauchbaren Kompromiss in puncto Belichtung zu finden - bei dem die Monde gerade schon abgebildet werden, aber noch nicht im marsianischen Gleißen ertrinken.
Dazu wird mit Belichtungszeit und ISO-Wert experimentiert. Wegen der relativen Lichtschwäche der Monde setze ich hier eine DSLR ein.
In jedem Fall empfielt sich ein Teleskop mit langer Brennweite. Ein "langsames" System mit einem Öffnungsverhältnis größer 10 dunkelt das flächige Scheibchen des Mars ein, nicht aber die punktförmigen Monde.
Am 15.11.2022 ist es mir gelungen, wenigstens den Deimos fotografisch festzuhalten. Der Phobos verschwand auch hier im Lichtkranz des Planeten.
Beobachtungsaufgaben
- Können Sie einen Marsmond im Teleskop erspähen?
- Gelingt Ihnen das sogar mit beiden?
- Schaffen Sie es, einen oder zwei Marsmonde fotografisch festzuhalten?
Software für Mondbeobachter und Mondfotografen
PC-Programme helfen jene Zeitpunkte zu finden, zu denen die Monde möglichst weiten relativen Abstand zum Planeten einnehmen. Und beim Schauen durchs Teleskop weiß man so auch, wo genau zu suchen ist.
Beim Phobos ändert sich der Anblick außerdem sehr rasch, dank seiner Umlaufszeit von bloß einem Drittel Erdentag.
Kostenlos geht es mit dem Programm WinJUPOS von Grischa Hahn - Foto links.
(Die Unschärfe entsteht durch die hier verkleinerte Wiedergabe)
Alle Angaben ohne Gewähr!