Meteore - Dr. Christian Pinter - Astronomische Beobachtungstipps

Dr. Christian Pinter
Beobachtungstipps
Astronomische
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Meteore
Shortlist der reicheren Sternschnuppenströme
Neben den im folgenden genannten vier reicheren Meteorströmen gibt es dutzende weitere, in der Regel schwächere Ströme.

Mitunter können diese aber eine ungewohnte Aktivität zeigen. Schauen Sie sich deshalb unbedingt auch den aktuellen Kalender der IMO an.

Den Link dazu sowie weitere Literaturtipps finden Sie ganz unten am Ende dieser Seite.

Foto links: Perseide am 13.8.2021
Ich nenne hier nur die Termine der von der IMO berechneten Aktivitätsmaxima, weil man hier die meisten Sternschnuppen pro investierter Zahl an Nachtstunden erwarten darf. Freilich beobachten wissenschaftlich orientierte Amateurastronomen auch mehrere Nächte davor und danach.
Perseiden - 2023 sehr günstig

Die Perseiden sind der einzige reiche Meteorstrom, der sich hierzulande bei sommerlichen Temperaturen sehen lässt. Seinetwegen ist der August weithin als der "Sternschnuppenmonat" bekannt. Diese Meteore stammen vom Kometen 109P Swift-Tuttle (Kerndurchmesser 26 km) ab und schießen mit 60 km/sec daher. Theoretische ZHR: 100

Das nächste Maximum dieses Stroms findet am 13.8.2022 gegen Mittag unserer Zeit statt. Damit bietet sich die Nacht vom 12. auf 13. August ganz besonders an; spielt das Wetter nicht mit, kann man ohne große Nachteile die Nacht vom 13. zum 14. August wählen.

Die astronomische Nacht (Sonne mindestens 18 Grad unterm Horizont) dauert von etwa 22:20 MESZ bis etwa 3:40 MESZ. Danach hellt der Himmel zunehmend auf. Weil gegen Morgen hin normalerweise aber auch die Meteoraktivität zunimmt, wird man in der Praxis bis grob 4:15 MESZ beobachten wollen.

2023 ist die Situation sehr günstig. Der Mond geht im Osten Österreichs am 13.8. zwar gegen 2:00 Uhr MESZ auf, jedoch nur als schmale Sichel. Am 14.8. erfolgt der Mondaufgang eine Stunde später. Die Mondsichel ist dann noch mehr abgemagert. Der Erdbegleiter stört die Beobachtung der Perseiden 2023 somit nicht.
Geminiden - 2023: Beste Bedingungen (von der Kälte freilich abgesehen)

Die Geminiden stammen vom Kleinplaneten (3200) Phaeton, obwohl dieser zur Zeit kaum Staub sondern bloß gasförmiges Natrium freisetzt. Die bei uns eintreffenden Teilchen müssen also bereits vor längerer Zeit von ihm ins All entlassen worden sein. In einigen Jahren soll die japanische Sonde DESTINY+ an ihm vorbei jagen und Nahaufnahmen heimsenden.

Die Geminiden strahlen vom Sternbild Zwillinge aus, nahe dem Stern Castor, und treffen mit verhältnismäßig langsamen Tempo ein (35 km/sec). Theoretische ZHR: 140 bis 150.

Die ersten Geminiden treten um den 4., die letzten um den 17. Dezember auf. Das theoretische Maximum soll am 14.12.2023 gegen 20 Uhr MEZ stattfinden.

Die meisten Sternschnuppenströme sind in der späteren zweiten Nachthälfe am besten zu sehen, weil ihr jeweiliger Ausstrahlungspunkt erst nach und nach seine größte Höhe am Firmament erreicht. Nicht so bei den Geminiden: Ihr Radiant in den Zwillingen geht im Großraum Wien schon gegen 16:40 Uhr  MEZ auf - und kulminiert bereits gegen 1:50 MEZ. Die astronomische Nacht beginnt außerdem schon zeitig, um 17:55. Da ist am 14.12.2023 auch der ganz junge Mond schon längst verschwunden.

