Pluto
Der Pluto wurde 1930 bei einer fotografischen Kampagne entdeckt - und zwar am Lowell-Observatorium in Flagstaff, Arizona. Das Foto zeigt jene Kuppel, unter der die Kamera arbeitete.
Der Fund gelang dem US-Amerikaner Clyde Tombaugh, der immer wieder seine älteren und neueren Fotoplatten der Tierkreisregion mit einem Blinkkomperator verglich. Ein solches Instrument zeigt abwechselnd die eine, dann die andere Platte. Hat sich ein Objekt zwischen den Aufnahmen bewegt, springt dieses scheinbar hin und her.
Das folgende Foto hält den tatsächlich verwendeten Blinkkomperator fest.
Verhasste Gottheit
Benannt wurde die neu entdeckte, ferne Welt nach dem römischen Gott Pluto. Der Vorschlag stammte von der englischen Schülerin Venetia Burney, die mit der antiken Mythologie vertraut war.
Der römische Pluto galt wie sein griechisches Pendent Hades-Plutos als Beherrscher der Unterwelt (röm.: Orcus; griech.: Hades). Hades-Plutos war den Menschen verhasst. Die Griechen richteten nur wenige Kultstätten für ihn ein. Auch Hades-Statuen finden sich selten.
Eine Ausnahme bildete der Mysterienkult von Eleusis (Artikel hierzu). Hier gedachte man dem Raub der Demeter-Tochter Persephone (röm.: Proserpina) durch Hades (röm.: Pluto).
Die in die Unterwelt Entführte durfte nach einem Entscheid des Zeus für zwei Drittel eines jeden Jahres Auferstehung aus dem Totenreich feiern - und war dann wieder mit ihrer Mutter Demeter (röm.: Ceres) vereint.
Aus Freude ließ Demeter Pflanzen sprießen und blühen, die, wenn Persephone wieder in den Hades zurückkehrte, welkten. So erklärten sich die Griechen das Zustandekommen der Jahreszeiten - sie kannten anfangs nur drei.
In Erinnerung an den alten Mythos errichtete Augustyn Shöps 1766 den Proserpina-Brunnen am Alten Markt von Posen, Polen. Er zeigt Gott Pluto beim Raub des Mädchens.
Disneys Bluthund
Man hatte Anfang des 20. Jh. einen Planeten gesucht, den man für die - bloß vermeintlich existierenden - Bahnabweichungen des Neptun verantwortlich machen konnte. Im Sprachgebrauch wurde der aufgestöberte Pluto dann auch Jahrzehnte lang als "9. Planet" gehandelt. Im Schnitt steht er fast 40 mal weiter von der Sonne ab als die Erde und benötigt 248 Jahre für einen kompletten Umlauf.
Offensichtlich wurde Walt Disneys Zeichentrickfigur Pluto nach dem neuen Himmelskörper getauft: Disneys Pluto hatte den ersten Auftritt 1930 im Cartoon The Chain Gang - damals als Bluthund.
1942 benannte man das chemische Element Plutinium nach dem "9. Planeten".
Der Gott Pluto an der Fassade des Naturhistorischen Museums in Wien
Doch kein Planet
Je besser man Pluto beobachten konnte, desto mehr schrumpfte sein mutmaßlicher Durchmesser.
Besonders dramatisch: 1978 fand der US-Astronom James Walter Christy einen Plutomond, der das Abbild des "Planeten" ebenfalls vergrößerte und verformte (Mein ausführlicher Artikel aus dem Jahr 2005 findet sich im US-amerikanischen Internet-Archiv). Tatsächlich ist dieser Mond mehr als halb so groß wie Pluto selbst!
Christy wählte den Namen Charon für die Mondwelt: In der Mythologie war Charon jener Fährmann, der mit den Seelen der Verstorbenen über den Acheron ins Reich des Hades übersetzte.
