Das Polarlicht - auch in Österreich möglich
In der Naturphilosophie des Aristoteles wurden kurzlebige
Erscheinungen am Sternenhimmel bloß der Meteorologie zugeschrieben. So
hielt man Kometen z.B. für bloße Ausdünstungen der Erde, die sich in
großer Höhe entzünden sollten. Obwohl Galilei mit der kritiklosen
Übernahme von aristotelischen Positionen hart ins Gericht ging, tappte
er im Fall des Nordlichts selbst in diese Falle.

Für ihn spiegelten sich bloß Sonnenstrahlen weit über der dunklen
Erdoberfläche an dunstgeladener Luft. Der falsch interpretierte Vorgang
ähnelte jenem der Dämmerung (lat. aurora).
Da Galilei das Schauspiel nur aus Berichten nördlicher Länder kannte, sprach er von der "Nördlichen Dämmerung", der "Aurora borealis". Später entdeckte man ähnliche Phänomene auch am Südhimmel.
In den Mythen nördlicher Völker Sibiriens, Europas und Amerikas spielt die Aurora eine wichtige Rolle. Ich erzähle davon - und von der spannenden Geschichte der Nordlichtforschung - ausführlich in meinem Buch Helden des Himmels.
Auf meiner Web-Seite finden Sie weitere Tipps, wie Sie in Österreich in den Genuss dieses himmlischen Spektakels kommen und es sogar fotografieren könnten.
Dieses NASA-Video wartet mit Ansichten des Schauspiels von Bord der Internationalen Raumstation aus auf.
Das Polarlicht einmal selbst sehen
Ausbrüche (Flares und CMEs) sind Folgen lokaler magnetischer Störungen auf der Sonne. Sie treten in Zeiten erhöhter Sonnenaktivität und in den beiden dann nachfolgenden Jahren statistisch stark gehäuft auf.
Solche Störungen sind die eigentliche Ursache der Polarlichterscheinung. Die dabei von der Sonne ins All gejagten geladenen Teilchen werden, sehr vereinfacht gesagt, vom Erdmagnetfeld eingefangen und dann, extrem beschleunigt, in Richtung der geomagnetischen Pole abgelenkt.
Über den arktischen Gebieten dringen diese in die Lufthülle ein und regen dort vor allem Sauerstoffatome, in geringerem Maße aber auch Stickstoffmoleküle und Wasserstoff zur Lichtabgabe an.

In großen Höhen leuchtet der Sauerstoff rötlich, in tieferen grünlich. Im Buch Helden des Himmels habe ich es so formuliert:
Aurora trägt ein rotes Top und einen grünen Rock.
Unser Auge ist nachts für rotes Licht recht unempfindlich. Bewohner
nördlicher Breiten sehen daher primär das grüne Leuchten der Aurora.
Fotografische Aufnahmen machen auch die anderen Farben und Tönungen
sichtbar. Um das zu dokumentieren, verweilte ich zwei Wochen lang nahe
dem nordnorwegischen Alta-Bossekop auf 70 Grad Breite. Es ist dies ein
Ort, der einst ganz entscheidend mit der Polarlichtforschung verbunden
war.

Nach ganz besonders heftigen Sonnenausbrüchen verbreitert sich die Polarlichtzone kurzzeitig und mag sich z.B. bis nach Dänemark vorschieben.
Dann bestehen auch Sichtungschancen von Österreich aus - hier sah man es z.B. am 7.4.2000, am 17.3.2015 oder am 23.4.2023.
Ein freier Blick dorthin ist nötig, was angesichts wilder Bauwut
selbst am Stadtrand zur Herausforderung geraten kann. Die städtische
Lichtverpestung beeinträchtigt die Sichtbarkeit außerdem von Jahr zu
Jahr immer mehr; vor allem die orangefarbigen Leuchten der
Stadtautobahnen statten den Himmel stets mit einer hässlichen,
orangeroten Tönung aus.
Wer vor dem Schlafengehen routinemäßig einen Blick zum Himmel wirft, dem
entging das Nordlicht in der Nacht vom 6. zum 7. April 2000 nicht.