Man kann diesen Strom im Jahr 2023 also sehr gut beobachten.

Quadrantiden (Bootiden) - 2024 ungünstig

Die Quadrantiden haben ihr nächstes Maximum in der Nacht vom 3. zum 4. Jänner 2024. Der Radiant liegt oberhalb der Bootes-Figur. Er sinkt am Abend zunächst und erreicht gegen 20:20 MEZ (Großraum Wien) den Tiefpunkt (7 Grad, Richtung Nord). Ab dann es geht wieder aufwärts:

Beim Einsetzen der astronomischen Dämmerung gegen 5:52 ist der Ausstrahlungspunkt bereits 66 Grad im Ostnordosten hoch geklettert. Die Zahl an Meteoren sollte dabei zunehmen. Irgendwann gegen 6:15 sinkt sie wieder, weil dann zunehmend mehr Sternschnuppen im heller werdenden Dämmerungshimmel "ertrinken".

Diese Meteore tauchen mit rund 40 km/sec in unsere Lufthülle ein. Ihre Teilchen rühren entweder vom Kometen 96P Machholz oder vom Kleinplaneten 2003 EH1 her. Theoretische ZHR: 120.

Leider geht der noch halb beleuchtete Mond in der Maximumsnacht zu Mitternacht auf und beeinträchtigt ab dann mit seinem Glanz den Blick auf die Quadrantiden. Zum Zeitpunkt des Mondaufgangs steht der Radiant etwa 17 Grad hoch.
Lyriden - 2024 sehr ungünstig

Ihren Ursprung haben die Lyriden im Kometen C/1861 G1 Thatcher. Sie langen mit 50 km/sec bei uns ein. Theoretische ZHR: 30, nach einer anderen Quelle 18.

Das nächste Maximum wird für die Nacht vom 22. auf 23. April 2024 erwartet. In der Nacht davor und in der Nacht danach sollte die Aktivität vergleichsweise hoch sein. Die astronomisch wirklich dunkle Nacht währt in der Maximumsnacht und im Großraum Wien von etwa 22:00 bis 3:50 MESZ. In dieser Zeit klettert der Radiant im Sternbild Leier von 16 Grad (Nordost) auf 71 Grad (Südost), die Zahl der sichtbaren Lyriden nimmt ebenfalls zu.

Dann setzt langsam die astronomische Dämmerung ein, und irgendwann in der nächsten halben Stunde gehen die Sichtungen des immer heller werdenden Himmels wegen wieder zurück.

Allerdings stört 2024 der fast komplett beleuchtete, die ganze Nacht sichtbare Mond.
Begriffliches

Unter einem "Meteor" (im Volksmund "Sternschnuppe" genannt) versteht man die Leuchterscheinung, die ein Teilchen erzeugt, wenn es in die Erdatmosphäre eindringt. Das Teilchen selbst heißt korrekt "Meteoroid". Landet es auf der Erde, spricht man von einem "Meteorit".


Entstehung

Der Raum zwischen den Planeten ist nicht leer, sondern erfüllt mit kosmischen Teilchen. Freigesetzt werden sie

    • bei der Kollision zweier Kleinplaneten
    • beim Ausgasen von Kometenkernen in Sonnennähe

In jedem Fall teilen sich Partikel gleichen Ursprungs zunächst die gleiche Bahn im Raum. Mit der Zeit verlieren sie sich dann immer mehr aus den Augen, wegen

    • Bahnstörungen, speziell durch den Riesenplaneten Jupiter
    • dem Lichtdruck der Sonne
    • der auf die Oberflächen einwirkenden Sonnenwärme (Jarkowski-Effekt)

Zwischen den durch den Raum rasenden Teilchen liegen im Fall der Perseiden durchschnittliche Abstände von 100 bis 160 km.

Masse, Tempo, Energie

Solche Teilchen treffen permanent auf die Erdatmosphäre. Die aller winzigsten verdampfen nicht; diese Mikrometeorite können mit speziellen Flugzeugen eingefangen werden.

