Merkur - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Merkur
Der sonnennächste und kleinste Planet taucht immer nur kurz in der Morgen- oder Abenddämmerung auf. Von unseren Breiten aus ist er damit nicht so einfach zu sehen. In äquatornahen Gebieten ist es hingegen ein Leichtes, ihn zu erspähen.

Dass Kopernikus bedauert haben soll, ihn angesichts der nördlichen Lage von Frombork, Polen, nie zu Gesicht bekommen zu haben, ist Unsinn. Er hatte allerdings Schwierigkeiten, seine genaue Position in der Dämmerung zu vermessen, weil da meist gut sichtbare Anhaltssterne fehlen.

Deshalb lieh sich Kopernikus für sein Hauptwerk "De Revolutionibus" Messungen des Astronomen Bernhard Walther aus Nürnberg aus (über Walthers Rolle in Nürnberg erfahren Sie näheres in meinem Artikel über Regiomontan).
Merkur zeigt Lichtgestalten wie die Venus. Allerdings sind sie schwieriger zu erkennen.
Galilei hatte mit seinen Teleskopen hier keine Chance. Während er das Lichtphasenspiel der Venus sehr gut studieren konnte, erschien ihm der kleine Merkur stets kugelrund.


Ein recht unscheinbarer Abend- oder Morgenstern

Merkur ist der innerste Planet und entfernt sich nie weit von der Sonne. Er wechselt flink von einer Seite auf die andere, bildet dann einen eher unscheinbaren "Abend-" oder "Morgenstern". Seine größten Winkelabstände zur Sonne nennt man Elongationen. Sie können maximal 28 Grad betragen. Es gibt eine östliche Elongation (Merkur links der Sonne) und eine westliche (Merkur rechts der Sonne).

Merkur zieht - wie alle Planeten - grob in der Ekliptikebene dahin. Die Ekliptik trifft den Westhorizont im Frühling unter einem vergleichsweise steilen Winkel. Beim Osthorizont ist dies im Herbst der Fall. Tritt eine östliche Elongation im Frühling ein, bietet sich eine brauchbare Merkursichtbarkeit in der Abenddämmerung. Tritt eine westliche Elongation im Herbst ein, ist Merkur in der Morgendämmerung zu sehen.

Da ich kein Frühaufsteher bin, berichte ich hier nur über günstige Abendsichtbarkeiten im Frühling.
Merkur abends am 19.3.2024 (oben links)
Gastspiel in der Abenddämmerung

In der zweiten Märzhälfte 2024 schenkt uns Merkur eine kurze Abendsichtbarkeit. Bei solchen Gelegenheiten lässt er sich nach Sonnenuntergang während der Abenddämmerung erspähen. Ein Beobachtungsplatz mit wirklich freier Sicht bis zum Westhorizont hinab ist Bedingung, damit die abendliche Merkursichtung gelingt.

Zunächst ist der Dämmerungshimmel noch zu hell. Während das Himmelsblau dunkler gerät, sinkt Merkur leider auch tiefer zum Horizont hinab. Ein Fernglas hilft, ihn möglichst früh auszumachen.

Die beste Sichtbarkeit bietet sich um den 24. März herum. Selbst da beträgt der Winkelabstand zur (untergegangenen) Sonne keine 19 Grad. Die bürgerliche Dämmerung endet im Raum Wien gegen 18:45 MEZ. Merkur steht zu diesem Zeitpunkt bloß 11 Grad hoch über dem Westhorizont (Azimut 273 Grad).


Aufsuchhilfen sind gefragt

Merkur zieht durchs Sternbild Fische. Entsprechend fehlen helle Sterne, die als Wegweiser dienen könnten. Leider passiert ihn auch die Mondsichel schon vor dem Beobachtungsfenster. Als Aufsuchhilfen bieten sich an:

Der helle Planet weilt 24 Grad links oberhalb des Merkur

Alpha und Beta im Widder:
Die beiden Fixsterne stehen 20 bzw. 16 Grad über dem Merkur. Die Sterne selbst sind etwa vier Grad voneinander getrennt; ein Fernglas zeigt also Alpha und den schwächeren Beta gleichzeitig. Verlängert man die von ihnen aufgespannte, senkrecht stehende Strecke gut viermal nach unten, gelangt man in Merkurs Nähe.
Der aktuelle Anblick im Fernrohr

Am 22./23. März ist das von der Erde aus sichtbare Merkurscheibchen gerade halb von der Sonne beleuchtet. Merkur nimmt in den folgenden Tagen ab.

Bei einem Winkeldurchmesser von 7,5" (am 24.3.) müsste man Merkur im Teleskop 240fach vergrößern, um ihn ähnlich groß zu erleben wie den Mond mit freiem Auge. Doch dabei vergrößert man auch die Luftunruhe mit: Sie macht sich so knapp über dem Horizont besonders störend bemerkbar.
Fototipps gefällig?
Man kann versuchen, Merkur mit der Digitalkamera einzufangen - auch ohne Teleskop. Dank Merkurs Helligkeit braucht es dazu bloß ein Stativ und am besten auch einen Fernauslöser.

Die Kameraautomatik bietet dank der hellen Dämmerung einen ersten Anhaltspunkt für die Belichtungszeit. Von extremen Weitwinkelaufnahmen rate ich ab: Denn dann wird Merkur nur noch 1 Pixel klein und damit quadratisch.

Scharfgestellt wird auf den hellen Planeten Jupiter, eventuell mit einer Bahtinov-Maske (diese Masken gibt es auch in passenden Größen für Kameraobjektive). Alternativ lassen sich sehr weit entfernte irdische Objekte am Horizont zum Fokussieren nützen.

Teleskopbesitzer werden sich über die starke Luftunruhe in Horizontnähe ärgern. Wer es in der Abenddämmerung dennoch probieren möchte, findet hier näheres zur Planetenfotografie mit der DSLR oder - besser noch - einer CCD-Kamera.
Beobachtungsaufgaben
    • Gelingt es Ihnen, Merkur freisichtig in der Dämmerung auszumachen?
    • Schaffen Sie es mit dem Fernglas?
    • Ist die aktuelle Lichtphase des Planeten im Fernrohr zu erkennen?
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