Charon (ganz rechts), im Palazzo Medici Riccardi, Florenz
All das nährte immer mehr Zweifel am Planetenstatus des Pluto. Ab 1992 stieß man in seinem Umfeld dann auf immer mehr weitere, wenngleich noch schmächtigere Objekte. Pluto wirkte nur noch wie ein Zwergenkönig.
2005 veröffentlichten drei US-Astronomen schließlich die Entdeckung der Eris - eine Welt, die eine ähnliche Dimension wie Pluto besitzt. Man taufte sie nicht zufällig nach der griechischen Göttin der Zwietracht - wissend, dass der Fund eines derartigen Objekts die Debatte um den planetaren Charakter Plutos weiter anheizen würde.
2006 beschloss die Internationale Astronomische Union (IAU; siehe Artikel über deren Bedeutung) erstmals eine verbindliche Definition des Planetenbegriffs für Objekte unseres Sonnensystem. Sie war so formuliert, dass Pluto nicht dazu zählte. Vor allem US-Astronomen trauerten "ihrem" 9. Planeten nach.
Die NASA-Sonde New Horizons passierte Pluto Mitte 2015 und sandte erstmals hochauflösende Fotos dieses Himmelskörpers zur Erde (siehe NASA-Website). Diese zeigten eine überraschend komplex aufgebaute Oberfläche, die vor allem aus gefrorenem Stickstoff besteht.
Mehrere US-Astronomen nahmen diese Komplexität zum Argument, um Pluto doch noch unter die richtigen Planeten reihen zu dürfen. Die IAU blieb jedoch bei ihrem wohlbegründeten Nein.
Pluto selbst sehen?
Pluto gilt heute nur noch als ein mit 2.377 km Durchmesser vergleichsweise groß geratenes Mitglied unter den Transneptunischen Objekten (TNOs). Er ist auch das einzige transneptunische Objekt, das unter günstigsten Bedingungen visuell, also mit dem Auge am Fernrohrokular, erspäht werden kann.
Bei den kommenden Oppositionen weilt Pluto im Steinbock. Dabei erreicht er jedesmal die maximale Helligkeit im Jahreslauf. Die Termine:
25.7.2025, 27.7.2026, 29.7.2027, 30.7.2028, 1.8.2029, 3.8.2030, 5.8.2031
Bei knapp 15 mag Helligkeit bedarf es eines ziemlich großen Amateurfernrohrs mit mindestens 20 cm Öffnung, um ihn visuell zu beobachten. Außerdem braucht man einen absolut dunklen Himmel, wie er wohl nur noch im Gebirge existiert. Man wird hohe Vergrößerungen einsetzen und indirektes Sehen anwenden.
Am einfachsten ist es, diesen Himmelskörper mit einem Goto-Teleskop anzupeilen. Natürlich ist eine sehr genaue Vergleichskarte nötig, um sicher zu stellen, dass man tatsächlich Pluto erspäht - und nicht einen schwachen Fixstern. Solche Karten lassen sich z.B. mit der Software Guide anfertigen.
Außerdem empfiehlt es sich, Pluto mehrmals ins Visier zu nehmen. Er wandert um die Opposition herum tätglich um etwa eineinhalb Bogenminuten weiter nach Westen ("rechts"). Diese Bewegung mag ihn verraten. Sie stammt aber primär nicht vom langsamen Pluto selbst, sondern ist eine Widerspiegelung der Erdbewegung. Die extrem weit entfernten Fixsterne sind davon nur unmerklich betroffen.
Fototipp gefällig?
Mit der Kamera geht es auch hier wieder leichter als mit dem Auge am Teleskop, weil die Fotografie schwache Lichteindrücke während der Belichtungszeit aufsummiert. Das klappt bei punktförmig erscheinenden Objekten sogar in der Großstadt, wenngleich mit Abstrichen. Mein Foto unten belegt dies.
Beobachtungsaufgaben
- Gelingt es Ihnen unter besten Bedingungen Pluto im Teleskop zu erspähen?
- Können Sie ihn durchs Fernrohr fotografieren?
Alle Angaben ohne Gewähr