Die Eintrittsgeschwindigkeit der Teilchen liegt zwischen 12 und 71 Kilometern pro Sekunde. Man spricht hier von "kosmischen Geschwindigkeiten". Die mitgebrachte Energie wächst proportional zur Teilchenmasse, aber quadratisch mit der Geschwindigkeit. Ein doppelt so schnelles Teilchen setzt somit die vierfache Energie in der Erdatmosphäre frei, ein dreimal so schnelles die neunfache.

Beim Autofahren ist es übrigens nicht anders: Wer sein Tempo verdoppelt, bekommt es bei einem Aufprall mit der vierfachen Energie zu tun.

Teilchenmasse und -geschwindigkeit bestimmen somit die Helligkeit.

Nimmt man Massen zwischen 10 mg bis 1 g an, würde ein sehr langsamer Meteorstrom (16 km/s) laut IMO Leuchterscheinungen zwischen 6,7 und 2,1 mag produzieren. Verdoppelt man diese Geschwindigkeit auf 35 km/s (wie es bei den Geminiden der Fall ist) wären es schon 3,4 bis -1 mag. Verdoppelt man das Tempo nochmals auf 71 km/s (wie bei den Leoniden), landet man bei 0,4 bis -4 mag! (Quelle: IMO-International Meteor Organization, 2022 Meteor Shower Calendar, Seite 10).

Jede Tempoverdoppelung bringt also 3 mag Lichtgewinn - also die 16-fache Spitzenhelligkeit.
Ein Perseide des Jahres 2018, stark herausvergrößert aus einer Aufnahme mit Fischauge-Objektiv an der Canon EOS 1000D
Die Luft im Schusskanal des Teilchens wird somit dramatisch erhitzt. Sie wird zum Teil sogar ionisiert. In jedem Fall leuchtet sie entlang der Teilchenbahn kurzzeitig auf. Wir sehen bloß dieses Aufleuchten, aber nicht das Teilchen selbst. Diese Leuchtspur besitzt im Fall der Perseiden viele Dutzend Kilometer Länge, ist aber bloß 1 Meter dick.

Die Teilchen selbst schmelzen und verdampfen (umgangssprachlich: "verglühen") in der heißen Luft. Der Prozess erfolgt von außen nach innen. Den Höllenritt können daher nur Teilchen überstehen, die

    • eine besonders große Masse besitzen (hier verbleibt eine Restmasse)  
    • die eher geringes Tempo zeigen und so weniger Hitze erzeugen
Foto oben: 2 Perseiden innerhalb weniger Sekunden


Die Leuchtspur beginnt in großer Höhe (maximal 120 km), wo die Luft noch dünn genug dafür ist. Sie endet in geringerer Höhe (maximal 50 km), wenn die Luft dafür zu dicht geworden, das Teilchen genug abgebremst oder bereits verdampft ist. Typische Leuchthöhen liegen etwa 90 km über Grund.

Sollte eine Restmasse überdauern, kommt diese schließlich im freien Fall (und damit ohne weitere Lichterscheinung) herab. Wird die Lichterscheinung von zwei oder mehreren Punkten aus festgehalten, lassen sich berechnen

    • der Fallort des mutmaßlichen Meteoriten
    • die Raumbahn und damit der Herkunftsbereich des Objekts

In Österreich überwachen den Himmel unter anderem die All Sky Kamera am Dach des Naturhistorischen Museums in Wien und die Meteor Kamera des Astronomischen Vereins bei der Volkssternwarte Michelbach.
Die All Sky Meteor Kamera am Dach des Naturhistorischen Museums in Wien.

Links davon sieht man die weiter unten im Text erwähnte Yagi-Antenne der Meteor Scatter Empfangsanlage
Nur extrem große Brocken von Dutzenden Metern Restmasse nehmen einen Teil ihrer kosmischen Geschwindigkeit bis zum Erdboden mit. In diesen extrem seltenen Fällen entstehen Einschlagskrater (man hat bislang rund 200 solcher Impaktnarben auf der Erde identifiziert).

