Jupiters Großer Roter Fleck - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Jupiters großer roter Fleck
Der Große Rote Fleck (GRF) ist ein mutmaßlich seit dem 17. Jahrhundert beobachtetes Wirbelsturmgebiet im südlichen Äquatorialband Jupiters. Als Entdecker gelten der Engländer Robert Hooke und der Italiener Giovanni Cassini, der ein solches Gebilde in den Jahren 1665, 1672 und 1677 in seine Karten eintrug.

Wie es scheint, verlor man es zwischen 1713 und 1831 aus dem Blick. Möglich, dass der von Cassini gesehene Fleck nichts mit dem heute bekannten Großen Roten Fleck zu tun hat. "Unser" GRF wäre somit erst an die 190 Jahre alt.

Jedenfalls schrumpft der Fleck. Er ist kleiner und rundlicher geraten, wie Zeichnungen aus dem Jahr 1881, Fotos von 1891 und Nahaufnahmen der Raumsonden in den Siebzigerjahren belegen.

Wer ein kontraststarkes, ins Auge springendes Oval erwartet, wurde in den letzten Jahren jedenfalls enttäuscht. Der GRF ist während der Jahrzehnte auch blasser geworden, so als wäre ihm die eigene Berühmtheit peinlich.
Mittlerweile scheint er wieder Mut zu fassen: Schon 2017 sah ich  ihn prächtig orangefarbig. Er wirkte im 8-Zöller bei 160-facher Vergrößerung fast wie ein kleiner Blutstropfen auf hell-beigem Papier - siehe Foto links.
Die rötliche Tönung des Flecks soll neueren Experimenten zufolge von Ammoniak und Ethin stammen, das in großer Höhe dem solaren UV-Licht ausgesetzt ist.

Farbfilter können bei der Beobachtung des GRF helfen. Man wird die gleichen wählen, wie auf der Seite Wolkenbänder beschrieben. Aber auch ein weitgehend farbneutraler Kontrastfilter wie der Baader Neodymium (Mond- und Skyglow) steigert die Sichtbarkeit des Flecks.

Der Fleck war lange Zeit groß genug, um die Erde darin zwei- oder dreimal zu versenken. In den letzten Jahren ist er allerdings geschrumpft. Jetzt passt die Erde "nur" einmal hinein. In Zahlen: Ende des 19. Jh. maß er 41.000 km in Ost-West-Richtung. Im Jahr 2023 waren es 12.500 km.
Veränderter Anblick: Der GRF am 19. Juni 2019. Vergleichen Sie bitte mit obigem Foto.
Wann ist er zu sehen?
Die Existenz des GRF schenkt Jupiter zwei Gesichter: Die Hemisphäre mit Fleck wirkt interessanter als jene ohne diesen rötlichen Schmuck. Will man den Planeten beobachten oder fotografieren, weiß man daher gern im Voraus, wann der Fleck sichtbar ist.

Dazu berechnet man den Zeitpunkt des sogenannten Transits - das ist jener Termin, zudem der Fleck auf seinem Weg von Ost nach West in der Mitte des Jupiterscheibchens bzw. etwas südlich davon angelangt ist. Das Foto oben hält ihn fest.
    Jupiter (links) und der doppelgesichtige Gott Janus am Wiener Hofplatz
    Die beste Beobachtungszeit beginnt etwa 1 Stunde vor dem Transit und endet eine Stunde danach. Vor und nach diesem Intervall erscheint uns der Fleck aus perspektivischen Gründen in Ost-West-Richtung ärger gestaucht. Nimmt man das in Kauf, ist der Fleck pro Jupiterrotation etwa 4 Stunden lang für uns sichtbar.

    Der Transit-Zeitpunkt lässt sich nur mit zeitlicher Unschärfe angeben, weil sich der Fleck im Längensystem II langsam weiterbewegt. Dessen Position zeigt z.B. Grischa Hahn in dieser Grafik. Der Deutsche ist Autor der sehr praktischen Software WinJUPOS.

    Anhand dieser Position und einer automatischen Interpolation in die Zukunft zeigt und nennt die Software GUIDE (USA) die kommenden Transittermine:

    Beobachtungsaufgaben
    • Erblicken Sie den Großen Roten Fleck?
    • Wie schätzen Sie seine Tönung ein?
    • Wann steht er wirklich im Zentralmeridian des Planetenscheibchens?
    • Hält er sich an den angeführten "Fahrplan"?
    • Falls nicht - wie groß ist die zeitliche Abweichung in Minuten?

    Lesen Sie hier über Jupiters vier große, helle Monde.
    Fototipps gefällig?
      Der Große Rote Fleck lässt sich mit Teleskop und CCD/CMOS-Kamera festhalten. Eine DSLR am Fernrohr reicht dafür nicht.
      Software für Beobachter des GRF
      Guide 9.0
      Das kommerzielle, preiswerte Planetariumsprogramm zeigt unter anderem auch Jupiters Fleck in korrekter Position (siehe Grafik unten), und zwar zurück bis ins Jahr 1831. Um die Anzeige aktuell zu halten, sollte man im Guide-Verzeichnis jährlich die Datei grs_lon.txt  editieren:
      Unterhalb von "3015" setzt man eine neue Zeile ein, mit der letzten bekannten Länge des Flecks (z.B. aus dieser Quelle) und dem dazugehörigen Datum. Guide extrapoliert dann auch in die nähere Zukunft.
      Das schaut dann z.B. so aus:

      # See end of file for documentation
      YYYY MM DD Lon  Source/comments
      3015  5  1 14227 (extrapolation: 14 deg/yr over 1000 yr = 14000 deg)
      2024 05 01  54  (From http://jupos.privat.t-online.de/rGrs.htm)
      2023 07 01  38 (From http://jupos.privat.t-online.de/rGrs.htm)
      ....

      WinJUPOS
      Das kostenlose Programm von Grischa Hahn zeigt den GRF am korrekten Platz. Es bezieht dessen aktuelle Position aus dem Internet (Website und Download). Die gemessenen GRF-Positionen finden sich auf dieser Website.

      Ephemeris Tool
      Das ausgezeichnete High Precision Ephemeris Tool ist wieder erhältlich. Die neuere, jetzt kostenlose Version läuft mit einschränkenden Lizenzbedingungen auch unter Win 7 und Win 10 (Website und Download). Sie kalkuliert z.B. auch den Transit des GRF; geben Sie unter "Ephemeriden / Zentralmeridiandurchgang / Jupiter System 2" die aktuelle Länge des Flecks ein. Ich besitze noch die ältere Kaufversion.

      Sky & Telescope
      Die interaktive Webseite Transit Times of Jupiter's Great Red Spot der US-Zeitschrift Sky & Telescope berechnet die Durchgangszeiten, und zwar nach Eingabe eines Kalenderdatums im Format Monat/Tag/Jahr.

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