Sterne und Macht
Warum zieren Sterne etliche Wappen – darunter die von mehr als 50 Nationalstaaten?Tatsächlich trägt jeder vierte Staat dieser Welt einen Stern in seinem Banner!Und auch auf der Flagge sowie auf den Emblemen der EU prangen goldene Sterne - zwölf an der Zahl.
Die USA haben 50 Sterne in ihre Fahne gesetzt und damit quasi "die sternreichste Flagge aller Zeiten" geschaffen. Das Sternenmeer symbolisiert die US-Bundesstaaten – von Alabama bis Wyoming. Die Fahne von Texas trägt selbst nur einen einsamen Stern, weshalb Texas auch "Lone Star State" genannt wird.
Anders Alaska: Hier sieht man acht Sterne. Zu den sieben Sternen des Großen Wagens gesellt sich der Polarstern.
Immerhin 27 Sterne trägt die brasilianische Flagge. Sie zeigt den Sternenhimmel über Rio am 15. November 1889, als dort die Republik ausgerufen wurde. Im Zentrum ruht das Sternbild Kreuz des Südens, das sogar in der brasilianischen Landeshymne erwähnt wird.Diese Konstellation ziert auch die Flaggen von Australien und Neuseeland. Das kleinere Neuseeland zeigt das südliche Kreuz mit vier Sternen, das größere Australien präsentiert dieses Sternbild mit fünf Gestirnen. Der sechste Stern in der Flagge Australiens entspräche - von seiner Lage relativ zu den anderen Sternen her - dem Beta Centauri. Tatsächlich soll er aber den 1931 gegründeten Commonwealth repräsentieren. Man spricht vom "Commonwealth-Star".Selbst in sozialistischen bzw. kommunistischen Emblemen steckt ein fünfzackiger Stern – bekanntermaßen der rote.
Wozu sind die Sterne gut?Wahrscheinlich sollen die Sterne in den Flaggen Macht demonstrieren - und gleichzeitig eine besondere Beziehung zwischen einer weltlichen Institution, dem Staat, und den himmlischen Mächten suggerieren.Eine vom Menschen gemachte Institution holt sich durch diese Verbindung zum erhabenen, ewiglich scheinenden Sternenhimmel gleichsam besondere Legitimität, eine naturgegebene Rechtfertigung ihrer Existenz. Außerdem erhält sie so den Anstrich von alles überdauernder Beständigkeit.
Damit schließt man an antike Vorstellungen an. Damals standen gekrönte Häupter oft in besonders enger Beziehung zu den Himmlischen, stammten vorgeblich von diesen ab oder ließen sich sogar selbst als Gottheiten verehren.So feierten babylonische Könige z.B. heilige Hochzeiten mit der Göttin Ishtar, verkörpert im Venus-Gestirn.Julius Cäsar (Büste rechts) präsentierte sich ebenfalls als Nachfahre der göttlichen Venus.
Auch Galileo Galilei nutzte solche Vorstellungen, als er die 1610 von ihm entdeckten Jupitermonde ausgerechnet "Mediceische Gestirne" taufte.Er machte sie dem Herrscherhaus buchstäblich zum Geschenk: Während irdische, "menschliche Denkmäler durch Gewalttat, Unwetter und Alter schließlich untergehen" würden, so betonte Galilei, bildeten seine vier Wandelsterne ein schier ewigliches Monument für die Medici-Dynastie.Das Deckengemälde im Palazzo Medici Riccardi in Florenz (Ausschnitt unten) zeigt uns die "Vergöttlichung der Medici": Über den zum Himmel aufsteigenden Häuptern prangen Sterne.