Wenn wir nachts einen Meteor erblicken, so wird die Leuchterscheinung meist von sandkornkleinen Teilchen im Subgrammbereich erzeugt. Selbst auffallend helle Sternschnuppen gehen auf Objekte zurück, die kaum größer sind als Erbsen, Kirschkerne oder Kieselsteine. Wären sie nicht so schnell unterwegs, würden wir sie gar nicht bemerken.

Im Spektrum der Leuchtspuren wies man im Fall der Perseiden Kalzium, Magnesium, Natrium, Silizium und Eisen nach.


Jedes Jahr aufs Neue: Strommeteore

Im Gegensatz zu den sporadischen Meteoren, die aus allen Richtungen eintreffen, teilen sich sogenannte Strommeteore sehr ähnliche Raumbahnen. Sie scheinen vom gleichen Fleck an der Himmelskugel auszustrahlen, dem Ausstrahlungspunkt oder Radianten. Von dort aus ziehen sie scheinbar in alle Richtungen davon. Es handelt sich dabei um einen perspektivischen Effekt; die Flugbahnen der Teilchen sind in Wahrheit parallel.

Das den Radianten beherbergende Sternbild schenkt dem Meteorstrom auch seinen Namen: So scheinen die Perseiden (sprich: Perse-iden) aus dem Perseus zu kommen, die Geminiden aus dem Sternbild Gemini (Zwillinge), die Lyriden aus der Lyra (Leier) usw..

Die Quadrantiden sind nach dem ehemaligen Sternbild Mauerquadrant benannt. Dieses Sternbild sollte ein astronomisches Messgerät darstellen. Der französische Astronom Jerome Lalande hatte es im 17. Jh. eingeführt. Die Sterne des Mauerquadranten wurden später den Sternbildern Herkules, Drache und Bärenhüter (Bootes) zugeschlagen. Heute nennt man die nach dem Mauerquadranten getauften Meteore auch "Bootiden".

Da sich ursprünglich verwandte Objekte zunächst die Raumbahn teilen, bilden sie eine Art "Schlauch" - mit der Sonne im Brennpunkt. In unserem Sonnensystem gibt es zahlreiche solcher Teilchenschläuche. Nur wenige davon schneiden tatsächlich die Erdbahn. Falls doch, schießt die Erde wie eine Sonde durch den kosmischen Teilchenstrom, und das immer zur selben Zeit im Jahr (kleinere Abweichungen sind vor allem kalendarischer Natur, ähnlich wie beim Beginndatum der Jahreszeiten).

Die Zahl der dann registrierten Meteore gibt Auskunft über die Materieverteilung im Schlauch. Dazu tragen auch Amateure bei. Jeder einzelne Beobachter überblickt nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Atmosphäre und hat es somit mit einer "Stichprobe" der Meteoraktivität zu tun. Wird über viele Länder verstreut beobachtet, ergibt sich dennoch ein repräsentatives Bild. Gesammelt und ausgewertet werden die einzelnen Berichte von der International Meteor Organization (IMO). 2015 fand deren alljährliche Konferenz übrigens in Mistelbach, Niederösterreich, statt.

Damit die IMO Amateurberichte verwerten kann, müssen gewisse Standards eingehalten und auch die Beobachtungsbedingungen in Zahlen gegossen werden.

Mithilfe systematischer Beobachtungen und zunehmend besserer Rechenmodelle ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, einzelne Meteorströme gleichsam in Filamente zu zerlegen. Stammen diese von einem in regelmäßigen Abständen in Sonnennähe zurückkehrenden Kometen, lässt sich sogar sagen, welches Filament bei welcher Wiederkehr entstanden ist. In solchen Fällen besitzt der über mehrere Tage nachweisbare Sternschnuppenstrom nicht bloß ein (meist breiteres) Hauptmaximum, sondern zusätzlich auch schärfere Nebenmaxima.