In Wien erstreckte es sich in großfleckiger Struktur von Nordwest bis Nordost. Es erreichte sogar die Höhe des Polarsterns - und glänzte an seiner hellsten Stelle gelb.
Farben der Aurora
Die Farben der Aurora geben Auskunft über die dabei wirkenden Prozesse in der Erdatmosphäre und über die damit verbundenen ungefähren Höhen.
- Rot: Sauerstoff, 190 km und mehr
- Grün: Sauerstoff, 190 bis 100 km
- Blau: Stickstoff, 190 bis 100 km
- Violett: Stickstoff, unter 100 km
Aurora-Fotografie
Bei digitalen Spiegelreflexkameras wählt man am ehesten ein
Weitwinkelobjektiv und stellt manuell scharf (der
"Unendlichkeitsanschlag" am Objektiv muss nicht immer stimmen; der
Autofokus ist ohne klare Strukturen schnell irritiert). Der Weißabgleich
wird auf "Tageslicht" eingestellt.
Meist öffnet man die Blende ganz
(2 oder 2,8) und arbeitet mit hoher ISO-Zahl (400 oder 800). Die
Belichtungszeiten liegen dann zwischen etwa 10 bis 30 Sekunden (Modus
"M" wie "manuell"). Bei langer Belichtung treten die Farben kräftiger
hervor: Dafür werden die Strahlen der Aurora verwischt, und die Sterne
geraten zu kleinen Strichen. Am Monitor lässt sich der Erfolg der
gewählten Einstellungen zum Glück gleich überprüfen.

Selbst bei leicht wolkigem Himmel muss man die Kamera nicht daheim lassen. Die interne Rauschunterdrückung sollte eingeschaltet sein, auch wenn sie nach jedem Foto lange zum Rechnen braucht.
Ohne Stativ geht freilich nichts. Um beim Auslösen nicht zu verwackeln, verwendet man einen Fernauslöser oder wählt z.B. zwei Sekunden Vorlaufzeit ("Selbstauslöser").
Ein voll aufgeladener Akku ist von Vorteil, ein Reserve-Akku schadet nicht: Den trägt man am nahe am Körper, um Leistungsschwund durch Auskühlen zu vermeiden. Wer selten nachts fotografiert, wird die Gebrauchsanleitung seiner Kamera rechtzeitig bei Tag lesen - im Schein des Nordlichts ist es dafür zu spät.

Bei digitalen Kompaktkameras bleibt vieles Glückssache. Man wird wenigsten versuchen, ähnliche Einstellungen wie oben vorzunehmen.
Aufnahmen des Sternenhimmels empfehlen sich zum Testen der Ausrüstung. Eventuell sollte man schon vorher in nächtlicher Landschaft ausprobieren, wie sich die Kamera bezüglich Belichtungszeit und Fokus im "Nachtmodus" bzw. im "Landschaftsmodus" verhält. Den eingebauten Blitz schaltet man natürlich ab.
Kann man die Aurora hören?
Gelegentlich berichten Beobachter in nördlichen Breiten von Schallwahrnehmungen - und zwar gleichzeitig mit der visuellen Erscheinung. Das sollte schon aufgrund der langsamen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls nicht gehen. Trotzdem scheint es unter Umständen möglich zu sein. Näheres finden Sie hier.
Aktuelle Warnungen mittels Kp-Wert
Vor allem jetzt, wo die Sonnenaktivität wieder zunimmt, mag wieder eine Polarlichtsichtung gelingen. Mittlerweile gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich warnen zu lassen - damit man die Beobachtung nicht verschläft. Keine dieser Prognosen beansprucht allerdings Verbindlichkeit. Man wird mit etlichen Fehlversuchen rechnen müssen!
Das Auftreten von starken Polarlichtern wird von Störungen des Erdmagnetfelds begleitet. In Österreich misst u.a. ein Magnetometer des steirischen Senders Dobl die drei Komponenten des Erdmagnetfelds (x = Ost-West, y = Nord-Süd, z = vertikal).
Der sogenannte Kp-Index wurde 1949 von Julius Bartels am Geophysikalischen Institut Potsdam entwickelt. Er gilt als Maß für die magnetische Wirkung der solaren Teilchenstrahlung. Je höher dieser Wert, desto größer ist die Chance auf Aurora-Sichtungen.
Heute heißt das genannte Institut "Helmholtz-Zentrum Potsdam". Seine Seite zeigt links oben aktuellen Kp-Wert ("Nowcast"). Rechts oben wird eine Prognose für die nächsten Tage geboten ("Forecast").
Bei uns in Österreich wird es spannend, wenn der Kp-Wert abends auf 7, besser 8 oder 9 klettert.
Nützliche Seiten in den USA
Viele weitere Parameter des sogenannten "Weltraumwetters" sehen Sie auf spaceweatherlive.com und - weil es auch Funkverbindungen beeinflusst - auf hamqsl.com. Beide US-Seiten simulieren u.a. die aktuellen Sichtbarkeitsgebiete der Aurora!
Von der US-amerikanischen NOAA kann man sich per Email warnen lassen, wobei ich dort folgendes ankreuzen würde: "WARNING Geomagnetic K-Index 7 or greater ...", "ALERT Geomagnetic K-Index 8..." und "ALERT Geomagnetic K-Index 9..." sowie "WATCH Geomagnetic Storm Category G4...". Für erfahrene Nutzer empfiehlt sich noch "WARNING: Geomagnetic Sudden Impulse expected". Interessant ist die Prognose freilich nur, wenn der angegebene Zeitraum in die österreichischen Nachtstunden fällt.
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