Meteore selbst beobachten

Um Meteore zu beobachten, bedarf es keines Teleskops. Das würde seines kleinen Bildfelds wegen bloß stören. Man bedient sich des freien Auges.

Ist in den Medien von einer Sternschnuppennacht die Rede, treten Städter abends gern ans Fenster, um ein paar Minuten über das nächste Hausdach hoch zu schauen. Sie sehen nichts - denn ein bisschen Vorwissen und Strategie ist bei der Meteorbeobachtung schon nötig.  

Um möglichst viel Himmel gleichzeitig betrachten zu können, muss man sich hinlegen - z.B. auf eine Campingliege. Da die Temperaturen nachts sinken und die Luft Feuchtigkeit in Form von Tau abgibt, sollte man sich warm anziehen und einen Schlafsack benutzen. Eine Haube schadet ebenfalls nicht. Die einsetzende Übermüdung verstärkt das Kältegefühl.

Die allermeisten Sternschnuppen sind lichtschwach, die wenigsten hell. Wer viele Meteore sehen möchte, muss möglichst weit weg von der lichtverpesteten Stadt mit ihrem öde grauen Nachthimmel. Sonst erblickt er bloß die "Spitze des Eisbergs"; und das wird rasch langweilig. Denn zwischen wirklich hellen Meteoren können Stunden vergehen.

Je höher der Radiant über dem Horizont steht, desto mehr Sternschnuppen tauchen auf. Normalerweise klettert er im Verlauf der zweiten Nachthälfte immer höher. Man wird also zunehmend mehr Meteore registrieren - bis die Morgendämmerung zu weit fortgeschritten ist und weitere Sternschnuppen im Himmelsblau "ertrinken".  

Wichtig sind also:

    • liegende Haltung mit ausreichend Kälteschutz
    • unbehinderter Blick auf ein möglichst großes Himmelsareal
    • dunkler Himmel fern der Stadt
    • eine möglichst große Radiantenhöhe
    • kein oder wenig Mondlicht

Die Zahl der sichtbaren Meteore steigt somit mit der Zahl der am Beobachtungsort sichtbaren Sterne (Grenzgröße), dem Prozentsatz an freiem, überblickbaren Himmel (im Idealfall spricht man von "100%"), der Beobachtungszeit (etwaige Pausen sind abzuziehen) und der Höhe des Radianten über dem Horizont. Mondlicht hellt den Himmel deutlich auf, und das auch noch ungleichmäßig. Wer systematisch beobachtet, meidet solche Zeiten.

Wer sich vom Mondlicht nicht abhalten lässt, muss mit einer deutlich geringeren Anzahl an sichtbaren Meteoren rechnen. In jedem Fall sollte man eine direkte Blendung meiden, also den Mond nach Möglichkeit außerhalb des Blickfelds halten.

Man kann nicht nur den Zeitpunkt oder die scheinbare Bahn eines Meteors festhalten, sondern auch dessen Helligkeit abschätzen (im Vergleich zu Sternen und Planeten). Die helleren Objekte sind nicht einfach grau oder weiß, sondern erlauben mitunter Farbwahrnehmungen. Manchmal kommt es auch zu einem sekundenlangen Nachleuchten der Bahnspur.
Oft missverstanden: die ZHR

Versierte Amateure fassen ihre Sichtungen z.B. in Stundenintervallen zusammen. Dann bringen sie Korrekturfaktoren an, z.B. für die tatsächliche Grenzgröße, die Radiantenhöhe, das womöglich eingeschränkte Sichtfeld usw.. So lässt sich aus der Zahl an subjektiv erfassten Meteoren eine objektive Größe berechnen, die sogenannte ZHR (zenithal hourly rate, zenitale stündliche Rate).

Die ZHR ist eine hochgerechnete Zahl, die aussagt, wieviele Meteore man bei idealem Himmel, ununterbrochener Aufmerksamkeit, uneingeschränktem Gesichtsfeld und vor allem bei einer Radiantenhöhe von 90 Grad (dem Zenit, auch Himmelsscheitel genannt) theoretisch gesehen hätte.

Die ZHR ist somit immer wesentlich höher als die Zahl der tatsächlich zu sehenden Meteore. Sie ist wichtig, um die unter verschiedenen Bedingungen getätigten Meteorbeobachtungen miteinander vergleichen und kombinieren zu können. In der Realität wird man die ZHR nie erreichen - sondern, je nach den Umständen, vielleicht die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel, ein Fünftel oder noch weniger davon.

Leider geben Medien ohne Fachwissen gern die theoretische ZHR in ihrer Berichterstattung wieder - was dann den Eindruck eines bevorstehenden Sternschnuppenregens mit hundert Meteoren pro Stunde erweckt. Das führt notgedrungen zu Enttäuschungen.

Selbst in einem reicheren Strommaximum und fern der Großstadt wird man meist froh sein, alle paar Minuten eine Sternschnuppe zu sehen. Allerdings sind die Erscheinungen zufallsverteilt. Es kann also z.B. sein, dass drei Meteore rasch aufeinander folgen, während sich danach eine zehnminütige Pause einstellt.

Dazu kommt: Selbst wenn Sie von einer hohen Dachterrasse mit unverstelltem Ausblick beobachten könnten, würden Sie in der lichtbesudelten Großstadt Wien nur jede zehnte bis zwanzigste Sternschnuppe erblicken. An dem von Jahr zu Jahr immer aufgehellterem Wiener Himmel setzen sich diese Objekte ähnlich schlecht durch wie Sterne.


Die Sternschnuppe als Funkrelais

Meteore leuchten nicht nur, sie sorgen auch für Funkverbindungen. Die von ihnen ionisierte Luft spiegelt Funksignale in etwa 90 km Höhe; wenn auch nur einen Augenblick lang. Befindet sich der Sender weit hinter der Erdkrümmung und ist deshalb normalerweise nicht zu hören, trifft sein kurzzeitig gespiegeltes Signal nun doch beim Empfänger ein.
Meteor Scatter Empfangsstation des NHM Wien.

Das Diagramm hält Zeit und Stärke einer Radarsignal-Reflexion (hier in der Bildmitte) fest
Funker nennen eine solche Erscheinung "Meteor Scatter". In ihrem Jargon entsteht eine "kurzzeitig existierende E-Schicht", mit deren Hilfe sich sogar kommunizieren lässt. Die Zahl der so erreichten Funkverbindungen pro Stunde gibt - ähnlich wie die mit freiem Auge gesichteten Lichterscheinungen - Aufschluss über die Verteilungsdichte der Teilchen im Staubschlauch.

Eine solche Meteor-Scatter-Station betreiben z.B. Mitarbeiter der Amateursternwarte in Michelbach, NÖ. Auch am Dach des Naturhistorischen Museums in Wien wurde 2018 eine passende Anlage installiert. Das Signal wird in den Meteoritensaal übertragen. Beide Empfänger nützen das Sendesignal der französischen Radarstation Graves (143.050 MHz). Allerdings bedarf es auch einer leistungsstarken Yagi-Antenne, die gen Westen ausgerichtet ist.


Sternschnuppen hören?

Gelegentlich berichten Beobachter von Schallwahrnehmungen - und zwar gleichzeitig mit der visuellen Erscheinung. Das sollte schon aufgrund der langsamen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls nicht gehen. Trotzdem scheint es unter Umständen möglich zu sein. Näheres finden Sie hier.


Literatur für Sternschnuppenfreunde

Meteor Shower Calendar der International Meteor Organization (IMO)
In diesem pdf zum Download findet man alles über die Meteorströme des jeweiligen Kalenderjahrs. Sehr empfehlenswert.

Meteore
Das Zählen von Sternschnuppen kann wissenschaftlich bedeutsam sein. Jürgen Rendtel und Rainer Arlt gehen in diesem Buch auf alle Aspekte der Meteorbeobachtung mit freiem Auge ein. Hier wird auch beschrieben, wie man wertvolle Berichte erstellt.


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